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Elke Ferner
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Frage von Marc G. •

Frage an Elke Ferner von Marc G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ferner,

da Sie die Direktkandidatin meines Wahlkreises sind, würde ich Sie gerne um eine Stellungnahme zu der folgenden Aussage der EU-Medienkomissarin Viviane Reding bitten.

“Das Blockieren oder Filtern bestimmter Internet-Inhalte ist für die Europäische Union völlig inakzeptabel.” Diese Worte hat EU-Medienkommissarin Viviane Reding der chinesischen Regierung ins Stammbuch geschrieben. "

Insbesondere interessiert mich hierbei, wie diese Aussage mit Ihrem Abstimmungsverhalten bezüglich des "Zugangserschwerungsgesetzes" vereinbar ist und wieso es dennoch Pläne gibt, dieses Gesetz auf die komplette EU auszuweiten.

Mit freundlichen Grüßen

Marc Großjean

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Grojean,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 27.06.2009 über abgeordnetenwatch.de und entschuldigen Sie die verspätete Zusendung der Antwort, die leider – wie bei einigen anderen auch – durch ein Büroversehen liegen geblieben ist.

Auch vor dem Hintergrund, dass Regierungen, die die Freiheitsrechte ihrer Bürgerinnen und Bürger nicht als hohes Gut betrachten (z. B. Volksrepublik China) von der Möglichkeit der Internetsperrung Gebrauch machen, ist es mir sehr schwer gefallen, für diesen Gesetzentwurf zu stimmen.

Wobei ich natürlich einwenden muss, dass sowohl die grundlegenden demokratischen Regeln und Prinzipien, wie auch die gelebte demokratische Praxis in unserem Land einen grundsätzlich anderen Rahmen für ein solche Gesetzgebung bilden, als dies in China der Fall ist. Außerdem denke ich, ist es ein Unterschied, ob durch staatliches Handeln Menschen der Zugang zu Informationsmitteln unmöglich gemacht wird oder ob versucht wird, kriminelle Handlungen (und da sind wir uns sicherlich einig das Kinderpornografie kriminell ist) innerhalb eines ansonsten frei zugänglichen Informationsmediums zu unterbinden.

Zudem habe ich nur aufgrund der von der SPD-Bundestagsfraktion eingebrachten Änderungen diesem Gesetz zustimmen können, die da lauten:

1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips: Löschen vor Sperren:
Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur, so weit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.

2. Kontrolle der BKA-Liste und Rechtsschutzmöglichkeiten Betroffener:
Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren, soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung nicht vorliegen. Es wird verankert, dass gegen die Aufnahme in die Sperrliste der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Anders als es der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit heute erklärt hat, wird mit diesem Gremium keine Kontrollbehörde geschaffen, die die Unabhängigkeit seiner Behörde in Frage stellt. Vielmehr soll die Unabhängigkeit der Institution des Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die Unabhängigkeit des Gremiums zur Prüfung der Sperrliste beim BKA stärken und zur Wahrung der Informationsfreiheit beitragen.

3. Datenschutz:
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

4. Spezialgesetzliche Regelung mit Befristung:
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird, nicht jedoch von anderen Inhalten, werden die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert. Zudem tritt das Gesetz automatisch zum 31. Dezember 2012 außer Kraft, so dass in jedem Falle die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann. Zusätzlich haben wir eine Bestimmung aufgenommen, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann. Mit diesen Änderungen werden auch die wesentlichen Forderungen des Bundesrates, der Sachverständigenanhörung und der Netz-Community Rechnung getragen.

Dennoch bleiben natürlich grundsätzliche Bedenken gegen den Aufbau einer entsprechenden Sperrinfrastruktur bestehen, die – bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag – auch zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornografischer Inhalte genutzt werden könnte. Hier waren gerade aus der Unionsfraktion im Rahmen der Debatte Forderungen bekannt geworden, diese Sperren auch für Computerspiele, Glückspiele, extremistische Inhalte oder gar Urheberrechtsverletzungen anzuwenden. Hierzu erkläre ich, dass eine Ausweitung der Sperrinfrastruktur für andere Zwecke für mich grundsätzlich ausgeschlossen.

Der Kampf gegen Kinderpornografie im Internet ist mit dieser Gesetzgebung bei weitem nicht abgeschlossen. Die SPD wird weiterhin Gespräche – auch mit der Netz-Community – führen und darüber beraten, wie diesem ekelhaften Verbrechen effektiver das Handwerk gelegt werden kann – nach Möglichkeit ohne eine Sperrinfrastruktur im Internet. Genauso wenig wie ich Gegnern des Gesetzentwurfes unterstelle, sie würden sich zu Handlangern von Pädophilen machen lassen oder Kinderpornographie nicht bekämpfen wollen, lasse ich mir unterstellen, ich sei für eine Zensur des Internets.

Am 27. September entscheiden Sie darüber, ob nach einer Evaluierung des Gesetzes die notwendigen Änderungen erfolgen können bzw. die Regelung ausläuft oder ob CDU und CSU die Gelegenheit bekommen das Gesetz so zu verschärfen, wie z.B. Herr Bosbach sich dies vorstellt. Die SPD wird dafür sorgen, dass es dazu nicht kommt – auch wenn Sie sich das vielleicht derzeit nicht vorstellen können.

Mit freundlichen Grüßen

Elke Ferner