Frage an Ernst Dieter Rossmann von Nils L. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Rossmann,
Was geschieht in Zukunft mit dem Meisterbrief?
Wird er wieder Pflicht in allen Bereichen des Handwerks, um Ausbildungsplätze zu erhalten und um eine professionelle Ausbildung zu erreichen? Was geschieht um das Ansehen des deutschen Handwerks zu erhalten/ wieder zu erlangen? Wie wird es dem Handwerk ermöglicht, eine attraktive Ausbildung zu bieten und das Intresse der Auszubildenden zu wecken?
Mfg N. Läpple
Sehr geehrter Herr Läpple,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 04.09.05 über kandidatenwatch.de .
Die rot-grüne Bundesregierung hat aus wirtschafts- und europapolitischen Gründen das alte schwerfällige Handwerksrecht zum 1. Januar 2004 reformiert. Dies war notwenig, weil unser Handwerk unter Wettbewerbsnachteilen innerhalb der EU gelitten hat; außerdem sollte ein Beitrag zu mehr Gewerbefreiheit und mehr Flexibilität in einem bisher eng regulierten Markt geleistet werden. Existenzgründungen und Betriebsübergaben sind nun unbürokratischer und schneller möglich. Mit der Novelle der Handwerksordnung konnte ein Markt für einfache handwerkliche Leistungen entstehen, die bislang häufig durch Schwarzarbeit erbracht wurden. Vom jetzt breiteren Angebot an legalen handwerklichen Leistungen zu bezahlbaren Preisen profitieren auch die Kunden bzw. die Verbraucher. Man kann nicht einerseits mehr Bürokratieabbau fordern, andererseits aber die Meisterpflicht wieder ausbauen wollen. Bei 41 Handwerksberufen mit einer besonderen Gefahrenneigung haben wir den Meisterzwang erhalten, um die Kunden bzw. die Verbraucher zu schützen. Insgesamt ist das neue Handwerksrecht ein Ergebnis des Vermittlungsausschusses, welches auch die CDU/CSU und die FDP als Kompromiss mitgetragen haben.
Erste Untersuchungen, unter anderem des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, haben ergeben, dass die Reform der Handwerksordnung eine kleine Gründungswelle hervor gebracht hat. Die Zahl der Handwerksbetriebe in Deutschland ist im vergangenen Jahr (2004) um 4,8 Prozent gestiegen - ein erfreuliches Ergebnis. Sogar die Anzahl der Betriebe mit Meisterverpflichtung ist um 1,3% gestiegen, was ich besonders erfreulich finde. Der Einnahmerückgang war 2004 mit 1,5% geringer als 2003 (3%).
Das neue Handwerksrecht hat auch nicht, wie befürchtet wurde, zum Rückgang der Ausbildungsverhältnisse in den neuen meisterfreien Handwerken geführt. Bei den Fliesenlegern waren es z.B. 2004 zwar 70 Ausbildungsplätze weniger, dafür gab es aber bei den Gebäudereinigern 383 mehr.
Angesicht dieser positiven Entwicklungen werden wir kurzfristig nicht in eine erneute Novellierung der Handwerksordnung eintreten. Wir sind der Auffassung, dass auch diese Reform ihre Wirksamkeit erst entfalten muss. Die Überlegungen der CDU und der FDP dies zu tun, gefährden Zehntausende von neuen Existenzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Dieter Rossmann, MdB
P.S.: Meister-BAföG
In diesem Zusammenhang möchte ich noch erwähnen, dass die rot-grüne Bundesregierung mit der grundlegenden Reform des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) zum 1. Januar 2002 die Förderung von fortbildungswilligen Fachkräften und angehenden Existenzgründern wesentlich verbessert und den individuellen Rechtsanspruch auf Förderung von beruflichen Aufstiegsfortbildungen deutlich ausgebaut hat. So wurden z.B. der Kreis der Geförderten und der Anwendungsbereich der Förderung ausgeweitet, die Förderkonditionen für alle Teilnehmer deutlich verbessert, die Familienkomponente ausgebaut, ein stärkerer Anreiz zur Existenzgründung gegeben. Ebenfalls konnten die Förderung für Ausländer verbessert und die Beantragung und Bewilligung der Förderung vereinfacht werden.
In ihrer Summe waren diese Einzelmaßnahmen sehr erfolgreich: Die Fördersumme des so genannten Meister-BAföGs konnte von 176,2 Mio. € in 1998 auf 378,6 Mio. € in 2004 gesteigert werden, das ist ein Plus von knapp +115 Prozent. Damit konnte auch die Zahl der Geförderten um über +146 Prozent von 56.967 (1998) auf nun 133.018 (2004) erhöht werden. Immer mehr Frauen nutzen das Meister-BAföG: 31 Prozent der Geförderten 2004 waren Frauen, das ist allein gegenüber 2003 ein Anstieg von +14 Prozent. Das neue Meister-BAföG ist ein großer Erfolg für die SPD-geführte Bundesregierung.