Frage an Elisabeth Motschmann von Malte D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
mit Sorge musste ich gestern erfahren, dass die Vorratsdatenspeicherung (VDS), die jetzt Höchstspeicherungsfrist heißt, wieder eingeführt wird. Dadurch wird durch massenhafte Speicherung von Kommunikationsdaten unschuldiger BürgerInnen möglich. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um den Rechtsstaat und meine Freiheit. Nun meine Fragen:
1. Wie stehen Sie zum Gesetzentwurf? Lehnen Sie eine VDS ab? Wenn nein, warum?
2. Es gibt technische Möglichkeiten, die VDS zu umgehen, z.B. durch im Ausland stehende Telefon- oder IP-Server. Werden Sie nach Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes diese Umgehungen selber nutzen? Wenn nein, warum nicht?
3. Im Rahmen dieser Debatte fällt häufiger der Satz „Ich habe doch nichts zu verbergen“. Was ist damit gemeint?
4. Wäre es nicht konsequent, wenn man alle Kommunikationsdaten speichert, auch DNS-Profile und Fingerabdrücke aller BürgerInnen zu speichern?
Ich bedenke mich schon mal im Voraus für die Beantwortung der Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Malte Dierwald
Sehr geehrter Herr Dierwald,
mir ist bewusst, dass viele Menschen in Deutschland die Einführung einer Höchstspeicherungsfrist als Bedrohung ihrer persönlichen Freiheit ansehen. Dies ist meiner Meinung nach aber nicht der Fall, da die Bundesregierung bei der Erstellung des Gesetzentwurfes mit größter Sensibilität vorgegangen ist und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs beachtet hat.
Wir müssen sehr genau zwischen einer möglichst effektiven Bekämpfung von Schwerstkriminalität einerseits und einer möglichst geringen Beeinträchtigung der Privatsphäre der Bürger abwägen. Beides sind sehr hohe Güter, die in einem sehr engen Zusammenhang stehen: Eine umfassende Kriminalitätsbekämpfung ohne Rücksicht auf die Grundrechte der Bürger, führt zu einer faktischen Abschaffung der Privatsphäre und der persönlichen Freiheit. Eine absolute Garantie der Privatsphäre der Bürger ohne jegliche Eingriffsmöglichkeit des Staats, würde aber eine effektive Kriminalitätsbekämpfung weitgehend verhindern und so die Sicherheit der Bürger gefährden. Privatsphäre ohne Sicherheit nützt aber auch niemandem!
Eine Notwendigkeit, mich nach Inkrafttreten eines Gesetzes zur Höchstspeicherungsfrist der von Ihnen genannten Umgehungsmöglichkeiten zu bedienen, sehe ich nicht, da ich von der Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaats überzeugt bin. In anderen Staaten mag dies durchaus geboten sein.
Der Satz "Ich habe doch nichts zu verbergen" wird nur von Menschen ohne Datenschutz-Sensibilität benutzt - also nicht von mir! Im Übrigen wäre es sicherlich konstruktiver, nur ernst gemeinte Fragen zu stellen.
Dies gilt insbesondere auch für Ihre letzte Frage. Selbstverständlich könnte man all dies - und auch noch vieles mehr! - tun. Dann wäre aber die Privatsphäre unserer Bürger in einem so hohen Maße tangiert, dass man nicht mehr von einem freiheitlich-demokratischen Staat sprechen könnte und Nordkorea als Hort der Freiheit erschiene. Dies widerspräche nicht nur meinen innersten Überzeugungen, sondern auch den Wertvorstellungen des Grundgesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Motschmann
PS: Gerne verweise ich an dieser Stelle auch noch einmal auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, in der verschiedene Aspekte der Vorratsdatenspeicherung benannt werden. Link: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/047/1804764.pdf