Frage an Elke Ferner von Daniela B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Ferner,
meine Frage bezieht sich auf das Thema: künstliche Befruchtungen.
Leider werden diese Versuche nur noch zur Hälfte von den Krankenkassen übernommen.
Verstehen kann ich es allerdings nicht, dass Abtreibungen übernommen werden, nicht aber das Erzeugen von Leben. Gerade, weil unser Land den Nachwuchs braucht. Die Kosten, die damit auf die Paare zukommen, sind leider nicht gerade aus der Portokasse zu zahlen.
Was sagen Sie dazu?
Sehr geehrte Frau Bour,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 18. September 2009 in der Sie die gesetzlichen Regelungen zur Übernahme der hälftigen Kosten für künstliche Befruchtungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) kritisieren.
Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) aus dem Jahr 2003 wurde der Leistungsanspruch auf künstliche Befruchtung, § 27a SGB V, neu geregelt. Seit 2004 werden drei statt vier Versuche zur Herbeiführung einer Schwangerschaft von den gesetzlichen Krankenkassen zu 50 Prozent übernommen.
Die Einschränkung der Kostenübernahme wurde seinerzeit für erforderlich gehalten, um die Ausgaben der GKV im Bereich von versicherungsfremden Leistungen - die Leistung von künstlicher Befruchtung ist eine versicherungsfremde Leistung - zu begrenzen.
Ziel der Gesundheitspolitik ist es, die medizinisch notwendigen Leistungen in der GKV nach Stand der Forschung für alle Versicherten bei einem angemessenen Beitragssatz langfristig finanzierbar zu halten. Die im Jahr 2003 getroffene Einschränkung des Erstattungsanspruches für künstliche Befruchtungen halte ich für einen vertretbaren Kompromiss.
Darüber hinaus ist es aber auch durchaus sinnvoll, darüber nachzudenken, ob - gerade unter dem Aspekt, dass gerade finanziell schlechter gestellte Paare durch den Eigenanteil oftmals davon abgehalten werden, reproduktionsmedizinische Verfahren in Anspruch zu nehmen - nicht das Element der Steuerfinanzierung in Zukunft stärker betont werden müsste.
Ob die künstliche Befruchtung beim Problem des demographischen Wandels in Deutschland tatsächlich einen nachhaltigen Beitrag leisten kann, halte ich aufgrund der leider bislang deutlich geringen Erfolgschance der Reproduktionsmedizin für eher fraglich. Die künstliche Befruchtung kann aber nicht eine familienpolitische Maßnahme mit dem Ziel der Erhöhung der Geburtenrate sein.
Zu Ihren Grundgedanken, dass die finanzielle Leistung der Krankenkasse bei Schwangerschaftsabbrüchen lieber in entsprechende Hilfeleistung für Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung transferiert werden möchte ich folgendes anmerken. Die Krankenkassen übernehmen nur bei medizinischer und kriminologischer Indikation die Kosten eines Schwangerschaftsabbruches. Dies ist auch gerechtfertigt. Alle anderen Schwangerschaftsunterbrechungen müssen entweder von den Frauen selbst bezahlt werden bzw. werden bei bedürftigen Frauen von den Ländern an die Kassen erstattet.
Anmerken möchte ich, dass das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil vom 28. Februar 2007 entschieden hat, dass die Beschränkung der GKV-Kostenerstattung für künstliche Befruchtung auf verheiratete Ehepaare nicht gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoße und nicht grundgesetzwidrig sei. Die Richter begründeten ihr Urteil unter anderem da-mit, dass sie medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Krankheitsbehandlung angesehen würde. Die Ehe ist laut Urteil der Richter "besonders geeignet", um die Belastungen und Risiken einer künstlichen Befruchtung gemeinsam zu bewältigen. In der Begründung des Bundesverfassungsgerichtes heißt es außerdem: "Die ehelichen Bindungen bieten einem Kind grundsätzlich mehr rechtliche Sicherheit, von beiden Elternteilen betreut zu werden".
Ich persönlich halte die jetzige Rechtslage für korrekturbedürftig. Die Beschränkung der Erstattungspflicht auf Ehepaare erscheint mir nicht zeitgemäß, zumal in einigen unserer europäischen Nachbarländern Künstliche Befruchtungen auch für unverheiratete, in fester Partnerschaft lebende Paare bereits (teil-)erstattet werden.
Was dringend gebraucht wird sind insbesondere gezielte medizinische Präventionsmaßnahmen, wie dies etwa auch das Robert-Koch-Institut fordert. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die darauf zielen, die Risikofaktoren für Unfruchtbarkeit, wie etwa Nikotin-, Alkohol- und Drogenmissbrauch, chronische hormonelle Störungen, aber auch Adipositas und Magersucht zu vermindern.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Ferner