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Frage von Heike W. •

Frage an Eugen Roth von Heike W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Roth,
die SPD spricht auf Bundesebene immer von 4 Millionen Arbeitsplätzen, die geschaffen werden können. Was wird die SPD als neue Regierungspartei im Saarland unternehmen, damit viele davon im Saarland entstehen? Und wie kann sichergestellt werden, dass hier sozialversicherungspflichtige, vollwertige Arbeitsplätze entstehen?

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Antwort von
SPD

Liebe Heike Wendorff,

diese Frage ist eine der, vielleicht sogar "die" Zukunftsfrage für unser Saarland: Unser Bundesland, in dem wir gerne leben, ist nämlich nach Aussage vieler aus der Arbeitswelt, der Wissenschaft und den Medien leider alles andere als ein "Aufsteigerland", sondern "ein schrumpfender Zwerg". Hochglanzbroschüren und Jubel - Suaden bestimmter Illusionskünstler bewirken nur, dass der Aufschlag nach der Zurückerlangung des Bewusstseins am Ende der auf Steuerzahlers Kosten bezahlten "Selbsthypnose" immer schmerzlicher wird, je länger diese von der amtierenden Landesregierung aus purem Machterhalt betriebene Verschleierung des kritischen Zustandes unseres Saarlandes anhält.

Wir brauchen im Saarland und in Deutschland einen Politikwechsel. Im Zentrum einer veränderten, politischen Ausrichtung muss die Beschäftigungswirksamkeit aller Maßnahmen, von der Bildung über die Sozial-, Familien- und Arbeitsmarktpolitik bis zur Finanz- und Wirtschafts- sowie Umweltpolitik stehen. Der Vorstoß von SPD Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ist deshalb gut, weil er endlich den Fokus auf das Wesentliche legt: Die Schaffung neuer und den Erhalt bestehender Arbeitsplätze. FW Steinmeier will nicht nur die Casinotische neu aufpolieren und das Casino nach Renovierung einfach wieder öffnen wie Herr Westerwelle und andere. Die Zahl des optimal möglichen Arbeitsplatzpotenzials von 4 Millionen Arbeitsplätzen sollte nicht, wie von interessierten Kreisen mit Milliarden an Euros im Rücken, von diesem Kern der Debatte ablenken. Was nutzt ein an der Entwicklung des DAX abzulesendes Wirtschaftswachstum, wenn nicht automatisch gute, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen? Den Menschen bzw. dem Gemeinwohl gar nichts. Im Saarland wie in Deutschland muss in der Gesellschaft und in der Politik deshalb dieser "Kick im Kopf" einsetzen: Die Beschäftigungswirksamkeit von sogenannten, "innovativen" Maßnahmen müsste z. B. ein hartes, immer heran zu ziehendes Bewertungskriterium für die Beurteilung der Qualität einer Maßnahme einer Unternehmensleitung, eines Managers, einer Landes- oder Bundesregierung usw. sein. Im Saarland verbreiten sich zur Zeit aber gerade die "Wirtschaftslautsprecher" aus den Arbeitgeberverbänden und den Kammern mit überkommenen, altbackenen und teilweise "theologisch" anmutenden Rezepten aus "Großmutters Wirtschaftslehrbuch". Forderungen wie Feiertage abschaffen, öffentlichen Dienst zusammensparen, natürlich umgekehrt Gewerbehebesteuersätze für Großunternehmen (nur die zahlen) senken, denn wir haben`s ja usw., stellt z.B. über der Präsident der Vereinigung saarländischer Arbeitgeberverbände (VSU e.V.) und FDP Kandidat auf. Sein Arbeitgeberverband und die Wirtschaftskammern wiederum sind finanziell an der als Imagekampagne getarnten, Millionen schweren Wiederwahlkampagne des amtierenden Ministerpräsidenten finanziell beteiligt sind usw. - eine Hand wäscht bekanntlich die andere. In diese Philosophie passt nun mal kein saarländisches Tariftreuegesetz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge aus Steuerzahlers Portemonnaie, wie es die SPD – Landtagsfraktion europatauglich im saarländischen Landtag eingebracht hat. Diese Weltanschauung verbietet auch ein ordentliches, saarländisches Weiterbildungs- und Bildungsfreistellungsgesetz ausdrücklich inklusive politischer Weiterbildung, weil es angeblich zu teuer sei – aber die Gewerbehebesteuersatzsenkung mit erheblicher Belastung der kommunalen Haushalte sollen wir uns nach deren „Religion“ leisten können. Diese Forderung nach einem "Kick im Kopf", d.h. nach einem Politikwechsel im Saarland, um endlich Zukunft zu gewinnen und nicht das Sterben als Bundesland zu verwalten, ist alles andere als selbstverständlich. Das Saarland wird sich bei dieser Strategie des "billigen Jakob am Südwestrand" unserer das Innovationsende in der Republik liegenden "Wirtschaftslautsprecher" von selbst weiter auflösen - "ein Zwerg, der schrumpft...", viel schneller als andere.

Einige, nicht abschließende Perspektiven zur Schaffung von Arbeitsplätzen:

· Arbeitsplätze - gute Arbeit, d.h. keine Billig- und Niedriglohn - "Statistikverschöner Mac Job s" - können nur durch einen ständigen und umweltfreundlichen Umbau unserer saarländischen Industrie entstehen. Die saarländischen "Stahlperlen" der Dillinger Hüttenwerke AG und der Saarstahl AG, die von der CDU Saar in der vergangenen Stahlkrise schon aufgegeben worden waren, sind ein Beispiel. Leider wurde die RAG Deutsche Steinkohle aus eigentlich unverzichtbarer, industrieller Partner durch die CDU Landesregierung mit ihrer ständigen Skandierung von „Auslaufbergbau“ aus unserem Saarland vertrieben. Die folgende Nichtansiedlung eines modernen Kohlekraftwerkes war das „Erbe“ dieser Industrievertreibungspolitik durch die amtierende CDU.

· Gute Köpfe kommen in den Südwestzipfel unserer Republik nicht zum Studieren, wenn unsere saarländischen Unis finanziell schon aus dem letzten Loch pfeifen und ihren Studenten auch noch Geld in Form von Studiengebühren abnehmen müssen, um nicht vollends zu kollabieren. Hier muss die öffentliche Hand eine ihrer letzten, verbliebenen, landeshoheitlichen Aufgaben wahrnehmen und einen finanziellen Schwerpunkt setzen. Studiengebühren gefährden unsere saarländischen Unis stärker als andere und müssen sofort weg. Mit dem der konservativen Landesregierung von Neoliberalen wie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft diktierten(einem trojanischen Pferd im Angriff zur Abschaffung des Sozialstaats, die zu allem Überfluss auch noch das Saarland auflösen wollen, weil es nicht "marktgängig" sei) Selbstzerstörungsmechanismus muss sofort Schluss gemacht werden.

· Unsere interregionale Lage muss, insbesondere als Brücke zwischen Deutschland und Frankreich, tatsächlich als Leitprojekt in alle Politikfelder einfließen. Ohne diese Brückenfunktion hätte es nachweislich nie ein Bundesland Saarland gegeben und ohne sie wird es sich auch nicht mehr lange halten. "Äppelborrer Brääät"-Dialekt hilft auf der "Ile de France" leider nicht.

· "Gute Arbeit", d.h. die Schaffung von Arbeitsstellen, die Frau oder Mann gleichberechtigt und gleich entlohnt ernähren, in einem positiven Betriebsklima stattfinden, Sicherheit und Entwicklungsperspektiven bieten, Familien- und alters- sowie alternsgerecht ausgestaltet sind mit fähigen, qualifizierten Leitungsebenen, weltoffen müssen Trumpf sein. Die immer stärkere Ausweitung des saarländischen Niedriglohnsektors stößt ansiedlungswillige Unternehmen wie Beschäftigte dagegen ab, denn in China und Indien bekommt man "billig, billig" besser. Wir müssen „besser statt billig“ sein. Ein „Betriebsbarometer“ für unsere Unternehmen könnte helfen, Fehlentwicklungen zu erkennen und gemeinsam mit den Belegschaften und ihrer Mitbestimmung abzubauen. Dies gilt in besonderem Maße auch für Klein- und Mittelbetriebe, die innovativ und modern sein wollen.

· Intergration muss besonders im Saarland mit Nachdruck betrieben werden, um die Schätze aller Köpfe unseres Landes zu heben.

· Ein dauerhaft geförderter, öffentlicher Beschäftigungssektor könnte im Saarland pilothaft erprobt werden, wenn ideologische Schranken überwunden würden und die noch hervorragende, saarländische Weiterbildungs- und Qualifizierungslandschaft zur Unterstützung eng und transparent eingebunden würde.

Alles in allem: Versuch macht klug - nur weiter so mit der Fata Morgana des "Aufsteigerlands" á la Machtinhaber CDU - Landesregierung würde nur beweisen, dass der schwer verschuldete Patient Saarland noch im Fieberbett liegen bliebe, nicht einmal wissen würde, wie es um ihn wirklich steht und sein Zustand sich noch weiter verschlechtern würde.

Abschließend: Diese und viele andere Positionen der SPD Saar unter der Überschrift "Gute Arbeit - Faire Chancen - Neue Energien" beinhalten einen völlig neuen Politikansatz für unser Saarland. Wir sollten es mal im "Echtbetrieb" beweisen dürfen.

Bitte unterstützen sie uns. Sorry für die relative Länge meiner Antwort, aber diese Kernfrage ist immer noch nicht abschließend beantwortet. Weiteres ergibt sich aus dem Wahlprogramm der SPD Saar ( http://www.spd-saar.de ), einer inhaltlichen Zusammenfassung von Positionen, die eine zehnköpfige Arbeitsgruppe aus Betriebs- und Personalräten, Arbeitsmarktexperten, Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in einjähriger Beratung zusammengetragen haben. Ich durfte diese AG „Gute Arbeit“ leiten.

Eugen Roth