Frage an Ernst Dieter Rossmann von Karin A. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Rossmann,
wie ist Ihre Ambition, sich im Sinne des nachfolgenden offenen Briefes des Deutschen Frauenrates zu engagieren? Werden Sie Ihr Abstimmungsverhalten daran ausrichten und den Gesetzgebungsprozess zuvor entsprechend fördern?
Mit freundlichen Grüßen
K. A.
OFFENER BRIEF AN DIE ABGEORDNETEN DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES: KEINE WAHLRECHTSREFORM OHNE PARITÄT
Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages, bei der Wahl zum 19. Deutschen Bundestag ist der Frauenanteil von 37,3% auf 30,7 % gesunken. Mehr als 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist das beschämend. Bis heute waren und sind in noch jedem deutschen Parlament Männer in der Mehrheit – und zwar flächendeckend. Jetzt geht es darum, die fortdauernde, strukturelle Benachteiligung von Frauen in der Politik zu überwinden. Sowohl unser Grundgesetz (Artikel 3 Absatz 3 Satz 2) aber auch internationale Übereinkommen wie die Frauenrechtskonvention der Vereinten Nationen verlangen, bestehende Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen. Die Mitgliederversammlung des Deutschen Frauenrats hat deshalb bereits 2018 einstimmig gefordert, bei der anstehenden Wahlrechtsreform in dieser Wahlperiode konkrete Vorschläge zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in den Parlamenten zu verabschieden und damit dem Gleichstellungsgebot in Artikel 3 GG nachzukommen. Sie werden in Kürze über eine Reform des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag entscheiden. Als größte Frauenlobby Deutschlands fordern wir Sie auf, sich in den anstehenden Beratungen dafür einzusetzen, dass im Rahmen dieser Wahlrechtsreform Parität verankert wird. In vielen Mitgliedsstaaten der EU ist das bereits geschehen, z.B. in Frankreich, Belgien, Spanien, Portugal, Irland, Polen, Slowenien und Griechenland. Mit dieser Wahlrechtsreform eröffnet sich für Sie als Mitglied des Deutschen Bundestages eine historische Möglichkeit um langfristig mehr Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen und Parität umzusetzen. Bitte unterstützen Sie unsere Forderung in den anstehenden Beratungen. Keine Wahlrechtsreform ohne Prität.
Sehr geehrte Frau Aschenbach,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 5. Juli 2020 zum Thema Parität beim Wahlrecht. Auch ich bin ganz Ihrer Meinung: Mit der Wahlrechtsreform regeln wir Zukunft!
Die Wahlrechtsreform von 1918 war ein historischer Meilenstein in Sachen gleicher Wahlrechte und die nächste Wahlrechtsreform muss ein Meilenstein der politischen Teilhabe werden. Und das geht nur mit Parität.
Die letzten 100 Jahre lehren uns, dass es ohne verbindliche gesetzliche Vorgabe kaum Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter gibt. Mit einem Frauenanteil von 30,7 Prozent hat der Bundestag auch im internationalen Vergleich einen auffallend niedrigen Anteil weiblicher Abgeordneter. Deshalb bin ich grundsätzlich dafür, bei der Wahlrechtsreform auch die Parität mit zu denken, so wie es der Deutsche Frauenrat auf Antrag von SPD-, Unions-, Grünen und Liberalen Frauen beschlossen hat und genauso wie die Landesfrauenräte, die Kommunalen Frauenbeauftragten und viele andere das auch zu Recht fordern.
In Brandenburg wurde bereits Anfang des Jahres 2018 mit den Stimmen der SPD-Landtagsfraktion ein Paritätsgesetz für den Landtag verabschiedet. Dies schreibt nun vor, dass alle Parteien ihre Landeslisten abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen müssen. Wenn bei einem Geschlecht keine weiteren Bewerber*innen vorhanden sind, kann höchstens ein*e weitere*r Bewerber*in des anderen Geschlechts auf die Liste gesetzt werden. Landeslisten, die diesem Prinzip nicht folgen, werden durch den Landeswahlausschuss entsprechend der gesetzlichen Regelung korrigiert. Im Juli 2019 beschloss der Landtag von Thüringen ebenfalls ein Paritätsgesetz, über das in Kürze das Landesverfassungsgericht entscheiden wird.
Wir von der SPD haben bereits eine lange Tradition mit quotierten Listen. Denn wir haben schon lange erkannt, dass die mangelnde Repräsentanz von Frauen strukturelle Ursachen hat, die auch strukturelle Antworten brauchen. Verbindliche Quoten für Führungsaufgaben und Wahllisten sind bei uns gelebte Praxis seit Jahrzehnten.
Leider ist dies nicht bei allen Parteien der Fall. In Parteien wie der AfD, FDP und CDU sowie CSU gibt es in keiner Form interne Quotenregelungen. Das spiegelt sich auch beim Frauenanteil im Deutschen Bundestag wider.
Interfraktionelle Gespräche in den letzten Monaten und die Plenardebatte am 16.01.2020 haben gezeigt, dass gesetzliche Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in den Parlamenten seitens der Union und der FDP, geschweige denn der AfD, nicht mitgetragen werden.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich weiterhin dafür stark machen, gesetzliche Regelungen zur Erreichung von Parität in die Wahlrechtsreform einfließen zu lassen. Bereits im letzten Jahr hat die SPD-Bundestagsfraktion in einem Positionspapier ein Paritätsgesetz im Zuge der Wahlrechtsreform gefordert.
Am Ende entscheidet aber leider die SPD nicht allein. Deswegen ist meine Bitte an Sie: halten Sie den Druck hoch, insbesondere auf die Union und die FDP.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann