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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Alexander H. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Alexander H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Rossmann,

herzlichen Dank für Ihre ausführliche wie auch interessante Antwort. Leider muss ich jedoch feststellen, dass Sie - wie auch in unserer Korrespondenz, auf die Sie sich in Ihrer Antwort beziehen - höchstens rudimentär auf meine gestellten Fragen eingehen. Deshalb konkretisiere ich meine Frage und bitte um ebenso konkrete Antworten auf die einzelnen Fragen:

1. Wie hoch ist die Inzidenz bei Masernerkrankungen in Deutschland (jährliche Fälle pro Million Einwohner)?

2. Legt man die Inzidenz zugrunde, an welcher Stelle liegt Deutschland im weltweiten und im europäischen Vergleich?

Die Bundesregierung verfolgt mit dem Masernschutzgesetz das erklärte Ziel, von der WHO den Status "Masern eliminiert" zu erhalten (siehe S. 22, Kapitel VII: www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/M/Masernschutzgesetz_Bundestag_bf.pdf). Die Kriterien, um diesen Status von der WHO zu erhalten, kann beim Robert-Koch-Institut in Erfahrung gebracht werden.

3. Gibt es Länder in Europa, die den Status "Masern eliminiert" von der WHO erhalten haben, ohne dass es dort eine Impfpflicht gibt?
3.1. Wie viele Länder sind das?

4. Gibt es Länder in Europa, in denen es eine Impfpflicht gibt, die den Status "Masern eliminiert" jedoch von der WHO NICHT erhalten haben?
4.1. Wie viele Länder sind das?

Eine Pflicht bzw. ein Zwang sollte in einer Demokratie immer das letzte Mittel sein, also die Ultima Ratio, um ein Ziel zu erreichen.

5. Können Sie aus diesen beiden Erkenntnissen (Antworten zu Fragen 3., 3.1., 4. und 4.1.) ableiten, dass eine Impfpflicht sicher zum Status "Masern eliminiert" von der WHO führen wird und ein Zwang rechtfertigt?

6. Sehen Sie den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit noch als gegeben an, der ja jedem Gesetz zugrunde liegen muss, wenn Sie die Antworten zu Fragen 3., 3.1., 4. und 4.1. berücksichtigen?

Besten Dank für die Antworten auf meine Frage und viele Grüße
A. H.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hund,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 5. Januar 2020. Bitte haben Sie Verständnis, dass meine Antwort aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie und der vielen Anfragen, die mich erreichen, einige Zeit in Anspruch genommen hat.

Meine Haltung zur Impfpflicht für Masern habe ich bereits in meiner Antwort auf Ihre letzte Anfrage ausführlich dargelegt. Somit werde ich im Folgenden weitgehend auf Ihre Fragen antworten.

Bezüglich der Inzidenz der Masern in Deutschland gilt das Robert Koch Institut (RKI) als verlässliche Quelle. Auf der Webseite heißt es, dass im Jahr 2018 543 Masernfälle an das RKI übermittelt wurden. Somit gab es in diesem Jahr eine Inzidenz von 8,8 pro eine Million Einwohner*innen. Mehr Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite des RKI:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Praevention/elimination_04_01.html

Die World Health Organization (WHO) registrierte dagegen 532 Masernfälle im Jahr 2018 und geht somit von einer etwas niedrigeren Inzidenz von 6,46 pro eine Million Einwohner*innen aus.

Im europäischen und internationalen Vergleich hat Deutschland eine vergleichsweise niedrige Maserninzidenz. Das gute Abschneiden Deutschlands im internationalen Vergleich ist auch auf die relativ hohe Impfquote zurückzuführen, die hier bereits erreicht wurde. Für genauere Daten beachten Sie gerne die diesbezüglichen Informationen der WHO:
http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0004/394060/2019_01_Epi_Data_EN_Jan-Dec-2018.pdf?ua=1

Laut der WHO haben 37 von 53 Ländern in der europäischen Region die Masern eliminiert. Um diesen Status zu erhalten, muss die endemische Maserntransmission für mindestens 36 Monate unterbrochen sein. Im Jahr 2019 wurde den vier europäischen Ländern Griechenland, Albanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinten Königreich, der Status „Masern eliminiert“ aufgrund der gestiegenen Fallzahlen entzogen.

Des Weiteren gibt es zehn EU-Länder, in denen eine Impfpflicht für Masern besteht. Entscheidend für die Anzahl der Fälle ist jedoch letztendlich nicht die Impfpflicht selbst, sondern die tatsächliche Impfquote in der Bevölkerung. Als Voraussetzung für eine Eliminierung der Masern gilt laut RKI eine Immunität von mehr als 95 Prozent der Bevölkerung.

Eine Impfpflicht wird mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in Ländern eingeführt, die grundsätzlich eine vergleichsweise niedrige Impfquote und somit höhere Fallzahl haben. So wurden beispielsweise in Dänemark und den Niederlanden die Masern bereits durch eine hohe Impfquote eliminiert. Die Einführung einer Impfpflicht in diesen Ländern ist somit weniger notwendig als in anderen europäischen Ländern.

Um die Masern zu eliminieren wird neben der Impfpflicht eine hohe allgemeine Impfbereitschaft in der Gesellschaft benötigt. Somit gibt es auch EU-Länder, in denen eine Impfpflicht besteht, die aber trotzdem die Masern noch nicht eliminiert haben.

In Deutschland besteht grundsätzlich eine vergleichsweise hohe Impfbereitschaft, die jedoch nicht für eine Herdenimmunität ausreicht. Um die Impfquote somit noch weiter zu erhöhen, halte ich eine Impfpflicht für eine sinnvolle Maßnahme. Ob eine Impfpflicht mit absoluter Sicherheit zur Eliminierung der Krankheit führen wird, lässt sich nicht feststellen. Dies sollte uns jedoch nicht davon abhalten, den richtigen Weg einzuschlagen und unnötiges Leid soweit wie möglich zu verhindern. Somit sehe ich auch den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Masernimpfpflicht als gegeben an.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte und meine Haltung erneut verständlich dargelegt habe.

Mit freundlichen Grüßen