Frage an Erika Wiedmann von Wolfgang I. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Wiedmann,
wir sind vier Schüler der 9. Klasse der Westschule Heidenheim und haben für die Projektprüfung das Thema „Landtagswahl Baden-Württemberg 2011“ ausgesucht.
Wir bewerten unter anderem die Programme der in unserem Wahlkreis antretenden Parteien und haben dazu noch die vier folgenden Fragen:
1. Sind Sie für den Bau der neuen Bahnstrecke von Ulm nach Stuttgart?
2. Können Sie uns drei Argumente nennen, warum gerade junge Wähler Ihnen ihre Stimmen geben sollten?
3. Wer soll Ihrer Meinung nach die Kosten für die Sicherheit bei Sportveranstaltungen tragen?
4. Wie stehen Sie zum Länderfinanzausgleich?
Bitte beantworten Sie die Fragen bis 10.03.2011.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Für die Projektgruppe, Wolfgang Isenmann
Hallo Herr Isenmann,
krankheitsbedingt kann ich Ihnen leider erst heute antworten. Einen Ghostwriter habe ich leider auch nicht, da ich mein Engagement (noch .;)) ehrenamtlich betreibe.
Das Thema Ihrer Projektarbeit finde ich äußerst spannend - die Ergebnisse würden mich interessieren. Wenn es Ihnen möglich wäre, mir Ihre Arbeit nach Abschluss per Mail zukommen zu lassen, würde ich dies begrüßen ( info@oedp-dischingen.de ).
Jetzt aber zunächst die Antworten auf Ihre Fragen:
Zu 1. Sind Sie für den Bau der neuen Bahnstrecke von Ulm nach Stuttgart?
Der ödp-Vertreter in der Regionalversammlung, Josef Wagner, meinte bereits zum Haushaltsentwurf 2003, dass die für das Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" vorgesehenen Mittel eingespart und vielmehr der Regionalverkehr ausgebaut werden solle. "Was den Fernverkehr über Stuttgart wirklich beschleunigt, ist nicht das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21, sondern eine Neubaustrecke nach Ulm und weiter nach Augsburg", so Wagner.
Die ödp kämpft für K21, Volksentscheid und ökologische Verbesserungen im Regionalverkehr. Zur Stärkung unserer Region Heidenheim befürworte ich einen Ausbau der Bahnstrecke Ulm-Stuttgart (nicht Hochgeschwindigkeitsstrecke), bei gleichzeitiger Stärkung der Brenztalbahn.
Zu 2. Können Sie uns drei Argumente nennen, warum gerade junge Wähler Ihnen ihre Stimmen geben sollten?
Die ÖDP setzt sich gerade auch für die Interessen junger Wähler ein. Hauptthemen sind hier:
a) Bildung: kostenfreies Erststudium, Kein Büchergeld, Verschlankung der Lehrpläne, kleine Klassen / Lerngruppen mit individueller Förderung
Bildung muss jedem zugänglich sein, zu jeder Zeit, unabhängig von sozialer Herkunft und finanziellen Möglichkeiten und bedarf überschaubarer Räume und beständiger Kontaktpersonen.
b)
Erziehungsgehalt: Die Leistung von Eltern (und damit jungen Familien) in der Kinderbetreuung und -erziehung endlich als Arbeit anerkennen
Dazu gehören der Ausbau von Teilzeit-Erwerbsmöglichkeiten, ein familiengerechtes Rentensystem, ein verminderter Mehrwertsteuersatz für Kinderartikel, die regelmäßige Anpassung von staatlichen Leistungen für Kinder und die Einführung eines Erziehungsgehaltes, das den Namen auch verdient. Erst dann können sich Eltern frei entscheiden, ob sie erwerbstätig sein oder zugunsten der Erziehung ihrer Kinder auf Erwerbstätigkeit verzichten wollen.
c)
Wirtschaft und Arbeit: Grundausbildung statt Jugendarbeitslosigkeit, Entlastung für Ausbildungsbetriebe
Immer noch werden arbeitslose Jugendliche ohne Ausbildungsstelle meist erfolglos zum tageweisen Berufsschulbesuch verpflichtet. Dieses System ist für alle Beteiligten höchst belastend. Solchen Jugendlichen muss eine staatlich organisierte, berufliche Grundausbildung in Vollzeit vermittelt werden.
Ausbildungsbetriebe leisten Wertvolles für die Allgemeinheit. Deshalb will die ÖDP, dass die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung für die Ausbildungsvergütung entfallen und solidarisch aus der Steuerkasse (z.B. durch eine Steuer auf Flugzeugtreibstoff) bezahlt werden. Die Prüfungsgebühren sind von den Kammern zu tragen, nicht vom Ausbildungsbetrieb.
Zu 3. Wer soll Ihrer Meinung nach die Kosten für die Sicherheit bei Sportveranstaltungen tragen?
Sport ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft. Die Rollenverteilung (und damit auch die Kostenverteilung) ist wie folgt geregelt: Der Veranstalter bzw. die die Spiele ausrichtenden Vereine gewährleisten grundsätzlich die Wahrnehmung der Aufgaben zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung innerhalb des Stadions (z. B. Ausübung des Hausrechts, Durchführung von Zugangskontrollen und Durchsuchungen, Überwachung der Stadionordnung). Bei Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Straftaten, Ordnungswidrigkeiten) trifft die Polizei die erforderlichen Maßnahmen im Sinne ihres gesetzlichen Auftrages. Meiner Meinung nach ist diese Aufteilung sinnvoll. Flankierend ist eine Intensivierung der Kooperation der Beteiligten durch anlassbezogene Besprechungen und Definieren von Sondermaßnahmen sinnvoll, um evtl. entstehende Sicherheitsprobleme im Vorfeld zu minimieren und dadurch zusätzliche Kosten zu vermeiden.
Zu 4. Wie stehen Sie zum Länderfinanzausgleich?
Das Ausgleichsvolumen Baden-Württembergs am Länderfinanzausgleich betrug im Jahr 2010 1,7 Mrd. € (+ 206 Mio. € ggü. 2009), ohne Umsatzsteuerausgleich. Der Gesamtetat des Landes Baden-Württemberg betrug knapp 35 Mrd. €, d.h. ca.20% des Landeshaushalts flossen in die ärmeren Bundesländer. Die Neuverschuldung Baden-Württembergs im Jahr 2010 belief sich auf rund 2,65 Mrd. €. Betrachtet man die durch die großen Haushaltslöcher hervorgerufene wirtschaftliche Instabilität und die hohen Lasten, die den jungen Generationen damit aufgebürdet werden, so ist eine Rückführung des Haushaltsdefizits des Landes auf Null dringend herbeizuführen:
Die Haushalte sind auf sinnvolle Einsparmöglichkeiten zu durchforsten.
Verzicht auf die Finanzierung von Prestigeobjekten Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Solidarität ist wichtig, jedoch in angemessener Höhe. Ein Zusammenschluss der traditionell ärmeren Stadtstaaten mit ihren Nachbarbundesländern würde enorme Einsparungen im Verwaltungsapparat mit sich bringen. Freilich darf die Neuordnung des Bundesgebietes nicht allein aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet werden, sondern muss auch auf die Akzeptanz der Bevölkerung stoßen, denn letztlich müssen ein oder mehrere Volksentscheide durchgeführt werden. Leider ist diese Thematik immer wieder von der politischen Agenda verschwunden, denn die betroffenen Landespolitiker haben an dieser
Debatte freilich wenig Interesse.
Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Auf Ihr Feedback freut sich
Erika Wiedmann