Frage an Ernst Dieter Rossmann von Karl Heinz J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr gehrter Herr Dr.Rossmann,
zunächst möchte ich für mich feststellen, daß "FS-Duell" der beiden Kandiaten am Sonntag war für mich enttäuschend, da nur über altbekannte Themen viel gesprochen, aber wenig Neues gesagt wurde. Es war mehr eine Personality-Show!
Vermißt habe ich konkrete Aussagen.
Zum Thema Arbeitsmarkt wurde die Hartz 4 Reform kurz so dargestellt, als ob seit April d.J. positive Impulse erkennbar seien. Nicht erwähnt wurde, daß viele 1€ Jober bei den Behörden und öffentlich rechtlichen Arbeitgebern auch Arbeiten verrichten müssen, die eigentlich von Beschäftigten des 1.Arbeitsmarktes auszuführen sind.(Beispiele sind Ihnen sicherlich bekannt, Pflegevers., staatl.Gartenbau usw.) Viele Arbeitsplätze wurden im Hinblick auf die 1€ Jobs vorsorglich garnicht erst besetzt oder wurden abgebaut. Diese Arbeit müssen von 1€ Jobern erledigt werden ohne Aussichten auf Übernahme in den 1. Arbeitsmarkt.
Warum hat Herr Schröder verschwiegen, daß die Kosten für fehlerhafte Software inzwischen in den zweistelligen Millionenbereich gehenden. Ein Ende ist weder zeitlich noch kostenmäßig abzusehen. Fehler in der Überweisung der Krankenkassen- beiträge und Verzögerungen in der Auszahlung sowie Fehler in der Berechnung des Arbeitslosen- bescheides ist aber noch schlimmer für Hartz 4 Emfänger. Die Forderungen sind gestellt, wo bleibt das Fördern? Das frustrierte Schlange stehen bei der Arbeitsagentur spricht Bände.
Viele Gesetze die in den letzten beiden Legislaturperioden verabschiedet wurden, waren mit der heißen Nadel gestrickt und mußten nachgebessert werden. Welche Gewißheit habe ich in Zukunft, daß Gesetze sorgfältiger erarbeitet werden?
Ich würde mich freuen, wenn Sie speziell meine kritischen Anmerkungen praxisnah beantworten würden und sich nicht auf pauschale Feststellungen zur Hartz 4- Reform zurückziehen würden.
Das Reformen erforderlich sind stelle ich nicht in Abrede, nur sozial ausgewogen müssen sie sein.
Mit freundlichem Gruß
K.H.Jänschke
Sehr geehrter Herr Jänschke,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 06.09.05 über kandidatenwatch.de .
Fernseh-Duelle, die die TV-Sender als Wahlkampfmittel aus den USA importierten, haben in der Tat nichts Apokalyptisches in dem Sinne, dass dort neue bahnbrechende inhaltliche Botschaften verkündet werden. Sie sind eher eine Darstellung der Persönlichkeit und der Überzeugungskraft der Spitzenkandidaten bzw. die Prüfung der Schlagfertigkeit und der Souveränität im Umgang miteinander und im direkten Vergleich. Ansonsten sind die Inhalte in einem Duell nicht höher zu bewerten als Inhalte in Kundgebungen, Interviews, Wahlprogrammen, Presseberichten etc. In so fern tut es mit Leid für Sie, dass Sie zu hohe Erwartungen daran gesetzt haben. Nicht desto trotz hat unser Kanzler schon konkrete Antworten gegeben über seine politischen Ziele. Er hat sogar versucht, dem Zuschauer die gesamte Gentechnik-Gesetz-Problematik konkret zu erläutern.
Sie sprechen Hartz IV an: Die Hartz-IV-Reform ist kein Jahr alt. Sie muss erst wirken. Es muss Zeit, Ruhe und mehr Sicherheit in die Arbeitsmarktreform gebracht werden. Während dieses Prozesses sind wir immer wieder bereit, Korrekturen vorzunehmen da, wo sie sinnvoll erscheinen. Wir haben z.B. die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert, den Freibetrag für die Kindersparbücher erhöht, die Anrechnung der Eigenheimzulage begrenzt etc. Wir wollten auch den längeren Bezug von ALG I für ältere Arbeitslose um 2 Jahre verlängern und eine Ost-West-Angleichung schaffen, aber dies hat der CDU-geführte Bundesrat mit seiner Blockade verhindert. Ich persönlich strebe auch eine bessere Berücksichtigung der Beitragsjahre in der Arbeitslosenversicherung an, wenn es darum geht, wer wie lange ALG I bekommt. Außerdem müssen wir die Kontrolle der Ich-AGs und der Verwendung der Vermittlungsgutscheine verbessern, damit hier die Maßnahmen des Gesetzgebers wirklich dazu führen, dass neue Arbeitsplätze entstehen.
Die ersten Anzeichen von Wachstum sind in unserem Land schon da. Wenn die Wirtschaft auch ein wenig mehr Verantwortung übernimmt und mitzieht, werden die Hartz-Reformen wirken. Es ist eine Frage der Zeit und der Kooperation aller daran Beteiligten.
Bei den 1-Euro-Jobs haben wir die Kriterien der Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit klar formuliert, die genau dies vermeiden sollen, nämlich, dass reguläre Beschäftigung verdrängt wird. Hier liegt die Verantwortung an der Bundesagentur für Arbeit und an den Kommunen zu prüfen, ob die Kriterien erfüllt werden. Wenn Sie hier konkrete Fälle des Missbrauchs kennen, schreiben Sie mich an, dann gehe ich der konkreten Sache nach.
Die fehlerhafte Software bei der Umstellung auf Hartz IV ist selbstverständlich sehr bedauerlich und hätte nicht passieren dürfen. Aber jede große Umstellung bringt zwangsläufig Startprobleme mit sich, die hier – Sie haben Recht – zu gravierend waren.
Sie werfen uns vor, dass wir viele Gesetze „mit heißer Nadel gestrickt haben“. Es ist wahr, dass wir in den letzten Jahren sehr viele Reformen in die Wege geleitet haben, für die wir mehr Zeit gebraucht hätten. Aber die Probleme haben so gedrängt, dass alle nach unmittelbaren Lösungen geschrieen haben. Da kommt eine Bundesregierung und das Parlament schon in die Bedrängnis, schnell zu handeln, sonst wirft man den Verantwortlichen Untätigkeit und Langsamkeit vor. Das ist die andere Seite der Medaille, die den Bürgern oft nicht bewusst ist. Der Weg der Agenda 2010 ist meines Erachtens im Grundsatz der richtige, auch, wenn ich im Detail einige Kritikpunkte habe. Grundsätzlich gilt aber, dass wir der Strukturreform auch Zeit lassen müssen, ihre Wirkung zu entfalten.
Auch, wenn es insgesamt ein schwieriger Weg ist, kann jede Unterstützung dabei wichtig sein, um die ich auch bei Ihnen nur werben kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB