Frage an Ernst Dieter Rossmann von Detlef R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Rossmann,
das Thema, das mir am Herzen liegt, ist der neue Gesesetzesentwurf von Herrn Minister Pistorius aus Niedersachsen (sowie dem Land Bremen) zur Verschärfung des Waffengesetzes in Hinblick auf Messer und ganz besonders die großflächige Ausweitung von Waffenverbotszonen, die meines Erachtens einen massiven Eingriff in die Freiheit jedes Einzelnen darstellt.
Durch dieses Gesetz, dass auf keinerlei Fakten beruht, wird die Sicherheitslage in unserem Land nicht verbessert. Selbst Herr Pistorius sprach ja vor dem Planum im Bundestag explizit davon, dass es ihm um die Verbesserung des 'Sicherheitsgefühls' geht.
Wie können Sie es verantworten, einem Gesetzesentwurf aufgrund diffuser Gefühlslagen - und nicht auf Fakten basierend - zuzustimmen besonders mit diesen weitreichenden Folgen für jeden Bürger dieses Landes?
Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren beruflich mit den Themen Gewaltprävention und Selbstschutz mit dem Schwerpunkt Hieb- und Stichwaffen und gefährliche Gegenstände.
Ich unterrichte in Firmen, sozialen Einrichtungen und habe auch schon zahlreiche polizeiliche Einsatzkräfte zu dem Thema geschult.
Ich würde mich über eine zeitnahe Rückmeldung freuen, denn das Thema ist brandaktuell.
Sehr geehrter Herr R.,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 22. Mai 2019, die mich über abgeordnetenwatch.de erreicht hat und in der Sie meine Haltung zur Initiative des Länder Niedersachsen und Bremen für eine Änderung des Waffenrechts erfragen.
Ziel des Entwurfs ist vor allem ein Eindämmen von Angriffen mit Messern, die in letzter Zeit mutmaßlich zugenommen haben. Statistisch erfasst werden diese aktuell noch nicht. Es gibt damit keine Erkenntnisse zur Zahl und zur Entwicklung von Messerangriffen in Deutschland. Die Innenministerkonferenz diskutiert Leitlinien für die statistische Erfassung von Messerangriffen, jedoch ist hier noch nichts entschieden.
Bereits jetzt haben die Länder die Möglichkeit, Waffenverbotszonen einzurichten. Die Landes-regierungen sind gemäß § 42 Absatz 5 des Waffengesetzes (WaffG) dazu ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Führen von Messern, die als Waffen einzustufen sind, auf bestimmten öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen allgemein oder im Einzelfall zu verbieten, sofern dort wiederholt bestimmte Straftaten begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist.
Es sind in dem Entwurf, der zur Diskussion steht, drei unterschiedliche Maßnahmen vorgesehen, um Straftaten mit Messern noch weiter einzudämmen und so das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wieder zu stärken:
1. Die bereits erwähnte Möglichkeit, Waffenverbotszonen einzurichten, wird erweitert auf Orte, an denen sich besonders viele Menschen aufhalten. Hier bestehe eine besonders ho-he Wahrscheinlichkeit, dass sich die Gefahren, die von Waffen ausgehen, auch tatsächlich realisieren. Beispielhaft werden hier Fußgängerzonen, Einrichtungen des öffentlichen Nach-verkehrs, Einkaufszentren und Veranstaltungsorte genannt. Doch auch das Umfeld von Jugend- und Bildungseinrichtungen - also vor allem Schulen - kann so besonders geschützt werden.
Das Verbot des Führens von Waffen wird erweitert auf ein Führensverbot von Messern jeglicher Art, also Messern, die nicht als Waffen gelten. Ausnahmeregelungen bleiben bestehen für Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse, Anwohner und Gewerbetreibende.
2. Das Verbot des Mitsichführens von feststehenden Messern mit einer Klingenlänge über 12 cm wird auf feststehende Messer mit einer Klingenlänge von über 6 cm erstreckt. Verkehrsübliche Taschenmesser bleiben hier ausgenommen, da diese meist keine feststehen-de Klinge haben.
3. Bisher gab es eine Ausnahme für Springmesser mit einer Klingenlänge von höchstens 8,5 cm, die nicht zweiseitig geschliffen sind. Diese Ausnahme wird aufgehoben, da von diesen Messern eine erhebliche Gefahr ausgehen kann.
Diese Maßnahmen können aus meiner Sicht geeignete Maßnahmen darstellen, um Straftaten mit Messern einzudämmen und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Ich sehe nicht, dass zwangsläufig der gesamte öffentliche Raum davon betroffen sein soll. Schließlich ermöglicht der Entwurf lediglich die Einrichtung dieser Zonen. Ich vertraue auf die Landesregierungen, die hier einen guten Überblick über Kriminalitätsschwerpunkte haben und dies beurteilen können. Auch werden nicht „unschuldige Bürger kriminalisiert“, denn es bestehen zahlreiche Ausnahmen und die alltäglichen Taschenmesser können weiterhin mit sich geführt werden. Wichtig wird auch die statistische Erfassung von Messerangriffen werden, um hier den Behörden gezielte Maßnahmen zu ermöglichen.
Wir setzen uns darüber hinaus jedes Jahr auch über den Bundeshaushalt dafür ein, dass die Bundespolizei und die Polizeien der Länder mit mehr Personal ausgestattet werden, um gerade an Kriminalitätsschwerpunkten und im öffentlichen Raum Präsenz zu zeigen und auch Straftaten zu verhindern.
Derzeit beraten die Fachausschüsse des Bundesrates den Entwurf. Der Bundesrat muss dann auf Empfehlung der Ausschüsse entscheiden, ob er die Initiative bei Deutschen Bundestag einbringen wird. Erst dann werden wir uns hier parlamentarisch im Einzelnen mit den Vorschlägen befassen.
Ich bin für diese Beratungen offen und erwarte dann auch weitere Einschätzungen und Informationen unserer Fachleute. Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt näher bringen konnte und danke Ihnen noch einmal für Ihre kritischen Anmerkungen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann