Frage an Ernst Dieter Rossmann von Benjamin K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Rossmann,
meinen Informationen zufolge wird am 19.03.2009 im Bundestag über das "Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes" beraten.
Wieder einmal geht es um ein Gesetz, welches unter dem Vorwand eines Nutzens für die Allgemeinheit ("Erkennen von Störungen") in großem Umfang persönliche Daten von den Teilnehmern elektronischer Kommunikation erhebt, um diese zu speichern und offiziellen Stellen im Bedarfsfall zur Verfügung zu stellen.
Wie kann es sein, dass in dieser Legislaturperiode ein Überwachungswahnsinn nach dem nächsten auf den Weg gebracht wird?
Dieses Gesetz ist ein weiterer schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre. Deshalb fordere ich Sie auf, Ihrem Wählerauftrag nachzukommen und diesen Überwachungswahnsinn zu stoppen.
Wie ist Ihre Position zu dem Gesetz, ungeachtet kleiner Feinheiten, die möglicherweise noch nachgebessert werden?
Irgendwann muss Schluss sein mit dem Begehren des Staates, alles über seine Bürger wissen zu wollen. Ich hoffe, dass das auch die Entscheider der Politik, in diesem Fall stellvertretend Sie, endlich einsehen. Ich habe Angst um meine Grundrechte.
Mit freundlichen Grüßen
Ein sehr besorgter Bürger
Sehr geehrter Herr Klaus,
vielen Dank für Ihre Frage bzw. Ihre Anmerkungen zum Entwurf eines „Gesetz zur Stärkung der Informationstechnik des Bundes“.
Sie thematisieren in Ihrer Frage ein wesentliches Grundproblem mit dem wir Abgeordnete und natürlich auch die gesamte Gesellschaft in den vergangenen Jahren immer wieder konfrontiert werden und uns mit zu beschäftigen haben: Der Schutz der Privatsphäre im Spannungsfeld zwischen innerer Sicherheit und bürgerlichen Grundrechten.
Dies ist ein sehr schwieriges Thema, bei dem wir uns alle, Bürgerinnen und Bürger, Abgeordnete und letztlich auch die betreffenden Institutionen auf einer Gratwanderung befinden. Die Balance zwischen diesen beiden Zielvorgaben zu finden ist schwierig. Und auch mir geht es so, dass ich bei diesen politischen Entscheidungen nicht immer zu einer Position komme, die für beide Seiten eine win-win-Situation darstellt und meine vollste Zustimmung hat.
Der von Ihnen genannte konkrete Gesetzesentwurf ist in dieser Woche mit der ersten Lesung am 19. März im Deutschen Bundestag in den parlamentarischen Beratungsablauf eingebracht worden. An dieser Stelle möchte ich gerne das mittlerweile schon berühmte „Struck’sche Gesetz“ erwähnen. Nach dieser „Regel“ verlässt kein Gesetzesentwurf den Bundestag so, wie er eingebracht wurde.
Die Kritik an der von Ihnen angesprochen Passage des Gesetzes ist in ähnlicher Weise auch von den Datenschützern auf der Konferenz der Datenschützer des Bundes und der Länder am 18. Februar 2009 in einer einstimmig gefassten Entschließung formuliert worden. In die gleiche Richtung wies die Stellungnahme des Bundesrates, der eine konkretere Fassung des Gesetzes vorschlägt. Die Fachleute in unserer Fraktion teilen all diese Bedenken und werden den Entwurf sehr sorgfältig prüfen und – da bin ich mir sehr sicher – überarbeiten.
Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass der von Ihnen und vielen anderen zu Recht kritisierte Abschnitt nur ein Teil des Gesetzesvorschlages ist. Unbestreitbar ist, dass wir in Deutschland an dem Punkt IT-Sicherheit einen Stärkungsbedarf haben. Dieses sieht die Konferenz der Datenschützer ebenfalls so. Sie hat die Notwendigkeit hierzu als wichtiges Anliegen anerkannt und entsprechende Schritte begrüßt.
Als bildungs- und forschungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion möchte ich Ihnen berichten, dass wir auch in der Forschungsförderung diesen Bedarf sehen und entsprechend gehandelt haben. Für die nächsten fünf Jahre haben wir eine spezielle Förderung der IT-Sicherheitsforschung auf den Weg gebracht. Ziel ist es, für Bürgerinnen und Bürger, staatliche Einrichtungen und Unternehmen einen noch wirksameren Schutz gegen organisierte Kriminalität bis hin zur Spionage zu ermöglichen. Mit einer deutlichen Zunahme der Nutzung von Informations- und Kommunikationssystemen steigen natürlich auch die Missbrauchsmöglichkeiten, was wiederum einen noch besseren Schutz verlangt.
Hierzu sende ich Ihnen auch gerne ein Papier zum konkreten Arbeitprogramm als Anhang zu.
Lassen Sie mich Ihnen abschließend nochmals versichern, dass ich eine sehr intensive parlamentarische Beratung für unbedingt notwendig halte und darauf setze, dass die fachlich versierteren Abgeordneten hierzu noch bessere Lösungen finden, die auch Ihre Anliegen ganz oder zumindest zum Teil aufnehmen. Unser fortschrittlicher, liberaler, demokratischer und sozialer Rechtsstaat ist eine mühsame zivilisatorische Errungenschaft, die wir in der Tat auch angesichts neuer technologischer Möglichkeiten und Gefährdungen sehr sorgsam pflegen und bewahren müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB