Frage an Ernst Dieter Rossmann von Guntram S. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Rossmann,
leider haben Sie den Kernpunkt meiner letzten Frage nicht beantwortet.
Sie sehen in einer Scheidung oder Trennung eine emotionale Problematik, die durch "professionelle Hilfe" gelöst werden soll.
Ich sehe jedoch in einer Scheidung einen oft unnötigen Ressourcenstreit, der ausbricht, weil das Kind zum Druckmittel des Betreuenden instrumentalisiert wird, um den materiellen Status zu halten. Dies hat mit dem Machtgefälle in der Ausübung des Sorgerechtes zu tun, dass durch die Trennung entsteht.
Da mir weniger das Geld wichtig ist, möchte ich wissen, was die SPD konkret in der kommenden Legislaturperiode unternehmen wird, um Kinder besser vor Intrumentalisierung (Umgangsboykott) und Entfremdung vom Vater zu schützen, als das zur Zeit offenbar praktiziert wird, und wie Sie zukünftig sicherstellen, dass Väter nicht nur ein Sorgerecht auf dem Papier, sondern REAL haben.
Können Sie mir darauf schon eine konkrete Antwort geben?
Sehr geehrter Herr Seiss,
herzlichen Dank für Ihre Anschlussfrage vom 27.06.09.
Zum „Kernpunkt“ Ihrer Frage hatte ich Ihnen schon im Dezember 2008 ein paar Zeilen geschrieben.
Der § 1626 BGB besagt im Absatz 3, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehört. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.
Im Mittelpunkt steht also das Wohl des Kindes. Regelmäßig folgt daraus eine Umgangsregelung, die den Umgang mit beiden Eltern vorsieht und die beide Eltern einvernehmlich treffen. Wenn dies nicht möglich ist, wird entsprechend durch das Familiengericht entschieden.
Es ist also keine Frage der politischen Parteien, wie das Umgangrecht in der Praxis und in jedem konkreten Fall genau geregelt wird, sondern eine Frage der Justiz. Gesetzlichen Regelungsbedarf sehe ich hier nicht.
Ich kann hierbei nur aus meiner Antwort vom Dezember 2008 wiederholen: Wenn Sie mit den konkreten getroffenen Entscheidungen in Ihrem Fall unzufrieden sind oder Sie der Meinung sind, dass durch die Mutter dagegen verstoßen wird, möchte und muss ich Sie auf die Rechtsberatung bei einem Rechtsanwalt verweisen, um gegebenenfalls hier juristisch dagegen vorzugehen.
Darüber hinaus möchte ich klarstellen, dass ich nicht – wie Sie behaupten – in jeder Scheidung oder Trennung eine emotionale Problematik sehe, die durch „professionelle Hilfe“ gelöst werden soll. Scheidung und Trennung kann auch sehr friedlich und sachlich erfolgen. Die „professionelle Hilfe“ oder eine Familienmediation sehe ich als Lösung, wenn die Fronten so verhärtet sind, dass keine zum Wohle des Kindes sachliche und friedliche Regelung des Umgangs- und Sorgerechts möglich ist. Aus dieser „professionellen Hilfe“ könnten dann meines Erachtens nicht nur die Kinder, sondern auch beide Elternteile als Gewinner raus gehen.
Ich hoffe, dass ich mich dieses Mal deutlicher ausgedrückt habe und Sie meine Argumentation verstanden haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB