Frage an Ernst-Reinhard Beck von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Beck,
unter http://www.welt.de/die-welt/debatte/article8526516/Afghanistan-geteilt.html wurde berichtet:
"In Washington macht ein Papier von der US-Website Politico die Runde, das vorschlägt: De-facto-Teilung des Landes Afghanistan zwischen den regierbaren 60 % im Norden und den unregierbaren, Taliban-freundlichen Paschtunen im Süden.
Verfasser ist ein Mann von Gewicht, Einfluss und Erfahrung, Robert Blackwill, zuletzt US-Botschafter in Indien. Sein Zweifel am Erfolg der laufenden Operation wird weithin geteilt. Blackwill hält 40.000 US-Soldaten für ausreichend, um den Norden zu sichern."
Halten Sie die beschriebene Entwicklung für völlig ausgeschlossen?
Wenn es so käme:
Muss man dann vom Scheitern des NATO-Einsatzes ausgehen?
Würden 40.000 Soldaten für die Sicherung des Nordens ausreichen?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Der Artikel „Afghanistan, geteilt?“, den Sie anführen, endet mit den Worten „Blackwills Gedankenspiel ist heute nicht amerikanische Politik, und morgen vielleicht auch nicht (…)“. So sollten auch wir diesen Ansatz betrachten: als Gedankenspiel.
Es ist allgemeiner Usus in der Politik, eine Vielzahl von Szenarien zu entwickeln um sich Flexibilität zu erhalten. Auch Entwicklungen, die vom gewünschten Ausgang einer Situation abweichen, müssen zumindest angedacht werden. Die Politik wäre schlecht beraten, sich nur auf eine Option zu verlassen.
Die Teilung Afghanistans in einen „handhabbaren“ nördlichen Teil und einen „unregierbaren“ Teil im Süden wäre eine nicht gewünschte Entwicklung. Aufgrund der ethnischen Situation in Afghanistan kann ein derartiges Szenario aber nicht völlig ausgeschlossen werden. Man muss in diesem unwahrscheinlichen Fall trotzdem in der Lage sein, angemessen reagieren zu können.
Da es sich hier um ein reines Gedankenspiel handelt, ist es aber abwegig, aus dieser Hypothese ein Scheitern des NATO-Einsatzes ableiten zu wollen.
Mit freundlichen Grüßen,
gez. Ernst-Reinhard Beck MdB