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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von kurt v. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von kurt v. bezüglich Soziale Sicherung

sehr geehrter Herr Rossmann,

glauben sie noch immer, dass die harz -gesetze1-4 richtig, notwendig und wirkungsvoll sind ?

vorsicht bei der antwort, denn das arbeitsministerium beginnt ja langsam einsichtig zu werden. siehe letzte pressemitteilung.

gruss an münte.
kvd

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Antwort von
SPD

Lieber Kurt von Dorp,

herzlichen Dank für die Frage an mich über das Internet-Portal abgeordnetenwatch.de . Ich möchte hiermit kurz ein paar Einschätzungen abgeben:

Die Hartz-Gesetze sind trotz aller Kritik insgesamt der richtige Weg, denn es musste eine neue Lösung dafür gefunden werden, die Förderung von Arbeitlosen effektiver zu gestalten und die Leistungen nicht in dem Maße ausufern zu lassen, dass durch eine Erhöhung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung die Lohnnebenkosten massiv steigen und somit der Erhalt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze behindert werden. Natürlich sind die Lohnnebenkosten bei den Arbeitsplätzen nicht der entscheidende Faktor, aber ganz unbedeutend sind sie nicht.

Hartz-IV hat unbestritten einige Verbesserungen gebracht vor allem für Alleinerziehende, Familien mit Kindern und ehemalige erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger, die durch die Reform eine bessere Förderung genießen. Jeder einzelne Vermittler bei den Arbeitsagenturen hat jetzt persönlich weniger Arbeitslose zu betreuen als früher und dies wirkt sich nicht nur bei den Erwachsenen positiv aus, sondern hat insbesondere auch die Situation der jugendlichen Betroffenen deutlich verbessert.

Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich neben den positiven Aspekten auch immer klare Kritik an einigen Regelungen der Hartz-Gesetze geübt habe: Gerade in meinem Spezialthema Weiterbildung erachte ich das Vorgehen für grundfalsch. Die Fort- und Weiterbildung von Arbeitslosen derart zurückzufahren, ist bildungspolitisch, aber auch arbeitsmarktpolitisch nicht sinnvoll. Hier hat nicht nur eindeutig die Qualität der Angebote gelitten, die Maßnahmen haben sogar zur Gefährdung einzelner Anbieter geführt. Und darüber hinaus ist zu bemängeln, dass die Bezahlung der in der Qualifizierung Beschäftigten häufig nicht akzeptabel ist. Bedauerlicher Weise bin ich wie auch andere Kritiker des jetzt praktizierten Vergabeverfahrens sowohl bei tonangebenden McKinsey-Ideologen der Bundesagentur für Arbeit als auch im Ministerium lange Zeit auf taube Ohren gestoßen. Glücklicher Weise setzt hier jetzt aber ein Meinungswandel ein, der hoffentlich künftig zu mehr Regionalität längeren Vergabezeiträumen und besserer Bezahlung führen wird.

Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass die Hartz-Gesetze laufend evaluiert werden. Die ersten Korrekturen sind bekanntlich schon mit dem SGB-II-Fortentwicklungsgesetz eingeleitet worden. Eine noch umfassendere Auswertung ihrer Auswirkungen findet momentan noch statt. Diese werden wir im nächsten Jahr intensiv nutzen, um einige oben genannten Maßnahmen zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verbessern. Wir werden uns die Vermittlungsgutscheine als Instrument der Qualifizierung genauer angucken müssen sowie die Arbeit der Personal-Service-Agenturen und die Wirkung der Ein-Euro-Jobs.

Zum Schluss noch ein Wort zum Kompromisscharakter der Regelungen: Man darf nicht vergessen, dass vor allem Hartz IV das Ergebnis zäher Verhandlungen mit der Union war und somit die SPD nicht alles durchsetzen konnte, was sie für richtig gehalten hat. So ist etwa das Nebeneinander verschiedener Systeme – in vielen Kreisen sind es die Argen, in anderen die Kommunen, die für die ALG II-Klienten zuständig sind – ein Kind des hessischen Ministerpräsidenten Koch, der diesen Wirrwarr unterschiedlicher Modelle bei den Verhandlungen in Rambo-Manier durchgedrückt hat.

Ich hoffe, die Frage zu deiner Zufriedenheit beantwortet zu haben und bedanke mich noch einmal für deine Mail.

Mit freundlichem Gruß

Dein Ernst Dieter Rossmann, MdB