Frage an Ernst Dieter Rossmann von Klaus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr.Rossmann,
die Entwicklung in der SPD (insgesamt) und in Hessen bestürzen mich ! Ferner wird mir übel, wenn ich an die Lügen von Politikern/in der SPD zum Thema "Die Linke" denke. Vor der Wahl ein klares NEIN zur Zusammenarbeit u. Tolerierung mit diesen Kommunisten und nun ist Machtgeilheit angesagt !
Allen voran Ihr Parteivorsitzende Beck ! Auch die Frau Y gibt sich sehr viel Mühe die Wähler in Hessen zu verarsch..... !
Frage :
1.) Ist eine Zusammenarbeit oder Tolerierung mit der Linken auch in Schleswig-Holstein möglich ? oder schließen Sie diese Kategorisch aus ?
2.) Ihre Meinung zu der Vorgehensweise der Marschrichtung der SPD !....wir wollen regieren um jeden Preis !! ..auch mit dem Teufel, wenn es sein muß ! Nach dem Motto : Opposition ist Mist !
Danke für eine Antwort.
MfG
Klaus Schmidberger
pinneberg@t-online.de
Sehr geehrter Herr Schmidberger,
vielen Dank für Ihre Fragen zu einer möglichen Zusammenarbeit zwischen
SPD und Linkspartei.
Die SPD kann nach drei schwierigen Landtagswahlen eine selbstbewusste Bilanz ziehen. Bei allen drei Wahlen hat die SPD vor allem bei den jüngeren Wählerinnen und Wählern massiv dazu gewonnen. Bei Arbeitnehmern, Gewerkschaftsmitgliedern und Arbeitslosen konnte die SPD signifikant dazu gewinnen. Klare Positionen (gegen Studiengebühren, für Mindestlöhne) haben hierzu einen Beitrag geleistet. Die SPD hat insgesamt neues Profil gewonnen. Die SPD muss für ihren eigenen Weg, den einer erneuerten Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert, beharrlich weiter kämpfen. Wir definieren uns dabei nicht über andere Parteien, sondern über den Kern unserer eigenen politischen Mission. Es geht um die ganze Breite unseres Programms als linke Volkspartei. Deshalb kämpfen wir um mehr Erfolge in der Großen Koalition für unsere Wählerschaft, für die Menschen, die wieder auf uns setzen wollen und sollen.
Deshalb kommt es uns darauf an, die Teilhabe aller am Aufschwung erfolgreich durchzusetzen. Wir streiten für gute Arbeit und faire Entlohnung, für mehr Managerverantwortung und für die effektive Begrenzung eines ungezügelten Finanzkapitalismus, für mehr Steuergerechtigkeit und mehr Steuerehrlichkeit, für gleiche Bildungschancen und mehr Zukunftsinvestitionen, für mehr Klimaschutz und die notwendige ökologische Wende. Aus der Analyse der Landtagswahlen müssen jetzt die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden: Es ist jetzt für die SPD zwingend erforderlich, effektive Wege zur Zurückdrängung der sich immer stärker ausbreitenden prekären Beschäftigungsverhältnisse und zur Bekämpfung der absehbar wachsenden Altersarmut aufzuzeigen. Dies ist sowohl gesellschaftlich wie ökonomisch notwendig als auch strategisch geboten. Denn hier geht es an die Schlüsselfragen unserer Sozialstaatssicherung. Zukunft gewinnen heißt, jetzt zu handeln.
Der Kampf für die eigenen Inhalte und die eigene Stärke entbindet die Partei jedoch nicht davon, Bündnisüberlegungen anzustellen, die die optimale Durchsetzung sozialdemokratischer Politik in den Parlamenten ermöglichen. Dafür brauchen wir Fortschrittskoalitionen. Den eigenen Spielraum ohne Not einzuschränken spielt nur unseren Gegnern in die Hände, Konservativen und Marktradikalen von rechts sowie den Realitätsverweigerern und Dogmatikern von radikal-links. Die Dämonisierung der Linkspartei hat ihrem Parteibildungsprozess und ihrem Abschneiden bei den vergangenen Wahlen aber nicht geschadet -- eher im Gegenteil. Eine ebenso sachlich-kritische wie harte Auseinandersetzung ist für die SPD der glaubwürdigere Kurs - auch angesichts erfolgreicher rot-roter Regierungspolitik in Berlin und vorher auch in anderen Bundesländern. Sachlich-kritische und harte Auseinandersetzung erfordert dabei auch den Einstieg in eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der Linkspartei. Denn jedes mögliche Zusammenwirken steht angesichts der weiterhin bestehenden schwerwiegenden inhaltlichen und personellen Unklarheiten in dieser noch entstehenden Partei und der großen konzeptionellen Unterschiede zwischen SPD und Linkspartei vor hohen Hürden und muss sehr sorgfältig abgewogen werden.
Die Initiative von Kurt Beck und die Beschlüsse von Parteivorstand und Parteirat, den SPD-Landesverbänden vor Ort die Entscheidung zu überlassen, in welcher Form sie Regierungsverantwortung in den Ländern anstreben, sind deshalb der richtige Weg. Die Landesverbände stehen in der Verantwortung zu prüfen, ob potentielle Koalitionspartner über genügend inhaltliche Schnittmengen verfügen, geeignetes Personal anbieten und zu verlässlicher Regierungsarbeit bereit und in der Lage sind. Die SPD gibt hier jetzt endlich eine gesamtdeutsche Antwort. Das klärt die Lage.
Was Schleswig-Holstein angeht, so gilt natürlich das oben gesagte: Man muss sich mit dem inhaltlichen Auftreten der Linkspartei in Schleswig-Holstein entschieden auseinander setzen und sie inhaltlich bekämpfen, um als SPD möglichst stark zu bleiben bzw. noch stärker zu werden. Das gilt auch für die vor Ort anstehenden Sachentscheidungen in den Kommunen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB