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Frage von Frank H. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Frank H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Rossmann,

folgende Gegebenheit mit sowohl bildungs- als auch rechtspolitischem Bezug möchte ich gerne über Abgeordnetenwatch.de an Sie herantragen und versuche mich dabei bewusst kurz zu fassen:

Im gesamten Bildungssystem der Bundesrepublik gibt es das Rechtsinstitut (ich nenne es einfach mal so) des „endgültigen Nicht-Bestehens“. Demnach gibt es für die Kandidaten nur eine begrenzte Anzahl von Prüfungsversuchen (meist 2), um zu einem bestimmten Bildungsabschluss zu gelangen. Das gilt praktisch durchgehend von Schul- über Berufs- bis hin zu Studienabschlüssen. Wer „endgültig“ nicht besteht, kann den betreffenden Abschluss in Deutschland lebenslang nicht mehr erwerben.

Worin liegt aber der „Grund“, die (dogmatische) Berechtigung einer solchen Regelung? Ist es politisch richtig bzw. vertretbar, dass jemand wegen gescheiterten Prüfungen Berufswege (im Extremfall gar grundlegende Schulabschlüsse!) für immer versperrt werden, obwohl zu späterem Zeitpunkt die erforderlichen Voraussetzungen vielleicht vorhanden sein könnten?

Es erscheint zwar einleuchtend, von Seiten des Gesetzgebers verhindern zu wollen, dass jemand mehrfach unbedarft in Prüfungen hineingeht, bis irgendwann zufällig ein bestimmter Teil des Prüfungsstoffes abgefragt wird – aber wäre da nicht eine Sperrfrist die bessere Lösung (ich denke da an ca. 5 bis 10 Jahre)?

Dem Normalbürger in der Laiensphäre ist es jedenfalls nur schwer plausibel zu machen, dass selbst zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Schwerverbrecher aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Bewährungschance nach regelmäßig 15 Jahren erhalten, ein negatives Prüfungsurteil aber tatsächlich lebenslänglich gilt.

Mich würde dazu einfach mal Ihre Meinung als Fachpolitiker interessieren!

Mit freundlichen Grüßen

Frank Heuß

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Heuß,

herzlichen Dank für Ihre Mail, in der Sie das „endgültige Nichtbestehen“ nach zwei - drei Versuchen im Prüfungswesen unseres Bildungssystems kritisieren.

Das Prüfungswesen liegt sowohl im Schul- als auch im Hochschulwesen in der Zuständigkeit der Länder. Lediglich die Prüfungen in der Beruflichen Bildung fallen unter die Bundeszuständigkeit. Sie berühren aber wenig unsere Arbeit hier im Bundestag, da wir uns als Bundestagsabgeordnete eher mit den groben Linien im Bildungssystem beschäftigen und nicht jedes Detail aus der Praxis (für das hier die IHKs und die Handwerkskammern zuständig sind) beleuchten können.

Nichtsdestotrotz möchte ich Ihnen eine Einschätzung aus meiner persönlichen Sicht dazu geben:

Das endgültige Nichtbestehen nach zwei bis drei Versuchen, sei es beim Abitur, bei der Berufsausbildung oder bei den Abschlussprüfungen an der Unis, hat meiner Einschätzung nach mehrere Gründe, die ich mir aber nicht alle persönlich zu eigen machen möchte:

1. Das Erreichen einer Leistung bzw. eines Abschlusses muss immer einen zeitlichen Hintergrund haben, damit Leistungen vergleichbar sind. Es wäre sonst ungerecht und schwer vergleichbar, wenn der eine Prüfling seinen Abschluss beim ersten Mal und in jungen Jahren und der andere nach 20 Versuchen als Erwachsener im mittleren Alter erreicht hat. Dies scheint mir aber kein absolut durchschlagkräftiges Argument zu sein, weil wir ja zunehmend Lernen, Leistungen und Prüfungen im Lebenslauf wollen. Das heißt, es sollen auch Menschen im höheren Lebensalter nach Bildungsaufstieg streben können.

2. Das unbegrenzte Verweilen in bestimmten Bildungsgängen würde erhebliche Kosten verursachen, die der Staat bzw. die Bildungseinrichtungen zum Nachteil der Ausbildung junger Menschen tragen müssten.
Dieses Argument hat meines Erachtens eine gewisse Berechtigung, weshalb für Langzeitstudenten ja auch die Gebührenfrage anders gesehen werden kann. Auch gibt es selbstverständlich eine Kostenbeteiligung bei Weiterbildungsstudien. Auf der anderen Seite trete ich vehement für das Prinzip der zweiten Chance ein.

3. Letztendlich ist es auch im Interesse der Betroffenen, wenn sie nicht ewig an einem Bildungsgang festharren. Das wiederholte Nichtbestehen dürfte ja in vielen Fällen ein deutliches Zeichen dafür sein, dass sie dafür nicht geeignet sind und einen anderen Bildungsweg suchen sollten. Denn sie werden ja nicht komplett vom Bildungssystem ausgeschlossen. Einem Jurastudenten, der zwei Mal durch die Prüfung fällt, ist denke ich mehr geholfen, wenn er nach eingehender Beratung rechtzeitig ein anderes Studium oder eine Ausbildung ergreift, welche eher seinen Neigungen entsprechen, als dass er jahrelang immer wieder die gleiche Prüfung zu bestehen versucht. Auch aus der Sicht einer Sicherung des Fachkräftebedarfes wäre dies nicht erstrebenswert. Wünschenswert wäre natürlich, wenn diese fehlende Neigung oder Unfähigkeit, diese Leistungsniveau zu erreichen, nicht erst bei der Prüfung, sondern schon viel früher festgestellt würde.

Natürlich hat aber jede Regel auch ihre Ausnahmen und auch hier wäre ich dafür, dass es in wenigen begründeten Fällen Ausnahmen gemacht würden. Meines Wissens geschieht dies an machen Abendgymnasien und ich kann es mir auch in anderen Bereichen vorstellen, wenn z.B. ein abgebrochener Jurastudent sein Studium an der Fachhochschule in Wirtschaftsjura erfolgreich fortsetzt und nach einigen Jahren erfolgreicher beruflicher Praxis doch noch Rechtswissenschaften an der Hochschule zu Ende studieren will, weil es für seine beruflichen Aussichten erforderlich ist.

Soweit meine Einschätzung zu Ihrer Frage. Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar kontroverse Aspekte bzw. Sichtweisen zu Ihrem Thema näher bringen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB