Frage an Elke Ferner von Hans R. bezüglich Gesundheit
Liebe Elke,
als Mitglied in den Ausschüßen für Gesundheit und Arbeit, sowie Soziales, wissen Sie bestimmt sehr gut Bescheid wenn es um die seit dem 1. Januar 2009 geltenden Regelungen zum Krankengeld geht.
Ich bin seit 2 Jahren als freie/r Journalist/in tätig ist und schockiert von den Auswirkungen der neuen Regelung:
- Die frei beschäftigten Journalisten haben an vielen Rundfunksender und an Zeitungen keinerlei Anspruch auf Entgeltfortzahlung und verlieren dadurch seit dem 1. Januar ihren Krankengeldanspruch komplett, den sie bisher ab dem 1. Krankheitstag hatten
- Gleiches gilt für die hauptberuflichen Selbständigen, die nicht in der Künstlersozialversicherung abgesichert sind, auch sie verlieren ihren Krankengeldanspruch komplett
- Die in der Künstlersozialversicherung versicherten Personen haben ihren Anspruch auf vorgezogenes Krankengeld von der dritten bis zur siebten Woche verloren
- Da der Anspruch auf Mutterschaftsgeld an den Krankengeldanspruch gekoppelt ist, verlieren viele Mütter ihren Anspruch gegenüber dem Beschäftigungsgeber
- Wahltarife, die von den Krankenkassen angeboten werden, diskriminieren unsere Mitglieder auf Grund des Alters und kosten bis zu 400 Euro für Ältere (Beispiel: GEK)
- Wahltarife binden viel zu lange (3 Jahre), haben Karenzzeiten, in denen die Versicherung nicht läuft
- Die sozialversicherungsrechtliche Rolle von Wahltarifen ist ungeklärt, die Prämien hierfür laufen auch bei Krankheit bei vielen Kassen weiter – im Gegensatz zum Grundbeitrag.
Meine Frage:
Wie können Sie dieser unglaublich unsozialen Regelung zustimmen, wenn der DJV, ver.di, die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber und sogar der Bundesrat die Rückkehr zum alten Recht gefordert hatten?
Vielen Dank
und
mit freundlichem Gruß
H. Rossbach
Sehr geehrter Herr Rossbach,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 22.06.2009 über abgeordnetenwatch.de und entschuldigen Sie die verspätete Zusendung der Antwort, die leider – wie bei einigen anderen auch – durch ein Büroversehen liegen geblieben ist.
Ich habe Verständnis dafür, dass Sie von der neuen Regelung für das Krankengeld – so wie Sie es darstellen – nicht begeistert sind. Gerne möchte ich Ihnen erläutern, wie sich die Regelung aus meiner Sicht darstellt.
Es ist richtig, dass seit dem 1. Januar 2009 hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, statt des bisherigen Krankengeldanspruchs das Verdienstausfallrisiko über einen Krankengeldwahltarif absichern müssen. Die Krankenkassen sind daher verpflichtet verschiedene Wahltarife anzubieten. Die genannte Versichertengruppe sowie unständig und kurzzeitig Beschäftigten zahlen daher seit Anfang des Jahres den ermäßigten Beitragssatz und können das Risiko eines Einkommensausfalles bei Krankheit über verschiedene Wahltarife absichern.
Für die Versicherten ist damit nach wie vor eine gleichwertige Absicherung des Entgeltausfallrisikos möglich. Zusätzlich werden damit flexible Angebote für die Versicherten ermöglicht und der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen verstärkt.
Es hat sich allerdings bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben gezeigt, dass die Vorschriften zur Vermeidung von ungerechtfertigten Belastungen der Versicherten und zur Verwaltungsvereinfachung in bestimmten Teilbereichen einer Anpassung bedürfen. Deshalb wurde im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Arzneimittelgesetzes (15. AMG-Novelle) hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen und unständig und kurzzeitig Beschäftigten als zusätzliche Option neben den Wahltarifen wieder die Wahl des "gesetzlichen" Krankengelds, also eines Krankengeldanspruchs ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit bei Zahlung des allgemeinen Beitragssatzes, ermöglicht. Damit soll unverhältnismäßigen Belastungen entgegengewirkt werden, die sich in einigen Fällen bei der Umstellung auf Krankengeldwahltarife vor allem für ältere Versicherte ergeben haben.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Vorschlag erörtert, für viele Beschäftigte im Bereich Kultur und Medien wieder einen Krankengeldanspruch ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit einzuführen. Bis zuletzt hat sich die Union einer besseren Absicherung vieler Berufsgruppen im Bereich Kultur und Medien verweigert. Die SPD hatte, wie auch der Bundesrat, eine Rückkehr zur alten Regelung vorgeschlagen, die eine Auszahlung von Krankengeld ab dem ersten Tag ermöglichte und bis zum 31. Dezember 2008 galt. Diesem Vorschlag hatten sich auch die Gewerkschaften und die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) angeschlossen.
Leider war die Unionsfraktion hierzu nicht bereit und wollte lediglich Scheinlösungen akzeptieren, ohne den Rechtsschutz der Betroffenen wirklich zu verbessern. Die SPD bedauert es sehr, keine Verbesserungen für diese Berufsgruppen realisieren zu können. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Union Unterstützung für die Kultur- und Medienschaffende nur lauthals verkündet. Wenn es dann an die Umsetzung geht, fallen ihr nur fadenscheinige Argumente dagegen ein.
Die Arbeitsgruppen Kultur & Medien und Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion haben angekündigt, sofort nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 erneut eine Initiative zur Verbesserung des Krankenversicherungsschutzes für Journalisten und Filmschaffende zu starten.
Nach meiner Kenntnis gehen aber auch die Rundfunkanstalten vermehrt dazu über, Ihren so genannten "Freien" einen Entgeltfortzahlungsanspruch in den ersten sechs Krankheitswochen einzuräumen. Ich halte dies auch für eine sachgerechte Lösung und hoffe, dass dieses Modell weitere Verbreitung findet.
Die gesetzliche Neuregelung ist zum 1. August 2009 in Kraft getreten. Vor diesem Datum abgeschlossene Wahltarife enden danach automatisch. Das heißt: auch Versicherte, die bereits einen Wahltarif gewählt haben, können sich dann für eine andere Absicherung des Risikos entscheiden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Befürchtungen etwas entkräften und Ihnen unsere Argumente verdeutlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Ferner