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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Barbara U. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Barbara U. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Rossmann

Ich möchte Sie in Kenntnis setzen, dass es analog zur Verwirkung des Unterhalts oder zur Erbunwürdigkeit für die Sozialämter keine Möglichkeiten gibt, Opfer von familiären Gewalttätern von den Kosten der Beerdigung zu befreien, selbst dann nicht, wenn sie das Erbe ausgeschlagen haben.
Dieser Fall konnte zum Glück mit Hilfe des Sozialamtes aus HH gelöst werden, da die Kinder nur geringe Einkünfte hatten, aber es ist trotzdem eine besondere Härte, dass Opfer für die Bestattungskosten ihres Peinigers bitten müssen, andernfalls mit Pfändungen zu rechnen haben.

Ich möchte Sie daher bitten, dafür zu sorgen, dass weiteren Opfern solch ein Leidensweg erspart bleibt.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Lücke schnellstmöglich zu schließen?

Barbara Uduwerella

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Sehr geehrte Frau Uduwerella,

herzlichen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de, in der Sie mir mitteilen, dass das Sozialamt in Ihrem konkreten Fall in Hamburg keine Möglichkeit sah, die Opfer von familiärer Gewalt von den Kosten der Beerdigung ihres "Peinigers" analog der Verwirkung des Unterhaltes zu befreien.
Es wundert mich etwas, dass hier der § 1579 BGB nicht greifen konnte (siehe auch meine Antwort an Sie vom 06.06.08). Vielleicht lag es auch daran, dass es sehr schwierig ist, das Fehlverhalten des Verstorbenen nach Jahren oder Jahrzehnten zu beweisen. Da ich aber kein Jurist bin, möchte ich mir hier kein Urteil erlauben.

Ich werde Ihre Frage zum Anlass nehmen, das Bundesjustizministerium auf dieses Problem aufmerksam zu machen und um eine Stellungnahme zu bitten. Sobald ich die Stellungnahme bekommen habe, werde ich Sie darüber unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB

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Sehr geehrte Frau Uduweralla,

zunächst einmal freue ich mich, dass sich in Ihrem konkreten Fall die Sache zum Guten gewendet hat. Ich stimme mit Ihnen überein, dass die Verfahren hier gerade für Opfer von innerfamiliärer Gewalt, aber ja auch für die vielen anderen von Familienkonflikten Betroffenen sehr unglücklich ist. Wie schon telefonisch angekündigt habe ich nun Antwort vom Bundesjustizministerium (BMJ) erhalten. Sie erhalten in diesen Tagen dieses Schreiben sowie die weiter unten aufgeführten Urteile auch noch per Post von mir. Für die ansonsten hier Mitlesenden möchte ich die Stellungnahme des BMJ in den wesentlichen Punkten wiedergeben.

Die Rechtslage stellt sich hier etwas kompliziert dar. Rechtsgrundlage für die Verpflichtung von Hinterbliebenen, die Kosten einer Bestattung zu tragen, sind in der Regel die Bestattungsgesetze der Länder sowie kommunale Regelungen wie z.B. Friedhofssatzungen.

Inwieweit für eine Bestattung Gebühren anfallen und wer diese schuldet, richtet sich nach kommunalen Gebührensatzungen oder den landesrechtlichen Gebührenregelungen. Die öffentlich-rechtliche Kostentragungspflicht beruht auf der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Friedhof oder ggf. der nicht rechtzeitigen Erfüllung der Verpflichtung, die Bestattung zu veranlassen. Sie ist daher prinzipiell unabhängig von den zivilrechtlichen Regelungen über Bestattungskosten, wie sie die §§ 1968 und 1615 Abs. 2 BGB vorsehen. Diese Regelungen des BGB legen lediglich fest, wer im Ergebnis die Kosten tragen soll.

Häufig sind die nach öffentlichem Recht und nach BGB belasteten Personen identisch. Dann führt die zivilrechtliche Lastenverteilung zu keinen Konsequenzen. Soweit dies aber nicht der Fall ist, ergeben sich aus den §§ 1968 und 1615 Abs. 2 BGB Erstattungs- oder Freistellungsansprüche. Ein Fall der Übernahme von Bestattungskosten durch einen Dritten ist es dabei auch, wenn dieser öffentlich-rechtliche Gebührenbescheide wegen der Benutzung des Friedhofs erfüllt.

Dementsprechend ist es den mit Bestattungen befassten Behörden nur dann möglich, die Belange des Opferschutzes bei der öffentlich-rechtlichen Kostentragungspflicht zu berücksichtigen, wenn die beschriebenen Rechtsgrundlagen für den öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch Härte- oder Billigkeitsklauseln enthalten. In deren Rahmen kann dann geprüft werden, ob es angemessen ist, beispielsweise das Opfer von Gewalt mit den Kosten der Bestattung des zuvor gewalttätigen Verstorbenen zu belasten.

Hierzu haben nun die Gerichte je nach landesrechtlicher Regelung entschieden. Beispielsweise hat das OVG Münster (Urteil vom 02.02.1996, Az. 19 A 3802/95) die öffentlich-rechtliche Zahlungspflicht mit einem Verweis auf die gesetzliche Wertung des § 1579 BGB verneint. Der VGH München (Urteil vom 09.06.2008, Az. 4 ZB 07.2815) hat hingegen eine solche Ausnahmeregelung nach bayrischem Landesrecht abgelehnt.

Es ist den Opfern von Gewalt nur schwer verständlich zu machen, dass sie für die Bestattungskosten des Täters aufkommen sollen. Ob die Opfer von Gewalt unterstützt werden sollten, indem dann die Allgemeinheit die Kosten übernimmt, muss jedoch von den Bundesländern geprüft werden. Da der Ursprung für die Inanspruchnahme der Hinterbliebenen im Gebührenrecht der Länder liegt, hat der Bund keine Möglichkeiten, hier Regelungen vorzugeben und beispielsweise vorzugeben, dass Opfer familiärer Gewalt von Bestattungskosten befreit werden.

Das BMJ weist außerdem auf die Regelung des § 74 SGB XII hin. Diese Regelung wird auch schon vom VGH München angesprochen. Hiernach werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Wie der VGH München auch anspricht, kann dies auch der Fall sein, wenn sich die „Unzumutbarkeit“ der Kostentragung wegen grober Unbilligkeit aus persönlichen Gründen ergeben sollte.

Grundsätzlich ist es hier, auch wegen der komplizierten Rechtsmaterie, sinnvoll, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. So wird neben einer dem Einzelfall gerecht werdenden Rechtsberatung auch gewährleistet, dass die Angehörigen sich in der für sie schwierigen Situation nicht um alle Details selbst kümmern müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ernst Dieter Rossmann