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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Alexander H. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Alexander H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Rossmann,

auch Sie haben dem Masernschutzgesetz am 14. November 2019 zugestimmt. Als gut informierter Politiker möchte ich Ihnen ein paar Fragen dazu stellen.

Immer wieder wird argumentiert, dass die Fallzahlen von Masern steigen würden, so auch im Masernschutzgesetz (siehe www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/M/Masernschutzgesetz_Bundestag_bf.pdf). Allerdings fällt beim genauen Lesen der Argumentation auf, dass oftmals auf die Masernfallzahlen welt- und/oder europaweit ein Bezug hergestellt wird. Wie hoch ist denn der prozentuale Anteil der Masernfälle von Deutschland bezogen auf die gesamte Welt und auf Europa?

Ein gängiges Maß für die Häufigkeit von Ereignissen bezogen auf die Zeit und gemessen an der Einwohnerzahl ist Inzidenz. Wie hoch ist die Inzidenz bei Masernerkrankungen in Deutschland (jährliche Fälle pro Million Einwohner)? Legt man die Inzidenz zugrunde, an welcher Stelle liegt Deutschland im weltweiten und im europäischen Vergleich?

Im Gesetzesentwurf wird von Ausrottung und von Elimination der Masern gesprochen (siehe Link oben). Können Sie Ihrer Meinung nach in diesem Zusammenhang synonym verwendet werden oder gibt es einen Unterschied in der Bedeutung?

Ziel des Masernschutzgesetzes ist es, von der WHO den Status Masern eliminiert zu erhalten (siehe oben). Welche Voraussetzungen muss ein Land erfüllen, um von der WHO den Status Masern eliminiert zu erhalten? Gibt es Länder in Europa, die den Status Masern eliminiert von der WHO erhalten haben, ohne dass es dort eine Impfpflicht gibt? Wie viele Länder sind das? Gibt es Länder in Europa, in denen es eine Impfpflicht gibt, die den Status Masern eliminiert von der WHO NICHT erhalten haben? Wie viele Länder sind das? Können Sie aus diesen beiden Zahlen ableiten, dass eine Impfpflicht sicher zum Status Masern eliminiert führen wird? Wenn ja, wie argumentieren Sie?

Herzlichen Dank für Ihre konkreten Antworten
A. H.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

herzlichen Dank für Ihre Nachricht vom 10. Dezember 2019 bezüglich des Masernschutzgesetzes. Die Einführung einer Impfpflicht ist eine vielschichtige Debatte, die auch innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion kontrovers geführt wird. Impfen ist meines Erachtens eine wichtige Verantwortung, die wir gegenüber unseren Kindern haben. Wir haben deshalb im Koalitionsvertrag mit CDU/CSU vereinbart, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Impfquoten zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass mit den bisherigen Bemühungen zur Steigerung der Impfbereitschaft das Ziel nicht erreicht werden konnte, Masern in Deutschland vollständig einzudämmen. Nach wie vor gibt es zum Teil erhebliche Impflücken bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Immer wieder kommt es, in jährlich schwankenden Zahlen, zu schwerwiegenden Masernausbrüchen, bei denen auch Todesfälle zu beklagen sind.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Masernfälle in der „europäischen Region“ stark angestiegen. Meine Fachkolleginnen und -kollegen weisen darauf hin, dass für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 30. Juni 2019 49 der 53 Länder der Region zusammen über 174.000 Masernfälle und über 100 masernbedingte Todesfälle registriert haben. Vier Länder in der europäischen Region der WHO haben unter anderem ihren Masern-Eliminationsstatus verloren: Albanien, Griechenland, Tschechien und das Vereinigte Königreich. Weltweit haben sich die Masernfälle 2019 vervierfacht. Zu den von Ihnen angesprochenen WHO-Kriterien für eine Elimination von Masern möchte ich Sie auf die Seiten des Robert-Koch-Instituts (RKI) oder der WHO selbst verweisen. Der Eliminationsstatus wird demnach insbesondere an einer Unterbrechung der endemischen Transmission der Krankheit von mindestens 36 Monaten festgemacht.

Laut RKI bewiesen 2017 43 von 53 Staaten eine Unterbrechung der endemischen Transmission. Auch Deutschland konnte für das Jahr 2016 eine Unterbrechung der endemischen Transmission vorweisen, diesen Status für das Jahr 2017 jedoch leider nicht aufrechterhalten. Es ist also offensichtlich auch so, dass Länder zum Teil auch ohne Impflicht einen Masern-Eliminationsstatus erhalten. Wie erwähnt, finden Sie detaillierte Informationen auf den Seiten des RKI und der WHO.

Immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass bis Ende Mai 2019 dem RKI bereits 420 Masernfälle in Deutschland gemeldet worden sind, was offensichtlich eine höhere Zahl ist als in früheren Jahren. Es muss daher unser Ziel sein, Masern in Deutschland zu überwinden und in Europa weiter einzudämmen. Dazu brauchen wir laut Expertinnen und Experten eine Impfquote von mindestens 95 Prozent der Bevölkerung. Bei Kindern vor dem Schuleintritt erreichen wir mit der ersten Masernimpfung deutschlandweit zwar 97 Prozent, aber schon hier gibt es deutliche regionale Unterschiede. Zweimal gegen Masern geimpft sind nur noch 93 Prozent der Schulanfängerinnen und Schulanfänger. Laut BARMER-Arzneimittelreport 2019 könnten die Impfquoten sogar noch darunter liegen. Eine Masernimpfpflicht kann helfen, Impflücken zu schließen. Manche mögen diesen Schritt als Bevormundung empfinden, aber es geht hier nicht nur um dem Schutz jedes Einzelnen, sondern um den Schutz der gesamten Bevölkerung. Ein ausreichender Impfschutz kann unnötiges Leid vermeiden.

Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich als Bildungspolitiker nicht auf alle Punkte eingehen kann – gerne verweise ich aber auch auf unsere vorherige ausführlichere Korrespondenz.

Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann