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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Bernhard B. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Bernhard B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Rossmann,
die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Oliver Schröm (Chefredakteur Correctiv). Unter seiner Leitung hatte CORRECTIV im Oktober 2018 zusammen mit 18 Medienpartnern Recherchen zu den CumEx-Files veröffentlicht und damit den größten Steuerraubzug Europas aufgedeckt: 12 EU-Staaten wurden mit CumEx- und ähnlichen Aktien-„Geschäften“ um mindestens 55 Milliarden Euro erleichtert.
Jetzt werden diejenigen verfolgt, die den Skandal aufgedeckt haben. Gegen Oliver Schröm, Chefredakteur von CORRECTIV, ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg wegen des Verdachts auf „Anstiftung zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen” nach §17 UWG (Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb).
Es ist das erste Mal, dass dieser Paragraph auf einen Journalisten angewendet wird.
Umso mehr besorgt uns das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG), das der Bundestag derzeit berät. Der aktuelle Entwurf gefährdet den Informantenschutz und somit die Grundlage investigativer journalistischer Arbeit. Dieser Angriff auf die Pressefreiheit muss abgewendet werden.
Die Politik muss handeln. Journalisten müssen geschützt werden. Cum Ex Steuerräuber müssen zur Verantwortung gezogen werden.
Werden Sie sich für den Schutz von Journalist*innen und der Pressefreiheit einsetzen, statt für den Schutz von „Geschäftsgeheimnissen“ durch das neue GeschGehG, das die Machenschaften von Steuerräubern und anderen Kriminellen vor öffentlicher Aufdeckung und damit in der Folge auch vor Strafverfolgung schützt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr B.,

herzlichen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de .

Natürlich bin ich hundertprozentig dafür, dass Whistleblower geschützt werden und somit kriminelle Machenschaften, wie die Cum-Cum- oder Cum-Ex-Geschäfte, aufgedeckt werden. Dafür verdient der Journalist Oliver Schröm auch unseren Respekt und unsere Anerkennung.

Sie müssen aber bedenken, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg nicht aus eigener Initiative gegen Herrn Schröm ermittelt, sondern aufgrund eines Rechtshilfeersuchens aus der Schweiz. Die Staatsanwaltschaft Hamburg kann das Rechtshilfeersuchen nicht ablehnen. Und wie lange die Ermittlungen dauern sollen oder müssen, da kann ich mich natürlich unmöglich einmischen oder mir ein Urteil bilden. Aus gutem Grund haben wir in Deutschland die Gewaltenteilung.

Was das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen angeht, so ist Ziel bzw. Sinn und Zweck der Richtlinie und damit des Umsetzungsgesetzes, der Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Wettbewerb, also eben der Schutz des EU-Binnenmarktes vor Wirtschaftsspionage. Der Whistleblowingschutz ist grundsätzlich nicht das Ziel der Geschäftsgeheimnisschutz-Richtlinie. Dafür wird gerade auf Europäischer Ebene eine eigene Richtlinie zum Whistleblowingschutz verhandelt, die vermutlich im Januar in die abschließenden Beratungen gehen wird. Aus dieser Richtlinie dürfte sich dann für den deutschen Gesetzgeber vermutlich ein eigenes Umsetzungsgesetzverfahren ergeben.

In dem hier von Ihnen erwähnten Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen gibt es einige Regelungen die die Erlangung, Nutzung und Offenlegungen von Geschäftsgeheimnissen legitimieren, so wie dies auch die Richtlinie vorsieht. Dies stellt schon jetzt zum aktuellen Zustand eine Verbesserung dar, da das UWG (§§ 17, 18) bisher nicht von einem gerechtfertigten Verhalten durch denjenigen, der das Geheimnis nutzt oder offenlegt, ausgeht. Dies wurde auch in der öffentlichen Anhörung in der letzten Woche von Sachverständigen bestätigt. Ein allumfänglicher und ausdifferenzierter Whistleblowerschutz ist in dem Gesetz aber gerade nicht vorgesehen, da dies nicht Ziel der Richtlinie ist.

Wir hoffen aber, dass die Abstimmung zur Whistleblowing-Richtlinie im Europäischen Parlament im Januar erfolgt, so dass die Richtlinie noch vor der Europa-Wahl in Kraft treten wird, damit hier Verzögerungen vermieden werden können. Dafür werde ich mich einsetzen und unsere Fachpolitiker diesbezüglich ansprechen.

Zum Schluss noch der Hinweis, dass ich neulich zusammen mit der Körber-Stiftung für die Veranstaltungsreihe "Eine Stunde junge Wissenschaft" den Juristen und Whistleblowing-Experten Dr. Simon Gerdemann in den Bundestag eingeladen hatte. Herr Dr. Gerdemann hat durch seine beachtliche Expertise in diesem Thema sogar den Deutschen Studienpreis 2018 bekommen.

Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachtstage.

Mit freundlichen Grüßen
Ernst Dieter Rossmann