Frage an Elke Ferner von Hans-Hermann K. bezüglich Staat und Verwaltung
hallo Frau Ferner,
wie stehen Sie zu der Neuregelung des Wahlrechts? Finden Sie es für angebracht diesen Apparat in Zeiten drastisch steigender Lebenshaltungskosten und Kosten der Enerigiewende nochmals aufzublähen und welchen Nutzen können Sie denn daraus herleiten? Welche Antwort haben Sie auf den Vorhalt, dass es sich um nichts anders Selbstbedienung zu Lasten der Allgemeinheit handelt.
Welche Alternativen zur Neuregelung des Wahlrechts wurden denn erarbeitet und warum wurden diese nicht in Erwägung gezogen?
Oder war man bewusst mal wieder "ideenlos"?
Nicht nur ich bin der Meinung, dass hier schon wieder recht deutlich wurde, wie Politiker Probleme lösen, Statt den Grundsatz anzugehen und dieses undurchschaubare Zwei-Stimmen-Recht endlich auszusortieren, wird zur Problemlösung einfach das Parlament vergrößert. Man kann doch nicht erwarten, dass bei solchen Aktionen noch eine Akzeptanz für andere Entscheidungen, die den kleinen Mann Geld kosten, erreicht wird.
Deutschland braucht alles nur nicht ein noch größeres Parlament!!
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Hermann Kaas
Sehr geehrter Herr Kaas,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de vom 30.10.2012, die ich Ihnen im Folgenden gerne beantworte.
Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass wir endlich wieder ein verfassungsgemäßes Wahlrecht haben werden und dass die Stimme eines jeden Bürgers/einer jeden Bürgerin wieder das gleiche Gewicht haben wird. Das war mit dem von Schwarz-Gelb vorgeschlagenen Wahlrecht nicht der Fall. Deshalb hatten wir uns entschlossen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, das unsere Position bestätigt hat.
Das nun vorliegende Ergebnis ist eine Konsensvereinbarung zwischen SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen und dementsprechend nur der kleinste gemeinsame Nenner. Aber ich denke es ist auch wichtig, dass die große Mehrheit der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien diese Lösung trägt. In den Verhandlungen haben wir uns allerdings für ein Ausgleichsmodell eingesetzt, das die Größe des Bundestages niedriger gehalten hätte. Gegen dieses Modell hat sich die Union aber heftig gewehrt, weil es aus ihrer Sicht zu föderalen Proporzstörungen geführt hätte.
Ich kann verstehen, dass Sie gerade in Zeiten klammer öffentlicher Haushalte befürchten, dass der Bundestag durch die Reform übermäßig anwachsen wird und zusätzliche Ausgaben für einen größeren Bundestag den Bundeshaushalt über Gebühr belasten. Diese Sorge kann ich nachvollziehen, teile sie aber nicht. Der Bundestag wird durch die Ausgleichsmandate nicht übermäßig anwachsen. Nach derzeitigen Umfragen gäbe es 648 Sitze im Bundestag. Das sind 26 mehr als nach der letzten Wahl, Überhangmandate inbegriffen. In den Jahren 1990-2002 hatte der Deutsche Bundestag zwischenzeitlich eine Größe von über 660 Abgeordneten. Die Horrorszenarien, die Sie bisweilen in der Presse lesen konnten, sind nicht realistisch. Das räumen selbst die Autoren dieser Szenarien ein.
Im europäischen Vergleich steht Deutschland nach wie vor gut da: Jede/-r Abgeordnete repräsentiert derzeit mehr Einwohner als in jedem anderen europäischen Land. Daran ändert sich auch nach der Wahlrechtsänderung nicht viel. Mit Ausnahme von Spanien gibt es nirgendwo in Europa eine so hohe Bevölkerungszahl pro Parlamentssitz wie in Deutschland.
Auch wir sind daran interessiert, den Bundestag möglichst klein zu halten: Deshalb werden wir das Ergebnis der nächsten Wahl sorgfältig auswerten und in der nächsten Legislaturperiode gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen. Das neue Wahlrecht folgt den Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht uns gemacht hat. Es gewährleistet das gleiche Stimmrecht für alle und es ist gerecht.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Ferner