Soll studieren ein Luxusgut werden?
Sehr geehrter Herr Rossmann,
ich richte mich an Sie, in Ihrer Funktion als Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Auf der Seite des Bundestages wird über Ihren Ausschuss geschrieben, es sei die Aufgabe der Politik für "richtige Rahmenbedingungen und ausreichende Finanzmittel für Bildung [...] zu sorgen". Finden Sie es im Hinblick auf diese Grundsätze richtig, Studierende zu zwingen sich zwischen einer Impfung und einem Studienabbruch zu entscheiden? Und vor diese Entscheidung werden wir Studierende gestellt, weil es sich von uns nur die Wenigsten werden leisten können sich täglich kostenpflichtig zu impfen. Der Staat zahlt aktuell bis zu 21€/Test, für mein Semester wären das 1470€ allein an den Wochentagen in der Vorlesungszeit. Das ist für die studentische Mehrheit faktisch unbezahlbar, also keine Option.
Wie stehen Sie zu den Bildungseinschränkungen die uns vor diesen Studienbedingungen gemacht werden?
Mit freundlichen Grüßen
Y. F.
Sehr geehrte Frau F.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Zahl der Corona-Infizierten ist wieder gestiegen und Deutschland befindet sich mitten in der vierten Welle. Momentan erkranken in erster Linie Menschen die sich dazu entschieden haben, sich nicht zu impfen, und diejenigen, die sich nicht impfen lassen können.
In Deutschland haben wir das große Privileg, dass genügend Impfstoff zur Verfügung steht, damit sich alle Bürgerinnen und Bürger durch eine Impfung vor einer Infektion und einen damit verbundenen schweren Verlauf schützen können und das Risiko einer Übertragung an Mitmenschen zu minimieren. Es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, solidarisch zu handeln und Sorge dafür zu tragen, dass wir Übertragungen vermeiden und diejenigen schützen, die sich nicht impfen lassen können. So wie es auch ein solidarisches Grundprinzip ist, dass die so genannten Bürgertests für die gesamte Bevölkerung bisher kostenlos verfügbar sind unabhängig vom Geldbeutel.
Große Veranstaltungen wie an Hochschulen sind aktuell nur möglich, wenn die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) beachtet wird. Mittlerweile kann allen Studierenden ein unmittelbares Impfangebot gemacht werden. Für Personen, die nicht geimpft werden können und für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt, wird es weiterhin die Möglichkeit zum kostenlosen Antigen-Schnelltest geben. Dies betrifft insbesondere Schwangere sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Solidarität darf jedoch nicht einseitig bleiben, weshalb ich hoffe, dass sich die Studierenden sich letztendlich solidarisch entscheiden und die Impfung wählen. Denn es ist nicht fair, wenn alle anderen sich der Impfung aussetzen und im Gegenzug für die Entscheidung anderer zahlen müssten.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann