Frage an Ernst-Reinhard Beck von Reinhold B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Beck,
vielen Dank für Ihre Antwort, laut der "alle wesentlichen Entscheidungen von ESM-Organen unter Parlamentsvorbehalt stehen werden". Das stimmt so leider nicht.
Mit Parlamentsvorbehalt meinen Sie ja die erforderliche Einstimmingkeit bei der Beschlußannahme gem. Art. 4 Abs. 3.
Nun kann aber der Gouverneursrat gem. Artikel 10 jederzeit eine Erhöhung des Stammkapitals beschließen. Und genau für diesen einen Beschluß wird hier nach Art. 10 Abs. 1 Satz 3 ("Dieser Beschluss [Anm.: Stammkapitalveränderung] tritt in Kraft, nachdem die ESM-Mitglieder dem Verwahrer den Abschluss ihrer jeweiligen nationalen Verfahren notifiziert haben") eindeutig und abweichend zu sonstigen Beschlüssen eben für das Inkrafttreten exakt keine Einstimmigkeit verlangt, die übliche Einstimmigkeitsregelung wird nicht etwa ergänzt, sondern durch die Sonderregelung ersetzt.
Beschliesst der Gouverneursrat eine Stammkapitalveränderung, dann haben die Mitglieder in ihren Ländern zwingend die entsprechenden Gesetze zu verabschieden und dies lediglich dem sog. "Verwahrer" mitzuteilen. Eine Zustimmung zur Stammkapitalveränderung ist erst gar nicht vorgesehen und somit auch nicht erforderlich.
Eine Haftungsbegrenzung kann auch nicht durch Austritt aus dem ESM realisiert werden - der Vertrag enthält zwar eine Eintrittsklausel, aber keine Austrittsklausel.
Desweiteren kann eine Stammkapitalveränderung auch nicht durch Nichterlassen des Begleitgesetzes verhindert werden, dem steht der Stimmrechtsausschluß bei Streitbeilegung gem. Art. 37 entgegen:
Kurz: Eine Stammkapitalerhöhung kann sehr wohl auch gegen den Willen und sogar Widerstand eines Mitglieds durchgeführt werden, und die Haftung daraus ist de facto ewig und unbegrenzt.
Sehr geehrter Herr Beck, werden Sie also dem Vertrag in Kenntnis dessen trotzdem zustimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Reinhold Beck
Sehr geehrter Herr Beck,
in einem fraktionsübergreifenden Änderungsantrag der Arbeitsgruppen Haushalt zum ESM-Finanzierungsgesetz (außer Die LINKEN) wird Ihrer Befürchtung gegengesteuert.
Darin heißt es in Paragraph 4:
In Angelegenheiten des Europäischen Stabilitätsmechanismus, die die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages betreffen, wird diese vom Plenum des Deutschen Bundestages wahrgenommen.
Dies gilt auch für den von Ihnen kritisierten Artikel 10 Absatz 1.
Daher werde ich auch mit Ja stimmen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Ernst-Reinhard Beck