Frage an Ernst Dieter Rossmann von Birgit J. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Rossmann,
ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema Tierversuche und habe so gelernt, dass die Ergebnisse aus Tierversuchen für die menschliche Gesundheit von Nachteil und für die benutzten Tiere eine einzige Katastrophe sind.
Statements von Politikerinnen und Politikern zeugen leider sehr oft von Nichtkenntnis dieser Materie, was ich natürlich einerseits angesichts der vielen Arbeit und der vielen Themen, die Politikerinnen und Politiker zu bewältigen haben, verstehe.
Andererseits hat meines Erachtens hier unbedingt sehr kurzfristig ein Paradigmenwechsel stattzufinden, was in anderen Ländern ja bereits stattfindet (Entscheidung der Niederlande, in einigen Jahren vollständig auf Tierversuche zu verzichten.)
Und so möchte ich Sie - angesichts der unvorstellbar misshandelten Tieren in den Versuchslaboren und der sehr nachteiligen Konsequenz für die menschliche Gesundheit, wenn diese mit an Tieren erprobten Medikamenten oder Substanzen therapiert werden, fragen:
- Haben Sie sich bereits mit der Materie Tierversuche und tierversuchsfreier Forschung beschäftigt?
- Wenn ja, zu welchen Schlüssen sind Sie gekommen?
- Wenn nein, sind Sie willig, dies in der nächsten Legislaturperiode auf Ihre Agenda zu setzen?
- Sind Sie bereit, die Entwicklung von tierversuchsfreier Forschung zu unterstützen?
- Und sind Sie bereit, auch Wissenschaftler und Ärzte anzuhören, die Tierversuche ablehnen, da die Ergebnisse aus Tierversuchen eben nicht auf den Menschen übertragbar und damit abzulehnen sind?
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Antwort.
B. J.
Sehr geehrte Frau J.,
herzlichen Dank für Ihre Fragen über abgeordnetenwatch.de, die ich gerne beantworte.
Sie fragen, ob ich mich bereits mit der Materie Tierversuche und tierversuchsfreie Forschung befasst habe und zu welchen Schlüssen ich dabei komme.
Als bildungs- und forschungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion habe ich mich auch mit der Thematik Tierversuche in der Forschung befasst. Ich finde es sehr wichtig, dass wir hier zu neuen Wegen kommen, die verträglich sind für Mensch und Tier. Ich begrüße es sehr, dass es hier auch bei der Wissenschaft und in der Wirtschaft ein Umdenken gibt. Ich bin auf jeden Fall der Auffassung, dass Tierversuche weiter reduziert werden müssen. Und zwar immer dort, wo es wissenschaftlich geprüfte Alternativmethoden gibt, um wissenschaftliche Fragen zu klären oder die Gefährlichkeit von Stoffen für den Menschen zu bewerten.
Außerdem brauchen wir über den Bereich der Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen hinaus klare Anstrengungen in der Wirtschaft, zu neuen Methoden der Überprüfung von Medikamenten etc. zu kommen. Was in den großen Wissenschaftsorganisationen und in den Universitäten und Hochschulen schon sehr intensiv diskutiert wird und zu neuen Konzepten und Verabredungen geführt wird, muss auch für die Wirtschaft die Regel werden.
Wie in jedem politischen Gebiet gibt es auch in unserem Bereich Forschung ausgesuchte Spezialisten für diese Fragen. Dies sind für die SPD–Bundestagsfraktion im Bereich Bildung und Forschung der Kollege René Röspel und die Kollegin Elfie Scho-Antwerpes. Auf Initiative von René Röspel, der sich schon sehr lange mit dieser Thematik befasst, haben wir gegenüber unserem Koalitionspartner in den letzten Jahren eine Verstärkung der Mittel für alternative Wege zur jetzigen Praxis der Tierversuche durchgesetzt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert seit ca. 30 Jahren den Förderschwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierversuch“. Über 500 Projekte sind mit über 160 Millionen € seitdem gefördert worden https://www.bmbf.de/pub/Alternativmethoden_zum_Tierversuch.pdf.
Es besteht weiterhin großer Handlungs- und Forschungsbedarf für die Entwicklung von Alternativmethoden, und unsere Experten begrüßen den von Ihnen erwähnten niederländischen Ansatz.
Der niederländische Abbauplan „Transition to non-animal research“ schlägt verschiedene Maßnahmen vor, mit denen die Niederlanden bis 2025 Weltführer in Innovationen ohne Versuchstiere werden könnten. Die Ausrichtung des niederländischen Plans stimmt prinzipiell mit der überein, die die SPD verfolgt. Diesen Weg wollen wir als SPD in der nächsten Wahlperiode konsequent fortsetzen. In diesem Rahmen bin ich selbstverständlich bereit, die Entwicklung von tierversuchsfreier Forschung zu unterstützen. Auf diesem Wege und in den einschlägigen Anhörungen in den zuständigen Bundestagsausschüssen sind ich und meine Kollegen/-innen natürlich auch bereit, Wissenschaftler und Ärzte anzuhören, die Tierversuche ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Kreis Pinneberg