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Frage von Wolfgang V. •

Frage an Elke Ferner von Wolfgang V. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Ferner,

das Betreungsgeld ist seitens der Regierungskoalition beschlossen.
Ich habe hier auf den entsprechenden Seiten im Net den Gesetztestext untersucht. Es stellt sich folgende Frage:
Wenn eine Mutter Betreungsgeld beantragt hat besteht dann weiterhin die Möglichkeit, später einen Krippenplatz zu nutzen, sofern verfügbar??
Wird das Klagerecht auf einen Krippenplatz durch den Antrag auf betreungsgeld eingeschränkt??Im gesetzestext habe ich hierzu keine hinreichende Erklärung gefunden.

Im Voraus vielen Dank für die beantwortung der Frage.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Vogt,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.

Zunächst möchte ich einmal vorausschicken, dass wir das von der schwarz-gelben Koalition eingeführte Betreuungsgeld grundsätzlich ablehnen und es nach einer Regierungsübernahme im nächsten Jahr umgehend wieder abschaffen werden. Ich halte es für falsch eine Geldleistung für die Nichtinanspruchnahme einer öffentlich geförderten Kindertageseinrichtung oder einer öffentlich geförderten Tagespflegestelle zu zahlen. Das Betreuungsgeld ist und bleibt eine milliardenschwere Fehlinvestition.

Es wäre der richtige Weg, auf die Einführung eines Betreuungsgeldes zu verzichten und stattdessen mit diesen Mitteln den Kita-Ausbau zu forcieren. Darin sind sich auch die Mehrzahl der Fachverbände und WissenschaftlerInnen die sich mit diesem Thema befasst haben einig.

Das Betreuungsgeld ist meiner Ansicht nach im höchsten Maße ungerecht. Eltern, deren Kinder in einer (öffentlich geförderten) Kita betreut werden, sollen leer ausgehen, ebenso Eltern, die Sozialleistungen (SGB II, XII oder Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz) beziehen. Eltern wiederum, die ihre Kinder privat – beispielsweise von Au pair, Kindermädchen oder in einer nicht aus öffentlichen Mitteln geförderten Kita – betreuen lassen, sollen das Betreuungsgeld erhalten.

Aber es verstößt - nach ExpertInnenmeinung - auch gegen das Grundgesetz. Folgende Gründe werden dafür genannt:

1. Das Betreuungsgeld schafft einen Anreiz für Eltern, ihr Kind nicht in eine öffentlich geförderte Kinderbetreuung zu geben. Damit verletzt das Betreuungsgeld das Gebot, dass – nach Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz – die Ausgestaltung der Kinderbetreuung Angelegenheit der Eltern ist und der Staat in diese Entscheidung nicht lenkend eingreifen darf.

2. Das Betreuungsgeld steht im Widerspruch zum Allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz). Familien, die ein staatliches Angebot wie Kitas nicht in Anspruch nehmen, dürfen nicht besser gestellt werden als Familien, die Kitas für ihre Kinder nutzen. Eine solche Regelung stellt unser gesamtes System der öffentlichen Infrastrukturfinanzierung auf den Kopf.

3. Und schließlich ist das Betreuungsgeld unvereinbar mit dem staatlichen Gleichstellungsgebot (Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz). Danach ist der Staat verpflichtet, mit positiven Maßnahmen die Gleichstellung von Frauen zu fördern – mit dem Betreuungsgeld erzielt die Bundesregierung das Gegenteil: Sie verfestigt traditionelle Rollenbilder.

Das es in den von Ihnen aufgeworfenen Fragen Lücken im Gesetzestext gibt, ist bereits unseren Fachpolitikern aufgefallen. Aber auch Rückmeldungen der für die Umsetzung zuständigen kommunalen Behörden haben uns auf Regelungslücken aufmerksam gemacht. Das zeigt, dass das Gesetz nicht nur inhaltlich sondern auch handwerklich missraten ist. Zur abschließenden Klärung, wie sich die VerfasserInnen dieses Gesetzes die Umsetzung vorgestellt haben, müssen Sie sich leider an die KollegInnen der schwarz-gelben Koalition wenden.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich auch weiterhin dem Betreuungsgeld entgegenstellen und für den weiteren Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote einsetzen - erst recht nach einer für uns erfolgreichen Bundestagswahl.

Mit freundlichen Grüßen

Elke Ferner