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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Mike T. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Mike T. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Rossmann,

Am 09.11.2009 hat die Bundesregierung im Kabinett das Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen.

In diesem Gesetz wird auch die Erhöhung des Kinderfreibetrages und des Kindergeldes geregelt.
Nach dem Gesetzentwurf soll das sächliche Existenzminimum von 1.932 Euro auf 2.184 Euro angehoben werden.Der Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 für minderjährige Kinder wird seit dem 01.01.2008 aus dem sächlichen Existenzminimum des Kindes berechnet.
Das bedeutet für mich als Unterhaltzahlender, dass sich der Kindesunterhalt in meinem Fall von 295€ auf 334€ erhöht, was einer Steigerung von satten 13% !!!!!!!!!!! entspricht.

WO BITTE BLEIBT DA DIE GERECHTIGKEIT?????????

Mir bleibt dadurch ein Betrag von 900€. Davon soll ich mein gesamtes Leben bestreiten,d.h.

Wohnung
Auto(zur Arbeit)
Lebenshaltung
GEZ-Beiträge
Privathaftpflichtversicherung

und wenn es nach den teilweise realitätsfremden Vorstellungen einiger Politiker geht, auch noch

Altersvorsorge (Riester)
Krankenzusatzversicherung
Zahnzusatzversicherung
Zuzahlungen bei Arztbesuchen(Praxisgebühr, Medikamente)

Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
und das alles von 900 Euro??????

Was ich interessant finde:warum wird der Kindesunterhalt an das Steuerrecht angelehnt, ich aber diese "dauernden Lasten" steuerlich gar nicht in Ansatz bringen kann???

Ich möchte nicht falsch verstanden werden, ich gehöre zu den Vätern, die immer Unterhalt gezahlt haben und dies auch in Zukunft vorhaben weiterhin zu tun.Aber das bitte mit vernünftigem Augenmaß !

Und schreiben Sie mir jetzt nicht, Sie können zu speziell meinem Einzelfall nichts sagen.Da bin ich längst nicht allein !

Müssen wir unterhaltzahlenden Väter es hinnehmen, dass wir im Alter Sozialfälle sind, obwohl wir unser ganzes Leben lang immer gearbeitet haben??

Nein, das müssen wir nicht!!
Was meinen Sie dazu??
Für eine Anwort auf diese für uns wichtige Thematik bedankt sich

Mike Tribiger

Portrait von Ernst Dieter Rossmann
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Tribiger,

herzlichen Dank für Ihre Frage zu den unterhaltsrechtlichen Folgen des von der Bundesregierung geplanten sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetzes.

Ich muss meiner Antwort vorwegstellen, dass ich selbst kein Jurist bin und Ihren konkreten Fall nicht umfänglich kenne, insofern kann ich zu den konkret von Ihnen genannten Zahlen nichts sagen. Dazu fehlen u.a. die Angaben über Ihr Einkommen, ggf. bestehende weitere Unterhaltsverpflichtungen und ihre sonstige steuerliche Situation. Über die Folgen für Sie speziell sollten Sie sich gegebenenfalls nach Verabschiedung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes rechtsanwaltlich beraten lassen.

Der von Ihnen genannte Zusammenhang zwischen dem Anstieg des sächlichen Existenzminimums einerseits und dem Mindestunterhalt minderjähriger Kinder andererseits ist jedenfalls zutreffend. Durch die Erhöhung des Kinderfreibetrages im Zuge des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes dürfte auch der zu zahlende Mindestunterhalt ansteigen. Hier muss allerdings eine Gesamtbetrachtung gemacht werden, denn höhere Unterhaltszahlungen werden zumindest anteilig ja durch das erhöhte Kindergeld bzw. die steuerliche Ersparnis durch den erhöhten Kinderfreibetrag ausgeglichen. So würde sich durch die geplante Kindergelderhöhung z.B. beim ersten Kind von 164 auf 184 Euro monatlich der zu zahlende Unterhaltsbetrag um die Hälfte der Erhöhung, also um zehn Euro, verringern. Sollte Ihr Einkommen so hoch sein, dass die Inan-spruchnahme des Kinderfreibetrages für sie steuerlich günstiger ist, haben Sie entsprechend höhere Steuererleichterungen.

Die Erhöhung Ihrer Unterhaltspflicht dürfte also netto geringer sein als von Ihnen hier dargestellt. Nichtsdestotrotz haben Sie natürlich Recht, wenn Sie kritisieren, dass in der Darstellung der Bundesregierung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz überhaupt nicht vorkommt, dass hier durch die erhöhten Unterhaltsbelastungen für bestimmte Personengruppen zusätzliche Belastungen entstehen können anstelle der von der Bundesregierung propagierten Entlastungen.

Ich möchte mich deshalb für den Hinweis von Ihnen und auch vielen anderen Einzelpersonen und Verbänden aus dem familienpolitischen Bereich bedanken. Am Montag, 30.11.2009 wird zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz eine Anhörung stattfinden. Ich habe unsere fachpolitischen Experten auf den von Ihnen geschilderten Sachverhalt aufmerksam gemacht und mir wurde zugesichert, dass dieser in die Anhörung einfließen wird.

Aus den oben beschriebenen Auswirkungen der Erhöhung des Kindergeldes bzw. des Kinderfreibetrages geht übrigens auch schon mein Hauptkritikpunkt an den familienpolitischen Bestandteilen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes hervor. Wegen der progressionsabhängigen Wirkung der Kinderfreibeträge begünstigt deren Anhebung vor allem Bezieher hoher Einkommen. Dies wird insgesamt kaum zu mehr Konsum, sondern vor allem zu einer höheren Spartätigkeit bei diesen gutverdienenden Familien führen. Im Unterschied dazu kommt die angestrebte Stärkung der Familienförderung Kindern aus Familien, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind, überhaupt nicht zugute, da es hier auf die Transferleistungen angerechnet wird. Die Anhebung der Steuerfreibeträge ist deshalb weder sozial gerecht noch ein Beitrag zur Wachstumsstärkung.

Auch die weiteren Bestandteile des Wachstumsförderungsgesetz sind meiner Ansicht nach fragwürdig. Hier wird Geld an der falschen Stelle ausgegeben und damit kein weiteres Wachstum gefördert, sondern nur Steuerausfälle verursacht. So werden tiefe Löcher in die öffentlichen Haushalte gerissen und insbesondere die Fähigkeit von Länder und Kommunen zur Finanzierung öffentlicher Investitionen weiter eingeschränkt. Das schwarz-gelbe Gesetzesvorhaben verschlechtert insoweit die Bedingungen für eine echte Wachstumsbeschleunigung.

Ich werde deshalb dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung
nicht zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB