Frage an Elke Fein von Simon B. bezüglich Wirtschaft
Hallo Frau Fein
kurz vor der Wahl möchte ich Ihnen noch ein paar Grundsatzfragen stellen. Die Themen Umwelt und Generationengerechtigkeit tauchen im Wahlkampf fast gar nicht auf.
Auch Ihr Parteiprogramm macht keine konkreten Aussagen über diese Themen. So scheint Sie der momentane wirtschaftliche Kurs "Wohlstand durch Wirtschaftswachstum" nicht zu stören.
Jedoch wurde das Modell "Wohlstand durch Wachstum" bereits 1972 durch die Studie "Die Grenzen des Wachstums" in Frage gestellt. Mittlerweile ist klar, dass die Weiterverfolgung dieser Strategie auf Dauer nicht funktionieren kann. Momentan beträgt der globale menschliche Fußabdruck 1,4 Erden. Auch wenn wir unseren CO2-Ausstoß in den nächsten Jahrzehnten senken, werden wir spätestens in der zweiten Hälfte des 21.Jahrhunderts am Rand eines sich selbst verstärkenden Klimawandels stehen (z.B. tauende Permafrostböden setzen Methan frei, was zu weiterer Erwärmung und damit noch mehr Methan in der Atmosphäre führt ...). Dieser würde das Leben unserer Nachkommen - vorsichtig gesagt - erheblich "erschweren". Selbst wenn es nicht dazu kommt, wird es extremere Wetterverhältnisse etc. geben. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen, die der Klimawandel auf Menschen in Ländern hat,
die fast nichts dazu beigetragen haben.
Bedeutet das nicht, dass wir heute alles dafür tun müssen, Umweltverschmutzung und CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren?
Oder sollten wir das ungeschriebene Gesetz: "Unseren Nachkommen soll es mindestens genauso gut gehen wie uns" einfach verwerfen?
Es ist mir klar, dass man mit solchen unangenehmen Themen nicht unbedingt Wähler gewinnt. Allerdings stellt sich mir hier die Frage, ob Ihre Aufgabe als Politikerin nur im Gewinnen von Stimmen (durch Opportunismus?) liegt oder ob Sie als Volksvertreterin nicht auch die Verantwortung haben, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen - auch auf die Gefahr hin, dass Sie weniger Stimmen erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Simon Birmele
Liebe Frau Birmele,
vielen Dank für Ihre Frage.
Bei mir rennen Sie mit diesem Anliegen offene Türen ein. Ich sehe den Wachstumsfetischismus, der unserem gegenwärtigen Wirtschaftssystem ja inhärent ist, auch sehr kritisch, insbesondere wegen der ökologischen Folgen. Abgesehen davon scheint mir aber auch der dahinter liegende Lebens- und Konsumstil mittelfristig einigermaßen fragwürdig zu sein. Denn er beruht auf einer sehr einseitigen Überordnung materieller über nicht-materielle Werte und Lebensziele. Ich habe dazu im Rahmen des Instituts für integrale Studien bereits 2009 eine Tagungsdokumentation herausgegeben ("Wirtschaft in der Zeitenwende", download unter www.ifis-freiburg.de ).
Sie haben allerdings Recht damit, dass wir diese Thematik innerhalb der AfD noch nicht sehr ausführlich diskutiert haben, weswegen ich einstweilen nicht davon ausgehen kann, dass etwa eine wachstumskritische Position durch die Bank von den Mitgliedern geteilt wird. Dennoch werden wir diese Diskussion zu führen haben, und ich denke, ich werde nicht die einzige sein, die sich hier in dem von Ihnen angemahnten Sinn positionieren wird.
Freundliche Grüße
Elke Fein