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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von kurt vom d. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von kurt vom d. bezüglich Wirtschaft

lieber ernst-dieter

in diesen tagen wurde über verschiedene medien eine studie über die vermögenslage der deutschen bevölkerung stand 2002 veröffentlicht, die du sicherlich auch mit interesse gelesen hast. daraus ergibt sich, dass die hälfte der deutschen bevölkerung vermögenslos ist, und etwa 10 % ca.75 - 80 % des vermögens in deutschland besitzen. glaubst du, dass die zahlen aus 2002 heute im sinne der unteren 50 % besser geworden sind ?, was glaubst du daran mitgewirkt zu haben, da du ja seit dieser zeit immer mitglied eine regierungspatei warst, dass dieser unerträgliche zustand sich geändert hat? oder muss man davon ausgehen, dass sich das verhältnis verschlechtert hat? eine antwort wird uns eine statistik in einigen jahren geben. glaubst du noch immer, dass deine politik für die mehrheit der bevölkerung richtig ist ? Du kennst meine Zweifel. leider kenne ich deine noch immer nicht,

gruss
kurt

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Antwort von
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Lieber Kurt,

herzlichen Dank für Deine Frage. Auch bei mir ist diese Studie auf großes Interesse gestoßen, in der Langfassung habe ich sie allerdings noch nicht lesen können.

Dass die Ungleichverteilung von Einkommen und insbesondere Vermögen leider deutlich gewachsen ist, ergibt sich aus einer Vielzahl von Studien. Auch die Armuts- und Reichtumsberichterstattung, die wir in unserer rot/grünen Regierungszeit angestoßen haben, belegt dies immer wieder. Deutschland vollzieht hier eine Entwicklung, die wir auch aus den anderen westlichen Industriestaaten kennen. Alleine die skandinavischen Ökonomien konnten sich der großen und wachsenden Schere im Vermögensbesitz und bei den Einkommen bisher noch relativ stark widersetzen. Dies hat entscheidend damit zu tun, dass in den skandinavischen Ländern eine starke Verankerung und gesellschaftliche Wertschätzung des Sozialstaates besteht. Daneben ist bei der Bevölkerungsmehrheit auch eine hohe Bereitschaft vorhanden, Steuern zu zahlen und insbesondere im Dienste des Gemeinwohls große Einkommen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzuziehen.

In Deutschland hat es hierzu unter der rot/grünen Regierungsmehrheit einige Entscheidungen gegeben, die dazu beigetragen haben, dass auch die kleinen Einkommensbezieher zu einem besseren Einkommen kommen konnten: So wurde der Grundfreibetrag erhöht und der Eingangssteuersatz gesenkt. Leider sind gleichzeitig auch die Spitzensteuersätze deutlich abgesenkt worden. Ich habe dieses nicht für vorrangig und in der vollzogenen Form auch für eine Fehlentwicklung gehalten und tue dies immer noch.

Um hier Veränderungen vorzunehmen, braucht es einen Diskussionsprozess innerhalb der Partei ebenso wie in der Gesellschaft. Ziel muss es sein, sich wieder klarzuwerden, was staatliche Aufgaben sind und wie und durch wen diese zu finanzieren sind. Ich setze darauf, dass wir an verschiedenen Stellen es schaffen können, dass mindestens die Tendenz zum Lohndumping und zur kontinuierlichen Ausweitung des Niedriglohnbereichs gestoppt und möglichst umgekehrt wird. Das zentrale Stichwort hierzu ist der Mindestlohn, die aktive Lohnpolitik, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, um über mehr Beschäftigung und weniger Arbeitslosigkeit letztlich die Gegenmacht von Gewerkschaften in Tarifauseinandersetzungen zu stärken und so am Ende zu einer gerechten Beteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Produktivitätszuwächsen zu kommen. Ich weiß, dass dies ein langer Weg sein wird, zumal in der globalen Konkurrenz. Aber zum Glück bleiben ja auch die Löhne in Korea und Vietnam, in China und Indien nicht auf dem Niveau, auf dem sie einmal waren.

Hiervon unbenommen ist das große Problem, dass die starke Kapital- und Vermögensakkumulation, die wir bei einigen Bevölkerungsgruppen haben, natürlich tendenziell dazu führt, dass hier der Anteil des Einkommens durch Kapitalerträge am gesamten Haushaltseinkommen wächst. Gegen die Absenkung der Steuer auf Kapitalerträge habe ich leidenschaftlich gekämpft, bin aber unterlegen. Ich stelle Dir bei Bedarf gerne die entsprechenden Unterlagen aus der Parlamentarischen Linken, dem Kreis der Parlamentarier, in dem ich vor allem in der SPD-Fraktion mitwirke, zur Verfügung. Auch die Einführung der sog. Reichensteuer konnte die Entscheidung an dieser Stelle sicherlich nicht kompensieren. Ähnlich erwarte ich nicht viel von den Konzepten der Arbeitnehmer-Beteiligung am Arbeitgeber-Unternehmen, auch wenn dies ein kleiner zusätzlicher Ausgleich für die Bildung von Vermögen und damit einer zusätzlichen Einkommenssicherung in Arbeitnehmerhand werden kann.

Wie absurd die Verhältnisse in Deutschland sind, wird aktuell deutlich am Beispiel der Erbschaftssteuer. Wenn wir dort in der gegenwärtigen Situation mit der CDU/CSU nicht zu einem Kompromiss kommen, wird diese Steuer genauso durch Nichtstun und Blockade der konservativen Seite ins Leere laufen wie es schon bei der Vermögenssteuer geschehen ist. Gleiches haben hat die ÖVP in Österreich vorgemacht, als sie ein Auslaufen der Erbschaftssteuer betrieben hat. Große Erbschaften müssen auch in Zukunft zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben herangezogen werden.

Ich setze darauf, dass es unter verändertem gesellschaftlichem Bewusstsein und einer neuen Einsicht in die Notwendigkeit von gesellschaftlicher Solidarität politisch wieder möglich wird, über Steuern auch auf große Vermögen, auf große Erbschaften und auf große Kapitalerträge sowie Finanztransaktionen zu einer Sicherung der öffentlichen Einnahmen und zu einer Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums zu kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB