Frage an Elvira Drobinski-Weiß von Marlene W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Drobinski-Weiß!
Mit welchen konkreten Maßnahmen würden sie dafür Sorge tragen, dass die Kosten der Bankenrettung von den Verursachern (Banken, Investmentbanken, Zweckgesellschaften, Ratingagenturen etc.)erstattet und nicht der Allgemeinheit aufgelastet werden? Welche Gesetze/Verträge sind vorgesehen, dass die Unterstützungen zurückgezahlt werden; wie werden die reichen Kapitalbesitzer beteiligt, die vorher ja hohe Renditen eingesteckt haben. Oder planen sie eher eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder Kürzung der Ausgaben im Sozialbereich?
Worin liegen nach ihrer Meinung die Ursachen des Crashs.
Welche Maßnahmen haben sie ergriffen oder sich dafür eingesetzt - nach den akuten Notfallrettungen - um eine ähnliche Krise in der (nächsten) Zukunft zu vermeiden.
Freundliche Grüße
Marlene Werfl
Sehr geehrte Frau Werfl,
vielen Dank für Ihre Fragen. Als bei Attac engagierte Aktivistin ist Ihnen sicher bewusst, dass sich ein derart komplexes Thema nicht mit einfachen Antworten darstellen lässt. Die Anzahl Ihrer Anmerkungen macht dies ja auch deutlich.
Grundsätzlich gilt, dass im Bereich der Banken in den vergangenen Jahren zahlreiche Fehler gemacht worden sind. Dies darf sich nicht wiederholen, da es nicht sein kann, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert werden. Ziel ist es, aus der Krise zu lernen - und zwar bei allen Beteiligten. Daher bleibt es richtig, dass der Staat in der aktuellen Krise unterstützend eingegriffen hat. Denn ein Zusammenbruch des gesamten Systems wäre für uns alle noch viel kostspieliger geworden. Dennoch sind neben dem Staat auch die Akteure des FInanzmarktsektors selbst gefragt. Es darf nicht sein, dass mit Titeln gehandelt wird, deren Inhalt überhaupt nicht verstanden wird.
Deswegen muss es künftig klare Regeln geben. Da der Finanzmarkt aber keine rein nationale Angelegenheit ist, müssen hier insbesondere internationale Lösungen gefunden werden. Das heißt, dass wir in der Bundesrepublik dort handeln, wo es möglich ist, etwa durch die beschlossene Stärkung der präventiven Befugnisse und der Eingriffsrechte der Bundesanstalt für Finanzaufsicht in Krisensituationen. Viele entscheidende Weichenstellungen müssen aber auf europäischer Ebene oder einer noch höheren internationalen Ebene getroffen werden. In unserem Regierungsprogramm finden Sie zahlreiche Vorschläge, um die Finanzmärkte künftig in einem angemessenen Rahmen zu halten. Sie reichen von der Regulierung der Private Equity-Fonds bis zu Begrenzung der Managergehälter. Sie hier alle auszuführen würde den Rahmen von abgeordnetenwatch sprengen. Sie finden die Details aber leicht auf der SPD-Seite im Internet.
Da Politik nicht eindimensional ist, wäre es falsch, nun einfache kausale Zusammenhänge zwischen der Krise und künftigen Maßnahmen herzustellen. Die Hintergründe vieler Maßnahmen sind komplex. Daher ist es unser Ziel, etwa die Mehrwertsteuer nicht anheben zu müssen. Es wäre aber unseriös, sie definitiv ausschließen zu können. Gerade im Zuge der Wirtschaftskrise haben wir gesehen, wie falsch Annahmen sein können. Als SPD wollen wir einen handlungsfähigen Staat, der das richtige Maß findet. Wir wollen dabei einen Staat, der niemanden überfordert, aber Schwächere nicht zurücklässt. Ein laisser-faire-Kapitalismus nach dem Motto "Wenn jeder an sich selber denkt ist an alle gedacht" ist ebenso falsch wie sozialistische Blütenträume, die durch mangelnde Freiheit und eine Überforderung des Staates seine Handlungsunfähigkeit zur Folge haben.
Das heißt, wir setzen uns weiter für sinnvoll regulierte Finanzmärkte ein, damit sich eine Finanz- und Wirtschaftskrise wie wir sie derzeit erleben nicht wiederholt. Unsere Ministerinnen und Minister haben dies auf allen Ebenen getan und werden auch weiter mit großem Nachdruck dieses Ziel verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Elvira Drobinski-Weiß