Frage an Eugen Schlachter von Joachim K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Schlachter,
die Belastung durch elektromagnetische Strahlung durch Funkanlagen ist gesundheitsgefährdend. Am 10. Juni 2010 wurde von einem Gericht in Brescia (Norditalien) elektromagnetische Strahlung als Ursache eines Hirntumors anerkannt.
Dagegen wird in Deutschland (auch in Baden-Württemberg) der Tetra-Funk für Behörden mit Organisations- und Sicherheitsaufgaben stark vorangetrieben. Dieser ist wegen seiner Pulsung und Wellenlänge besonders schädlich für den menschlichen Organismus. Außerordentlich ärgerlich ist hierbei, dass entsprechende Sender im Dauerbetrieb strahlen und somit zu einer Dauerbelastung führen. Bei entsprechender Technik wäre aber der Betrieb auch nur im Notfall möglich. Dies würde zu einer deutlichen Entlastung führen.
Zusätzlich wird die Übertragung von Internetdaten mittels LTE-Technik forciert. Dies führt zu einer weiteren Zunahme der Strahlung.
Beim Strahlenschutz wird auf die Grenzwerte verwiesen. Diese sind in Deutschland
(9000 mW/qm) um das 90-fache höher als in Russland und China. Bereits bei einem kleinen Bruchteil der Grenzwerte sind gesundheitliche Schäden nachweisbar (Details unter http://www.mobilfunkstudien.org ). Deshalb bieten die Grenzwerte keinen Schutz.
Ihre Partei setzt sich massiv für die Abschaltung der Kernkraftwerke und damit den Schutz vor radioaktiver Strahlung ein. Die elektromagnetische Strahlung durch Funkanlagen findet aber - im Gegensatz zur Strahlung durch Kernkraftwerke - jederzeit und überall statt.
Deshalb habe ich folgende Frage an Sie:
Wie wollen Sie die Belastung der Bevölkerung mit elektromagnetischer Strahlung reduzieren?
Ich erwarte Ihre Antwort mit Spannung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Joachim Kuhn
P.S. weitere Infos zum Beispiel bei:
http://www.diagnose-funk.de/
Sehr geehrter Herr Kuhn,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne antworte ich Ihnen in meiner Funktion als finanzpolitischer Sprecher der GRÜNEN im Landtag von Baden-Württemberg auf ihre Frage zum Thema elektromagnetische Felder.
Seit Jahren wird kontrovers über mögliche gesundheitliche Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder diskutiert. In einer Vielzahl von offizieller Seite durchgeführter Studien finden sich überwiegend keine Hinweise auf gesundheitliche Risiken durch die Mobilfunknutzung. Gleichzeitig finden sich jedoch Aussagen, wonach Risiken nicht ausgeschlossen werden können und weiterer Forschungsbedarf besteht, insbesondere was die Langzeitwirkung und die Wirkung auf Kinder angeht.
Wir GRÜNE stehen für einen verantwortungsvollen Umgang mit elektromagnetischen Feldern. Wir wollen uns in die Debatte über die von elektromagnetischen Feldern ausgehenden Risiken aktiv einbringen, die Mitspracherechte der Bürgerinnen und Bürger stärken und setzen uns für vorsorgeorientierte Grenzwerte ein. Nachfolgend möchte ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen unsere Position etwas detaillierter darzustellen.
Zur Genehmigungspflicht von Mobilfunk-Antennen:
Vielerorts gibt es Widerstand gegen die Aufstellung von Funkmasten. Zu beklagen sind fehlende Einflussmöglichkeiten der Kommunen auf die Planung von Mobilfunkanlagen (vgl. Drucksache 14/2279 und Drucksache 14/5364).
? Wir GRÜNE sind der Meinung, dass Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger mehr Mitspracherechte bei der Aufstellung von Funkanlagen erhalten sollen.
? Im Falle einer Regierungsverantwortung ab 2011 werden wir GRÜNE uns weiterhin für die Baugenehmigungspflicht für alle Mobilfunksendeanlagen einsetzen. Die Wiedereinführung der Genehmigungspflicht für Antennen und Sendemasten erleichtert den Gemeinden die Steuerung und Koordinierung der Errichtung im Gemeindegebiet und dient der Verbesserung bei der Lösung von Standortkonflikten sowie der Information von Bürgerinnen und Bürgern.
Zu Mobilfunk-Grenzwerten:
In der Kritik stehen auch die in Deutschland geltenden Grenzwerte für elektromagnetische Strahlungen, die in der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) festgelegt sind. Das EU-Parlament hat in einer Zwischenbewertung des EU-Aktionsplans Umwelt und Gesundheit 2004 bis 2010 festgestellt, dass die Grenzwerte für die Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern „nicht mehr aktuell“ seien. Im April 2009 unterstrich das Europaparlament, dass für die elektromagnetische Strahlung das Vorsorgeprinzip gelten muss und forderte die Kommission auf, die wissenschaftliche Grundlage für die bestehenden Grenzwertempfehlungen zu überprüfen.
? Wir GRÜNE fordern die Senkung von Strahlengrenzwerten. Es ist nicht zu verstehen, dass Deutschland relativ hohe Grenzwerte hat, solange man nicht gesichert weiß, welche Schäden Funkstrahlen langfristig beim Menschen anrichten können. Im Antrag „Gesundheitsvorsorge im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern“ (Drucksache 14/6272) im Landtag von Baden-Württemberg haben wir uns für eine Absenkung der Werte der 26. BImSchV auf Bundesebene eingesetzt. Leider folgte dem die Parlamentsmehrheit nicht. Der Beschlussteil wurde abgelehnt.
? Eine Senkung der Grenzwerte nach dem Vorsorgeprinzip halten wir auf Bundesebene für sinnvoll. Sollte es auf Bundesebene nicht möglich sein, müsste nach eingehender juristischer Prüfung (nichts wäre der Sache abträglicher als ein juristisch nicht haltbares Landesgesetz) eine landesgesetzliche Regelung angestrebt werden.
Sensibilität für elektromagentische Strahlen
Parallel zur stetigen Zunahme der elektromagnetischen Felder nimmt auch die Zahl derjenigen zu, die sich als elektrosensibel bzw. elektrohypersensibel bezeichnen. Einige dieser Menschen führen gesundheitliche Beschwerden auf elektromagnetische Felder zurück, sodass sie in strahlungsärmere Gegenden ziehen müssen und folglich nur noch eingeschränkt am sozialen Leben teilnehmen können. Auch wenn bisher keine eindeutigen wissenschaftlichen Nachweise zu Kausalzusammenhängen vorliegen, heißt dies im Umkehrschluss nicht, dass die Leiden der Elektro(hyper)sensiblen nicht existieren. In einer Europaparlamantsentschließung vom April 2009 (2008/2211[INI]) hat das Europäische Parlament die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Menschen, die an Elektrohypersensibilität leiden, als behindert anzuerkennen, um ihnen einen angemessenen Schutz und Chancengleichheit zu bieten. Betroffene beklagen, dass es in Deutschland kaum noch Rückzugsmöglichkeiten gibt, in denen sie beschwerdefrei leben können (vgl. Drucksache 14/5113).
? Wir GRÜNE wollen ein Konzept zum Umgang mit Elektro(hyper)sensibilität und Möglichkeiten des Schutzes der Betroffenen im Dialog mit Betroffenen entwickeln.
WLAN an Schulen
In der Diskussion ist auch die Notwendigkeit der Indoorversorgung, da durch Verzicht auf eine vollständige Indoorversorgung eine Absenkung der Feldstärken möglich wäre.
? Zur WLAN-Versorgung an Schulen haben wir 2008 eine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Wir halten die kabelgebundene Internetanbindung für die richtige Vorgehensweise. Eine Aufklärungskampagne für die Kommunen, die für die „Hardware“ an den Schulen zuständig sind, halten wir für sinnvoll.
Ich hoffe, Ihnen damit unsere Position näher bringen zu können und freue mich, mit Ihnen im Gespräch zu bleiben.
Vielen Dank für Ihr Engagement!
Ihr Eugen Schlachter
Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg