Frage an Ernst Dieter Rossmann von Claus W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Dr. Rossmann,
Sie sind auch Vorsitzender des Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:
Die Zahl der BAföG Empfanger ist jedes Jahr rückläufig trotz steigender Studierendenzahlen.
https://de.statista.com/themen/379/bafoeg/
Nach dieser Zahl zuletzt Rückgang um - 7,07%
Sachbearbeiter in einer BAföG Behörde können behinderte Studenten nicht prüfen und dann einen Antrag über BAföG entscheiden, nur Ärzte oder ein medizinischer Dienst kann dies.
Wie ist das mit dem Konzept der Inklusion in eine Gesellschaft zu verrechnen?
Welcher nachgelagerter Prozess stellt sicher behinderte Studenten erhalten Zugang zum BAföG?
Sehr geehrter Herr Wilmer,
herzlichen Dank für Ihre Mail vom 17. Juni 2020 hinsichtlich der Situation von Menschen mit Behinderung und deren Möglichkeit BAföG zu beziehen.
Generell akzeptiert das Amt für Ausbildungsförderung Bescheinigungen anderer Stellen wie beispielsweise den Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes oder den Schwerbehindertenausweis. Diese Nachweise sind aber nicht zwingend erforderlich. Wichtig beim Nachweis ist, dass eine Behinderung gemäß der gesetzlich festgelegten Definition vorliegt (§ 2 Absatz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)). So ist eben auch ein fachärztliches Gutachten zulässig, wenn dieser Nachweis daraus ersichtlich ist. Das ist für jene Studierenden wichtig, die keinen Ausweis für Menschen mit schwerer Behinderung beantragen wollen. Auf Grundlage der medizinischen Expertise kann dann das Amt für Ausbildungsförderung über den Antrag entscheiden; diese Reihenfolge ist richtig und auch rechtlich so notwendig. Die Aufgabe des BAföGs soll ja die Berücksichtigung der tatsächlichen Lebensumstände sein. Dementsprechend werden auch die BAföG-Ämter ausgerichtet.
Darüber hinaus können Studierende mit Behinderung über die Förderungshöchstdauer hinaus BAföG beziehen, wenn sich das Studium wegen der Behinderung verlängert hat. Auch kann der Härtefreibeitrag bei der Einkommensermittlung um den Betrag der behinderungsbedingten Aufwendungen erhöht werden. Berücksichtigt werden dabei nicht nur die Behinderungen der antragstellenden Studierenden, sondern auch die eines Elternteils oder eines anderen unterhaltsberechtigten Familienmitglieds. Trifft das auf mehrere Familienmitglieder zu, erhöht sich der Freibetrag entsprechend. Ebenfalls kann die Altersgrenze bei Studienbeginn überschritten werden, wenn beispielsweise durch eine Behinderung eine rechtzeitige Aufnahme des Studiums verhindert wird.
Natürlich muss immer wieder evaluiert werden, ob diese Maßnahmen auch in der Praxis greifen. Grundsätzlich haben diese aber das Potenzial, die Lebensrealitäten von Menschen mit Behinderung besonders zu berücksichtigen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesem Schreiben weiterhelfen konnte und danke Ihnen noch mal herzlich für Ihre Mail.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann