Portrait von Elisabeth Motschmann
Elisabeth Motschmann
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Elisabeth Motschmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Wilfried D. •

Frage an Elisabeth Motschmann von Wilfried D. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Motschmann,

übermorgen findet eine weitere Abstimmung statt, ob die Zusagen Griechenlands zu Strukturreformen eine Fortsetzung der Finanzhilfen zulassen. In den letzten Jahren hat Griecheland alle Zusagen gebrochen. Griechenland ist wie ein Drogenabhängiger, der seine Oma und Eltern bestiehlt und alles verspricht, nur um weiterhin an die Droge zu gelangen.

Können Sie die Aussagen Ihrer Kollegen Bosbach und Willsch nachvollziehen?
Werden Sie ebenfalls weitere Hilfszahlungen ablehnen?
Als Abgeordnete sind Sie nur Ihrem Gewissen verantwortlich, aber Sie sollten inzwischen auch gemerkt haben, wie die Stimmung bei Ihren Wählern ist.

Ich bin auf Ihre Antwort gespannt, und werde Ihr Abstimmverhalten bei der namentlichen Abstimmung beobachten.

Mit freundlichen Grüßen

Wilfried Dobersteon

Portrait von Elisabeth Motschmann
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Doberstein,

Ihren Unmut über eine mögliche Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland durch den Deutschen Bundestag und die daraus vielleicht resultierenden Belastungen für die deutschen Steuerzahler kann ich emotional grundsätzlich nachvollziehen. Durch die Ereignisse des letzten Wochenendes, auf die ich gleich noch zu sprechen kommen werde, ist diese Frage zunächst einmal hinfällig geworden.

Dennoch möchte ich die Gelegenheit ergreifen, Ihnen meinen Standpunkt dazu zu erläutern:
Nach einem zähen Prozess schien es so, als sei die neue Regierung Griechenlands vorerst in der Wirklichkeit angekommen und habe sich gegenüber der Euro-Gruppe zu den Verpflichtungen aus dem laufenden Hilfsprogramm bekannt. Griechenland hat zudem eine Verlängerung des Programms beantragt.

Weitere Gelder aus dem laufenden Programm werden aber nur fließen, wenn die Troika aus Europäischer Kommission (KOM), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) bestätigt, dass die von der neuen Regierung vorgelegten Reformmaßnahmen einen erfolgreichen Abschluss des Programms gewährleisten. Die neue griechische Regierung hat sich Anfang des Jahres gegenüber den Euro-Partnern zur Zusammenarbeit mit den drei Institutionen und zu Strukturreformen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung bekannt. Dies scheint seit einigen Tagen nicht mehr oder nur noch extrem eingeschränkt zu gelten.

Die Vertreter der griechischen Regierung, die sich aus Linkspopulisten und Rechtspopulisten zusammensetzt, haben zuletzt nicht mehr verhandelt, sondern ihr eigenes Volk in Geiselhaft genommen und die übrigen Euro-Staaten so unter Druck gesetzt. Man könnte dies auch als Erpressung bezeichnen. So ein Verhalten ist untragbar.
Dies gilt auch für den Vorschlag eines Referendums. Die griechische Regierung will das Volk zu den Vorschlägen der Troika befragen und gleichzeitig davon abraten, diese anzunehmen. Ich habe Zweifel, ob die Regierung in dem Fall, dass das Volk die Vorschläge annimmt, die erforderlichen Sparmaßnahmen und Strukturreformen auch tatsächlich in Angriff nimmt. Insofern ist dies eine Farce, die uns - aber auch den Griechen - nicht weiterhilft. Auch das Verhalten des griechischen Ministerpräsidenten, der seinen Partnern Erpressung und Verrat an den europäischen Werten vorwirft, ist nicht dazu geeignet, Vertrauen in die griechische Regierung und ihre Bereitschaft, echte Reformen umzusetzen, zu schaffen.

Jetzt kommt es darauf an, mit der neuen Situation ruhig und besonnen umzugehen. Dabei ist Verschiedenes zu berücksichtigen:
Zunächst gilt es zu bedenken, dass ein Staatsbankrott Griechenlands mit ziemlicher Sicherheit ein Einfallstor für Russland oder China wäre, die für verhältnismäßig wenig Geld Schlüsselpositionen in einem EU-Mitgliedstaat, der dazu noch ein NATO-Mitglied ist, erhalten würden.
Auch eine politische Annäherung einer möglicherweise dann extremistischen griechischen Regierung an diese Staaten muss berücksichtigt werden. Die daraus resultierenden Folgen wären unter Umständen noch teurer für uns und Sie, den deutschen Steuerzahler.

Das Vorgehen der griechischen Regierung wird katastrophale Auswirkungen auf das griechische Volk haben. Ich denke hier an die Zahlung der Gehälter der vielen, vielen Staatsbediensteten, die Lage der Rentner, die Situation im Gesundheitswesen und an einen dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger fehlender sozialer Absicherung. Wohin das alles führen mag, kann derzeit noch nicht vollends eingeschätzt werden. Sicher ist jedoch, dass Deutschland hier humanitäre Hilfe leisten werden muss.
Vor dem Hintergrund dieser möglichen Entwicklungen ist es zu begrüßen, dass sowohl unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission (KOM), weiterhin Verhandlungsbereitschaft signalisiert haben.

Aber es gibt auch andere Aspekte, die bedacht werden müssen:
Die Stabilität des Euro wird weniger unter einem möglichen Austritt einer weniger bedeutenden Volkswirtschaft wie Griechenland leiden als unter dem Eindruck, dass hier Erpressung vor Währungsstabilität geht.

Manche Politiker sagen, dass der europäische Gedanke und die Akzeptanz Europas bei den Bürgern durch einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Gemeinschaft der Euro-Staaten - und vielleicht auch der Europäischen Union - abnehmen würde. Das glaube ich nicht!

Im Gegenteil: Die Bürger sehen dann, dass derjenige, der sich nicht an Regeln hält und auch nicht halten will, die Solidarität der Gemeinschaft nicht mehr überstrapaziert, sondern diese konsequenterweise verlässt. Dies wird das Bündnis der verbleibenden Staaten eher stärken als schwächen.

Nach der Finanzkrise 2008/2009 haben die Republik Irland, Portugal und Spanien erhebliche Anstrengungen unternommen, um Gelder einzusparen und Strukturen zu modernisieren. Dazu musste die Bevölkerung - insbesondere die Jugend - erhebliche Opfer bringen. Inzwischen haben diese Staaten zwar noch nicht die Wirtschaftsleistung von Zeiten vor der Finanzkrise erreicht, sind aber auf einem guten Weg. Der Bevölkerung dieser Staaten wäre es nicht zu vermitteln, wenn Griechenland ohne Reformen, ja noch nicht einmal ohne Reformbereitschaft, weiterhin finanzielle Unterstützung erhielte.

Besonders enttäuschend finde ich, dass Griechenland in den letzten Jahren sehr wenig dafür getan hat, um für Investoren aus der Wirtschaft attraktiv zu werden und so zumindest einen erheblichen Wettbewerbsnachteil des Landes zu beseitigen. Der Abbau der Bürokratie ist weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, vernünftige Rahmenbedingungen für Investoren - und sei es nur ein Kataster oder eine funktionierende Steuerverwaltung - sind noch immer nicht in Sicht. Die aktuelle Regierung hat es leider versäumt, die ihr zusätzlich eingeräumte Zeit für die Entwicklung von Alternativkonzepten zu den bisherigen Vereinbarungen zu nutzen. So haben wir, seit der vom Deutschen Bundestag gebilligten Verlängerung (Februar 2015), weitere wichtige Monate verloren, an der Gestaltung der griechischen Zukunft zu arbeiten. Dies ist umso bedauerlicher, da die griechische Wirtschaft wieder angefangen hatte zu wachsen. Bei der Staatsschuldenquote war die Trendwende erreicht. Nur um hier einige wenige Beispiele der positiven Entwicklung Griechenlands nach dem Hilfspaket zu nennen.

Es wird geschätzt, dass ein Staatsbankrott Griechenlands Deutschland zwischen 80 und 90 Milliarden Euro kosten wird. Dazu werden noch erhebliche Kosten für humanitäre Maßnahmen kommen. Diese Annahmen sind wahrscheinlich richtig. Ich bezweifle allerdings, dass diese Zahlen ein Argument dafür sind, der griechischen Regierung weiterhin - bis zur Aufgabe europäischer Prinzipien und vertraglicher Regelungen - entgegenzukommen. In meinen Augen ist es zweifelhaft, ob Griechenland selbst im günstigsten Fall die Milliarden Euro Unterstützungsgelder jemals zurückzahlen wird.

Dem letzten Hilfepaket habe ich trotz erheblicher Bedenken zugestimmt, da eine positive Entwicklung dieses Hilfspaketes abzusehen war. Ich bin immer der Auffassung gewesen und bin es noch, dass dort, wo ein Wille ist, auch ein Weg ist. Diesen Willen sehe ich jedoch derzeit bei der griechischen Regierung nicht.

Da ich die weitere Entwicklung nicht vorhersehen kann, kann ich Ihnen an dieser Stelle natürlich nicht verbindlich sagen, wie ich mich bei der Abstimmung in einem Fall, dessen Einzelheiten jetzt nicht bekannt sind, verhalten werde. Grundsätzlich gilt aber: Wenn Griechenland nicht an einer Einigung, die auch die Interessen der Geldgeber ausreichend berücksichtigt, interessiert ist, so müssen wir die Konsequenzen daraus ziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Motschmann