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Frage von Monika E. •

Frage an Erich Sturm von Monika E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Sturm,

setzen Sie sich bisher für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein? Wenn nicht, beabsichtigen Sie, sich künftig dafür einzusetzen?

Wenn ja, warum?
Wenn nein, weshalb sind Sie noch nicht überzeugt? Welche Aspekte sind Ihnen wichtig, um ein bedingungsloses Grundeinkommen nach Ihrer Überzeugung zu gestalten?

Mit freundlichem Gruß

Eine Wählerin aus der Neustadt

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Antwort von
dieBasis

Sehr geehrte Frau Elsler,

vielen Dank für Ihre Fragen. Auf dem Bundesparteitag der Piratenpartei im November 2010 in Chemnitz wurde das Parteiprogramm der Piratenpartei um folgenden Absatz erweitert:

"Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe Jeder Mensch hat das Recht auf eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe.

Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen ist das wichtigste Gebot des Grundgesetzes. Ein Mensch kann nur in Würde leben, wenn für seine Grundbedürfnisse gesorgt und ihm gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. In unserer Geldwirtschaft ist dazu ein Einkommen notwendig.

Wenn ein Einkommen nur durch Arbeit erzielt werden kann, muss zur Sicherung der Würde aller Menschen Vollbeschäftigung herrschen. Unter dieser Voraussetzung ist Vollbeschäftigung bislang ein großes Ziel der Wirtschaftspolitik. Sie wird auf zwei Wegen zu erreichen versucht: durch wirtschaftsfördernde Maßnahmen mit dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen oder durch staatlich finanzierte Arbeitsplätze mit dem vorrangigem Ziel der Existenzsicherung. Beide sind Umwege und verlangen umfangreiche öffentliche Mittel.

Wenn jedoch öffentliche Mittel eingesetzt werden, muss dies möglichst zielführend geschehen. Da das Ziel ein Einkommen zur Existenzsicherung für jeden ist, sollte dieses Einkommen jedem direkt garantiert werden. Nur dadurch ist die Würde jedes Menschen ausnahmslos gesichert. So wie heute bereits u. a. öffentliche Sicherheit, Verkehrswege und weite Teile des Bildungssystems ohne direkte Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden, soll auch Existenzsicherung Teil der Infrastruktur werden.

Wir Piraten sind der Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen eine sichere Existenz als Grundlage für die Entfaltung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Potenziale nutzen wird. Sichere Existenz schafft einen Freiraum für selbstbestimmte Bildung und Forschung sowie wirtschaftliche Innovation. Sie erleichtert und ermöglicht ehrenamtliches Engagement, beispielsweise die Pflege von Angehörigen, die Fürsorge für Kinder, unabhängigen Journalismus, politische Aktivität oder die Schaffung von Kunst und Freier Software. Davon profitiert die ganze Gesellschaft.

Die Piratenpartei setzt sich daher für Lösungen ein, die eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos garantieren und dabei auch wirtschaftliche Freiheit erhalten und ermöglichen. Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum."

Im November 2010 war das Wahlprogramm für die Bremer Bürgerschaftswahlen von uns schon verabschiedet, so dass der Beschluss von Chemnitz leider keinen Eingang mehr gefunden hat.

Innerhalb der Piratenpartei gibt es über das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) eine intensive und kontroverse Diskussion, auch innerhalb des Landesverbandes Bremen. Als Befürworter des BGE begrüße ich diese Diskussion, weil sie das Profil des BGE weiter schärft und Schwachstellen aufzeigt. Wir sehen den Diskussionsprozess noch nicht als abgeschlossen an und überlassen es deshalb den einzelnen Mitgliedern, sich für oder gegen ein BGE auszusprechen.

Ich selber befürworte ein BGE in der Höhe, dass wirklich eine sicherer Existenz und gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. Viele Modelle, besonders das sogenannte Bürgergeld der CDU oder FDP, sind nur Versuche einer weiteren Kürzung der eh schon zu niedrigen Bedarfssätze.

Das Konzept des BGE kenne ich seit dreißig Jahren und freue mich, dass es endlich in breiter Form gesellschaftlich diskutiert wird. Ich spreche mich dafür aus, weil ich davon überzeugt bin, dass ein BGE sehr viel kreatives und innovatives Potential freisetzen wird, welches wir zur Lösung der anstehenden Probleme brauchen werden. Es befreit uns zudem von der "Protestantischen Arbeitsethik" und stellt unsere materielle Weltanschauung in Frage.

Mit freundlichen Grüßen
Erich Sturm