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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Bastian P. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Bastian P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Herr Rossmann, sie sind Vorsitzender des Bildungsausschusses auf Bundesebene. Nun hat der Bund nicht viel Einfluss auf die Bildungspolitik, dies führt zu vielen Problemen in den Schulen: Lehrermangel, unterschiedliches Niveau in unterschiedlichen Ländern und marode Schulen: das habe ich in Thüringen erlebt, auf einem Spezialschulteil für Mathe und Naturwissenschaften, diese Schule, welche im Normalfall eine besondere Förderung genießen sollte, ist marode und hat riesiege Bodensenken in den Gängen. Weiterhin müssen Quereinsteiger den Betrieb an dieser Schule aufrecht erhalten und diese haben nun wahrlich (bei allem Respekt gegenüber ihrer Arbeit und gegenüber ihrer Situation) nicht das Niveau wie studierte Lehrer und erst recht nicht so ein Niveau wie unsere alt eingesessenen Lehrer. Und dabei sind die Schulen in Thüringen besser als in vielen alten Bundesländern.
Das ist nicht das Niveau was ein Spezialschulteil haben sollte und das ist erst recht nicht das Niveau was deutsche Schulen haben sollten.

Ebenfalls sind die Abi´s in Deutschland unterschielich anspruchsvoll, was unfair gegenüber den Schülern ist. DIes sollte aus meiner Sicht vereinheitlicht werden. Wie sehen Sie das?

Nun ist meine weitere Frage: welchen Einfluss können sie als Vorsitzender dieses Ausschusses auf die Bildungspolitik der (nichtmehr all zu großen) großen Koalition nehmen und was für Gesetze sind in naher bzw. ferner Zukunft geplant, um auf diese riesigen Missstände zu reagieren?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr P.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die mich über abgeordnetenwatch.de erreicht hat.
Für Ihre kritischen Hinweise auf wichtige Baustellen und offene Fragen in der Bildungspolitik in Deutschland bin ich Ihnen dankbar. Erlauben Sie drei Vorbemerkungen.

1) Als Vorsitzender des Bildungsausschusses leite ich dieses Gremium. Die Beschlüsse werden durch die Mitglieder gefasst. Ein besonderes Stimmrecht habe ich nicht. Natürlich nehme ich auf die Diskussionen und Themenstellungen in der Öffentlichkeit und in meiner Partei und auch in den Diskussionen mit anderen Fraktionen Einfluss, aber im Ausschuss selbst bin ich in der Leitung zu Neutralität verpflichtet.

2) Es ist immer schwierig, zu den Verhältnissen in allen Bundesländern Stellung zu nehmen. Dazu empfehle ich die differenzierte Lektüre des Nationalen Bundes-Bildungsberichtes, der alle zwei Jahre von Wissenschaftlern vorgelegt wird und der eine Fülle von vergleichenden Informationen auch über die Bildungspolitik in den Ländern und in den Kommunen und in der Wirtschaft enthält. Den aktuellen Bildungsbericht finden Sie hier: https://www.bildungsbericht.de/de/nationaler-bildungsbericht.

3) Das ist vor allen Dingen deshalb wichtig, weil die Bildungspolitik in Deutschland nach unserer Verfassung ganz entscheidend in den Ländern entschieden und verantwortet wird. Allerdings möchte ich Ihnen in dem Punkt widersprechen, dass der Bund nicht viel Einfluss auf die Bildungspolitik hat. Die Länder haben die vollständige gesetzgeberische Zuständigkeit für die Schulen und zu 95 % für die Hochschulen. Hier hat der Bund nur noch sehr sehr bescheidene Restkompetenzen für Abschlüsse und Zulassung. Allerdings sind in den letzten Jahren unsere Möglichkeiten wieder gewachsen, den Ländern und den Kommunen mit finanziellen Mitteln Unterstützung geben zu können. Das tun wir auch sehr intensiv und dafür setze ich mich auch sehr ein wie es auch die SPD insgesamt tut. Ich darf Ihnen entlang der gesamten Bildungskette auch deutlich machen, dass bereits jetzt – zwei Jahre nach der Bundestagswahl 2017 und der Bildung der Großen Koalition – wichtige SPD-Projekte in der Bundesregierung mit Erfolg durchgesetzt und auf den Weg gebracht wurden.
Dazu eine kleine Auswahl der wichtigsten Leistungspunkte:

- Mehr Qualität in den Kitas

- bessere digitale Ausstattung in den Schulen

- eine Erhöhung der Berufsausbildungsbeihilfe

- die Erhöhung der BAföG-Sätze

- die Sicherstellung der Studienplatzfinanzierung durch den Hochschulpakt

- sowie das Recht auf Weiterbildungsberatung und ein umfassender Zugang zur Weiterbildungsförderung.

In diesem Zusammenhang will ich noch einmal ausführlicher auf den Digitalpakt Schule hinweisen. Damit wollen Bund und Länder für eine bessere Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik sorgen. Um das Ziel zu erreichen, haben Bund und Länder die Verwaltungsvereinbarung für den Digitalpakt unterzeichnet. Zuvor haben Bundestag und Bundesrat Artikel 104c des Grundgesetzes geändert und damit die verfassungsrechtliche Grundlage für den Digitalpakt Schule geschaffen. Die neue Vorschrift ist seit 4. April 2019 in Kraft. Finanziert wird der Digitalpakt aus dem Digitalinfrastrukturfonds, einem sogenannten Sondervermögen, das Ende 2018 errichtet wurde. Der Digitalpakt eröffnet im Bereich der Digitalisierung auch neue Möglichkeiten, um die Schulen mit einer zeitgemäßen Infrastruktur auszustatten, was ja durchaus ein zentraler Bestandteil der Schulsanierung ist. Bereits in der letzten Legislaturperiode konnten wir das Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes durchsetzen, dass auch zusätzliche Mittel für finanzschwache Kommunen bereithält, die diese auch zur Schulsanierung einsetzen können. Das war ein wichtiger erster Schritt, aber natürlich ist es noch ein langer Weg. Das eigentliche Ziel muss sein, dass alle Schulen in Deutschland in einem guten baulichen Zustand gebracht werden und mit einer zeitgemäßen digitalen Ausstattung versehen werden.

Dass trotzdem nach wie vor Probleme in deutschen Schulen bestehen, kann und will ich auch nicht leugnen. Die von Ihnen geschilderte Situation aus Thüringen ist mehr als bedauerlich und ich hoffe sehr, dass die von Ihnen genannte Schule sehr bald renoviert wird, so dass LehrerInnen und SchülerInnen angemessen zusammenarbeiten können. Grundsätzlich haben wir vom Bund vor drei Jahren ja noch extra einen Investitionsfonds in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aufgelegt, um Schulen in finanzschwachen Kommunen zu unterstützen. Auch vorher hat es schon einen kommunalen Investitionsfonds gegeben, den die Ländern für verschiedene Zwecke, auch solche der Bildung einsetzen konnten. Entscheidend bleibt, dass die Länder und die Kommunen finanziell gestärkt werden, denn dort werden die wichtigsten Bauentscheidungen für die Schulen und deren Ausstattung getroffen. Dafür werde ich mich auch persönlich gerne weiterhin einsetzen.

Was die Vereinheitlichung des Abiturs betrifft, so muss leider auch hier die Antwort lauten, dass für die konkrete Ausgestaltung der Abiturprüfungen grundsätzlich die einzelnen Länder zuständig sind und ich angesichts der politischen Realitäten und auch der parlamentarischen Mehrheiten bei diesem Punkt keine zeitnahe Möglichkeit sehe, dass sich dies ändern wird. Dennoch finde ich es richtig, dass wir auch auf Bundesebene über das Thema von gleichwertigen Lebensverhältnissen im ganzen Land – und dazu gehören eben auch vergleichbare Abiturprüfungen – immer wieder diskutieren und uns diesem Ziel immer weiter annähern. Von SPD-Seite fordern wir bereits seit einiger Zeit eine bessere Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse in Deutschland. In einem Papier aus dem Bundestagswahlkampf 2017, in dem wir unter anderem eine Nationale Bildungsallianz gefordert haben heißt es hierzu:
„Abweichende Lehrpläne und Materialien erschweren oft den Umzug von einem Bundesland ins andere, zudem ist die Qualität der Bildungsabschlüsse oft unterschiedlich. Die Länder haben erste Schritte eingeleitet und z.B. gemeinsame Bildungsstandards entwickelt oder gemeinsame Aufgabenpools geschaffen. Wir wollen in der Nationalen Bildungsallianz von Bund und Ländern weitere Schritte gehen und streben eine bessere Balance zwischen ländereigenen und länderübergreifenden Standards an. Unser Ziel ist es, Schritt für Schritt in allen Ländern die Leistungsmaßstäbe und Lernanforderungen auf einem hohen Standard deutlich einander anzunähern. Im Ergebnis unterstützt das auch gleich schwere Prüfungsaufgaben. Das würde die Transparenz erhöhen und stärkt auch die Akzeptanz unseres Bildungsföderalismus.“

Meine Kolleginnen und Kollegen in der AG Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion und ich stehen weiterhin zu diesem Ziel, aber für eine Umsetzung braucht es auch den Willen der Bundesländer und andere parlamentarische Mehrheiten. Eine diesbezügliche Pressemitteilung von mir finden Sie auf den Seiten der SPD-Bundestagsfraktion.

Noch eine grundsätzliche Bemerkung: Da wir in einer Großen Koalition sind und Kompromisse mit unseren Partnern finden müssen, ziehen sich bestimmte Gesetzesvorhaben in die Länge, was uns als SPD-Bundestagsfraktion jedoch nicht davon abhält, CDU und CSU immer wieder in die Pflicht zu nehmen, auch an die SchülerInnen aus einkommens- und bildungsschwachen Familien zu denken und ihre Zukunftsperspektiven mit zu verbessern. Auch wenn mit dem Digitalpakt Schule und der BAföG-Novelle im Bildungsbereich bereits große Erfolge erzielt worden sind, haben wir auch für die Zeit nach der parlamentarischen Sommerpause einige wichtige Gesetzesvorhaben, die wir abschließen oder auf den Weg bringen wollen. Hier freue ich mich insbesondere, dass wir auf Druck der SPD endlich soweit sind, eine Mindestausbildungsvergütung - also einen Mindestlohn für Azubis – einzuführen. Ein weiteres wichtiges Ziel, dass wir auch im Koalitionsvertrag festschreiben konnten, ist die Einführung eines Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter bis zum Jahr 2025. Hier gibt es allerdings noch starke Widerstände von Seiten der CDU/CSU und auch von den Ländern, die – wie so häufig – eine Mehrbelastung ihres eigenen Haushaltes vermeiden möchten. Gerade bei diesem Thema werden wir als SPD-Fraktion aber weiterhin Druck machen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte, und danke Ihnen noch einmal für Ihre Anfrage via abgeordnetenwatch.de

Mit herzlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossman