Frage an Ernst Dieter Rossmann von Karl Heinz J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Rossmann,
sicherlich haben auch Sie die Information aus den Medien gehört und gelesen, daß selbst renommierte Banken und Sparkassen Geschäfte mit Grundschulden von Hypothekennehmern machen.
Als Betroffene haben wir uns an unsere Bank gewendet und um Auskunft gebeten, wie dort mit unseren Krediten umgegangen wird.
Die Antwort war beängstigend!
Im Ersten Absatz versichert man uns, daß wir uns als vertrauensvolle Zahler (Tilgung+Zinsen) keine Sorgen zu machen brauchen.
Im Schlußabsatz erfahren wir dann aber, daß man für die Zukunft nicht ausschließen will, auch unseren Kredit zu veräußern.
Ich hoffe nur Sie können sich vorstellen, wie besorgt wir über diese Mitteilung sind.
Ich frage mich nun, was wird die Bundesregierung kurzfristig gegen derartige Geschäfte der Kreditinstitute unternehmen, damit das Vertrauen und die Sicherheit für die Kreditnehmer wieder hergestellt und gestärkt wird? Fast täglich liest man in den Medien, daß Kreditinstitute Kredite an dubiose Investoren auch weiterhin verkaufen. Der einzelne Kreditnehmer hat weder eine Möglichkeit hiergegen vorzugehen, noch wird er überhaupt von dem Vorgang informiert.
Unbegreiflich für uns ist, wie eine Regierung im Jahre 2002 ein solches Gesetz überhaupt erlassen kann! Wurde hier, wie in vielen anderen Gesetzen,der Vorgang nicht bis zu Ende durchdacht? Fachleute sollten doch hierzu in der Lage sein!
In der gestrigen „WISO" Sendung wurde gemeldet, wenn ich als Rentner aus den alten Bundesländern in die neuen Bundesländer umziehe, meine bisherige Rente, die ich mit meinen Beiträgen erworben habe, gekürzt wird. Umgekehrt erfolgt aber keine Aufstockung. Wenn ich aber mein Rente im Ausland beziehe erfolgt keine Kürzung! Wurde dieses Gesetz auch nicht bis zu Ende durchdacht?
Mich würde interessieren, wie Beamtenpensionen behandelt werden? Ist hier der Gleichheitsgrundsatz gewahrt?
Ich hoffe auf meine beiden Fragen von Ihnen entsprechende Antworten zu bekommen.
Mit freundlichem Gruß
K.H.Jänschke
Sehr geehrter Herr Jänschke,
vielen Dank für Ihre Anmerkungen und Fragen zu den Bereichen der Übertragung von Forderungen aus Kreditverträgen sowie zu den Hinzuverdienstgrenzen bei den Renten in Ost- und Westdeutschland.
Zunächst zu den Kreditverträgen. Grundsätzlich ist es ein üblicher Vorgang, dass Forderungen aus Kreditverträgen verkauft werden. Banken machen dies, um ihre Risiken zu streuen, um sich günstig zu refinanzieren oder um notleidende Kredite zu verwerten. Die Kunden merken davon üblicherweise auch nichts, denn die Verwaltung des Kredites wird weiterhin von der Hausbank übernommen. Problematisch wird es erst, wenn Kredite an manche Finanzinvestoren verkauft werden, denen nicht an einer langfristigen Kundenbeziehung gelegen ist. Deren Geschäftsmodell sieht es vielmehr vor, Darlehen unter Wert zu kaufen und dann kurzfristig zu realisieren.
Die geltende Rechtslage ist soweit klar: Kreditnehmer, die ihre Raten ordnungsgemäß bezahlen, haben nichts zu befürchten. Auch wenn die Forderung durch die Bank verkauft wurde, muss nicht damit gerechnet werden, dass am nächsten Tag der Finanzinvestor vor der Tür steht und mit Zwangsvollstreckung droht. Darlehen werden in der Praxis üblicherweise durch die Eintragung einer Grundschuld abgesichert. Zusätzlich wird in einer Sicherungsabrede vereinbart, dass die Bank die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld nur betreiben darf, wenn der Kreditnehmer die Raten nicht vertragsgemäß zahlt. Verkauft die Bank das mit der Grundschuld gesicherte Darlehen an einen Finanzinvestor, wird die Sicherungsabrede zwar nicht mit übertragen, trotzdem muss auch der Käufer der Forderung die Abrede gegen sich gelten lassen. Außerdem unterrichten die veräußernden Banken den Käufer eines Kredits über die Sicherungsabrede. Tun sie dies nicht, machen sie sich schadensersatzpflichtig.
Wenn einzelne Finanzinvestoren rechtsmissbräuchlich bzw. rechtswidrig vorgehen, ist das ein Fall für die Gerichte. So kann sich der Kreditnehmer gegen einen Finanzinvestor, der trotz ordnungsgemäßer Ratenzahlung und bestehender Sicherungsabrede vollstrecken will, im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage vor Gericht zur Wehr setzen und im Eilverfahren beantragen, die Zwangsversteigerung einzustellen. Was im Einzelfall hier die erfolgversprechendste Strategie ist, muss natürlich im Rahmen einer Rechtsberatung geklärt werden.
Mit dem Risikobegrenzungsgesetz, das sich derzeit in den parlamentarischen Beratungen befindet, plant die Bundesregierung im Bereich der Forderungsveräußerungen eine höhere Transparenz für die Kreditnehmer. Dabei soll eine Pflicht der Darlehensgeber zum Angebot von Darlehensverträgen, die nicht verkauft werden können, eingeführt werden. Außerdem soll es weitere Informationspflichten hinsichtlich Folgeangeboten bzw. der Nichtverlängerung von Darlehensverträgen geben. Daneben soll der Darlehensgeber verpflichtet werden, die Abtretung der Darlehensforderung dem Darlehensnehmer anzuzeigen.
Um die unberechtigte Zwangsvollstreckung zu erschweren, soll außerdem ein verschuldens-unabhängiger Schadensersatzanspruch eingeführt werden. Bei Abschluss eines Kreditvertrages wird häufig notariell vereinbart, dass der Darlehensnehmer sich wegen der Forderungen aus dem Kreditvertrag der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Aus solchen sog. vollstreckbaren Urkunden kann der Kreditgeber – z. B. bei einem Zahlungsrückstand des Darlehensnehmers – unmittelbar vollstrecken. Ein Gericht muss den Anspruch vorher nicht überprüfen und ein gesondertes Urteil (Vollstreckungstitel) darüber erlassen. Die vollstreckbare Urkunde ist also selbst Grundlage der Zwangsvollstreckung.
Der Kreditgeber darf aber nicht aus einer vollstreckbaren Urkunde vollstrecken, wenn der Darlehensnehmer seine Raten ordentlich zahlt. Betreibt der Kreditgeber trotzdem die Zwangsvollstreckung, hat der Darlehensnehmer später grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen ihn. Das gilt nach dem derzeit noch geltenden Recht aber nur, wenn den Kreditgeber ein Verschulden trifft, wenn er also zumindest hätte wissen können, dass die Vollstreckung unzulässig ist. Hier soll es künftig nicht mehr auf ein Verschulden ankommen. Das bedeutet: Der Darlehensnehmer, dessen Hausgrundstück auf Betreiben der Bank oder eines Finanzinvestors zu Unrecht zwangsversteigert wurde, kann seinen Schaden in Zukunft deutlich einfacher ersetzt bekommen.
Darüber hinaus werden derzeit auch noch weitere Maßnahmen diskutiert, unter anderem die Möglichkeit eines Sonderkündigungsrechtes des Darlehensnehmers bei Forderungsverkauf. Insgesamt muss hierbei ein angemessener Ausgleich zwischen dem Schutzinteresse des Darlehensnehmers und dem betriebswirtschaftlichen Interesse der Kreditinstitute gefunden werden. Sie sprechen ein Gesetz von 2002 an. Damit meinen Sie vermutlich die Änderung, die im Rahmen des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes (FFG) am Rechtsberatungsgesetz vorgenommen wurde. Diese Änderung kam auf Vorschlag von CDU/CSU in den parlamentarischen Beratungen zustande. Danach wurde klargestellt, dass das Modell der Asset-Backed-Securities (ABS) weiterhin möglich bleibt. Nach diesem Modell wird eine Forderung abgetreten, die Bewirtschaftung aber weiterhin durch die Bank wahrgenommen. Ziel ist, dass die Banken liquide Mittel bekommen.
Dieses Modell war auch zuvor schon möglich. Es gab jedoch eine vordringende Meinung in der Rechtswissenschaft, wonach auf bestimmte Aspekte der Transaktionen und Finanzierungsformen das Rechtsberatungsgesetz anzuwenden wäre. Um dieser Meinung entgegenzutreten, wurde eine gesetzliche Klarstellung vorgenommen. Diese Klarstellung hat die bisher angewendete Rechtslage noch einmal bestätigt, es ist also zu keiner Verschlechterung gekommen.
Bei Ihrer Frage zur Rentenpolitik meinen Sie vermutlich die Frage der Hinzuverdienstgrenzen. Durch die Hinzuverdienstgrenze wird bei einer vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrente geregelt, wer in welchem Alter wie viel zusätzlich zur Rente verdienen darf, ohne Abschläge bei der Höhe der Rente in Kauf nehmen zu müssen. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen wird individuell berechnet, d.h. es gibt keine pauschalen Grenzen, die für alle gleich sind. Die Berechnung richtet sich im Wesentlichen nach der Höhe des Einkommens in den letzten Jahren vor dem Beginn der Rente sowie nach der jeweiligen Rentenart.
Unabhängig von diesem berechneten individuellen Hinzuverdienst gibt es als Sockel die minimale Hinzuverdienstgrenze. Diese beträgt bei einer Vollrente aktuell 350 Euro monatlich sowohl in den neuen als auch in den alten Bundesländern. Wird keine volle Rente bezogen, liegt diese minimale Hinzuverdienstgrenze deutlich höher und ist in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich hoch. So liegen die Grenzen z.B. bei einer 1/3-Teilrente bei 913,24 Euro in Westdeutschland und 802,80 Euro in Ostdeutschland.
Hier kann nun das Problem auftreten, dass wenn jemand eine Teilrente erhält, in Westdeutschland lebt und die Hinzuverdienstgrenze ausschöpft und dann nach Ostdeutschland zieht, unter Umständen über der Hinzuverdienstgrenze liegt. Hier muss also vor einem Umzug genau geplant werden, in welchem Umfang danach zur Altersrente hinzuverdient wird. Warum hier auch bald 18 Jahre nach der Wiedervereinigung in Ost und West noch unterschiedliche Anrechnungsgrenzen bestehen, kann ich Ihnen nicht erklären, ich werde mich aber danach erkundigen. Ich nehme an, dass sie wie auch bei anderen Sozialleistungen in den kommenden Jahren angeglichen werden. Bei Beamtenpensionen gibt es ebenfalls Anrechnungsregelungen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen Ihre Fragen zum größten Teil beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann