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Elvira Drobinski-Weiß
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Frage von Melanie E. •

Frage an Elvira Drobinski-Weiß von Melanie E. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrte Frau Drobinski-Weiß,

wir bewirtschaften eine Milchviehbetrieb in der Region Stuttgart und bangen aufgrund des derzeitigen Milchpreises um unsere Existens.

Nun würde mich Ihre Meinung zur aktuellen "Milchmarkt-Debatte" interessieren? Wie wollen Sie die Existens von uns Milchbauern langfristig sichern?

Mit freundlichen Grüssen Melanie Eppinger

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Eppinger,

aus persönlichen Gesprächen in meinem Wahlkreis weiß ich um die existenziellen Fragen, die die gegenwärtige Situation bei vielen Milchviehaltern aufwirft.

Die Lage ist sehr ernst. Auch ich sehe die Gefahr, dass ein dauerhaft niedriger Milchpreis unabsehbare Folgen für den Erhalt und die Pflege unserer Kulturlandschaften hat.
Inwieweit jedoch das vom Bund der Milchviehalter (BDM) geforderte System der flexiblen Milchmengensteuerung eine auch langfristig tragfähige Alternative, muss ich ernsthaft hinterfragen. Für mich ist es nicht besonders überzeugend, wenn die Hoffnung geweckt wird, dass mit einem etwas geänderten Mengensteuerungssystem langfristig ein deutlich höherer Erzeugerpreis durchgesetzt werden könnte.

Vor 25 Jahren wurde die Quotenregelung in der EU geschaffen. Weitaus länger bestehen Regelungen zur Preisstützung im Binnenmarkt und zur Absicherung der Milchpreise im Außenhandel. Wir haben die europäischen Märkte zu Lasten der Erzeuger in Drittländern abgeschottet. Die EU und die Verbraucher haben viel Geld aufgewendet, um möglichst auskömmliche Preise für Milchbauern zu sichern. Das Ergebnis war und ist unbefriedigend. Für die Fortsetzung dieser Politik gibt es deshalb weder in der EU noch in Deutschland eine realistische Mehrheit. Manche behaupten jetzt unter dem Druck der niedrigen Preise und massenhafter Proteste anderes, was nicht redlich ist.

Die europäische Agrarpolitik hat im Jahr 2003 beschlossen, sich schrittweise von den alten Instrumenten zu verabschieden. Dazu gehört auch der Ausstieg aus dem bisherigen Milchquotensystem bis 2015. Gerade im Interesse der Landwirte, die für sich, ihre Familien und ihre Betriebe langfristige Perspektiven benötigen, wäre es fahrlässig den Eindruck erwecken zu wollen, mit einer neu gestalteten Mengensteuerung seien die Probleme zu lösen.

Die SPD hat immer begleitende Maßnahmen eingefordert, um einen sanften Ausstieg aus der Milchquote zu ermöglichen. Wir dürfen in dieser Situation nicht vergessen, dass die Politik in vielen Bereichen diese begleitenden Maßnahmen auf den Weg gebracht hat. Die große Koalition hat erst kürzlich in engem Schulterschluss mit den Bundesländern ein umfangreiches Maßnahmenbündel angeschoben, um die Milchbauern direkt zu unterstützen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an folgende Maßnahmen, die der Bund und die Länder nun schrittweise umsetzen:
- Anhebung des Fördersatzes für besonders tiergerechte Haltungsverfahren von 30 Prozent auf 35 Prozent;
- Anhebung des förderfähigen Investitionsvolumens von 1,5 Mio. Euro auf 2,0 Mio. Euro;
- Aufhebung des Nachweises der Milchquote auch für Milcherzeuger, die ihre Anträge auf Investitionsförderung nach dem 31. Dezember 2006 gestellt haben.
- Darüber hinaus werden weitere Änderungen ab 1. Januar 2010 in Kraft treten: An dieser Stelle sei die Anhebung des Fördersatzes für Kooperationen von Landwirten mit anderen Partnern zur Einkommensdiversifizierung z.B. zur effizienteren Nutzung von Bioenergie genannt. Dieser steigt von derzeit 25 Prozent auf bis zu 35 Prozent
- Erhöhung der Prämie für Agrarumweltmaßnahmen einschließlich der Sommerweideprämie und des Ökolandbaus, d.h.:
- der Regelobergrenze für die Ausgleichszulage für Landwirte in benachteiligten Gebieten wird auf bis zu 200 Euro je Hektar erhöht und
- die Sommerweide-Prämie wird auf 50 Euro je Großvieheinheit angehoben.
- Vorziehen der Auszahlung von Direktzahlungen
- Senkung der Agradieselsteuer
- Liquiditätsprogramm der Landwirtschaftlichen Rentenbank

Was die konkrete Höhe des Milchpreises angeht. möchte ich folgendes anfügen: Genauso wie es im letzten Jahr jedem klar gewesen sein muss, dass die hohen Milchpreise nicht dauerhaft zu halten sind, wird der Milchpreis auch wieder auf ein höheres Preisniveau ansteigen. Agrarökonomen erwarten mittelfristig einen Milchpreis von 30 Cent und mehr. Langfristig werden sich die Milchviehalter jedoch an schwankende Preise anpassen müssen. Die 12 Cent EU-Direktzahlungen, die ein Milchviehbetrieb im Durchschnitt pro Liter Milch bekommt, sind dabei ein stabilisierender Faktor.

Politik kann unterstützen und die Rahmenbedingungen verändern. Politik kann und darf aber nicht den Eindruck erwecken, dass sie selbst tragfähige Unternehmenskonzepte entwickeln oder langfristige Zusicherungen machen könnte, für die sie keine Durchsetzungschancen sieht. Die SPD wird innerhalb ihres Leitbildes für eine Politik der Entwicklung der ländlichen Räume weiterhin dafür werben, dass die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft und insbesondere der Milchviehhalter deutlicher als bisher für Steuerzahler sichtbar werden und verlässlich vergütet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Elvira Drobinski-Weiß