Frage an Edith Sitzmann von Hans-Joachim K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Sitzmann,
in Ihrer Antwort an mich vom 20.03.2014 schreiben Sie folgendes zur 2-MeterRegel im LaWaGe: “Um dem inzwischen landesweiten Konflikt die erste Schärfe zu nehmen, wird es unter Leitung des Petitionsausschusses und des Ausschusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz eine Anhörung geben, um die jeweiligen Argumente transparent zu machen und neue Lösungsvorschläge zu prüfen. Eingeladen werden Verbandsvertreter und -Vertreterinnen aus Radverkehr, Radsport, Wandern, Naturschutz, Tourismus, Jagd sowie Wald- und Grundbesitz.”
Die Anhörung ist mittlerweile Geschichte, und es gibt vom Petitionsausschuss eine PM in der er empfiehlt die 2MeterRegel zu behalten. Inhaltlich Argumente kommen in der PM nicht vor und die hier befragten Ausschussmitglieder schaffen es auch aktuell nicht, die Argumente “transparent” darzulegen, die für Ihre Entscheidung relevant waren. Inoffiziell bekommt man die Info, das es sich wohl um eine Absprache des zuständigen Ministeriums mit manchen Lobbygruppen handelt, denen man im Zuge der Nationalpark Gesetzte sowieso schon auf den Zehen getrampelt ist.
Können Sie als Fraktionsvorsitzende der Grünen diese Vorwürfe entkräften und mir juristisch relevante Gründe nennen, wieso in Ba-Wü, mein durch Bundesgesetz garantiertes freies Betretungsrecht auf allen Waldwegen mit dem Rad im Wald durch die 2-Meter Regel noch immer eingeschränkt wird?
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr Kleine,
Vielen Dank für Ihre Frage.
anbei finden Sie den Link zur Anhörung des Landtags: http://www.landtag-bw.de/cms/home/mediathek/videos.html#mid&92933513-a902-470b-b840-0abf832efcee
Die dort ausgetauschten Argumente haben zur Position einer über Parteigrenzen hinweg einheitlichen Meinung geführt.
Ich will Ihnen verkürzt die Argumente unserer Fraktion zur Beibehaltung der Lösung auflisten:
Bei der Waldnutzung treffen unterschiedliche Interessenlagen und Nutzungen aufeinander:
Die GrundbesitzerInnen benötigen Rechtssicherheit. Unbestimmten Rechtsbegriffe wie „gegenseitiger Rücksichtnahme“ und „gefahrloser Begegnungsverkehr“ wie z.B. im hessischen Waldgesetz, das oft zu als Vorbild herangezogen wird, werden dort nicht weiter erläutert. Für Waldbesitzer und Waldbesucher bedeutet das eine große Rechtsunsicherheit.
Erholungssuchende (SpaziergängerInnen, RadlerInnen, ...) im Wald haben ein Recht auf das freie Betreten und Interesse an einer ungestörten, sicheren Erholung. Eine gemeinsame Streckennutzung im Wald setzt voraus, dass genügend Reaktionszeit bleibt und ausreichend Raum zum Ausweichen zur Verfügung steht, das ist bei 2-m- Breite für alle Interessengruppen gegeben.
Die Jägerschaft befürchtet eine verstärkte Beunruhigung des Wildes und der Forst weitere Einschränkungen in der Waldbewirtschaftung, wenn der weit überwiegende Teil der Wege freigegeben wird.
Nichtsdestotrotz wollen wir den Sporttreibenden wie MountainbikefahrerInnen in unseren attraktiven Landschaften noch deutlich mehr - sichere und attraktive - Möglichkeiten als bisher eröffnen.
Diese Möglichkeit bietet die derzeitige Regelung. So kann die untere Forstbehörde in der jeweiligen Region Wege unter 2 Meter Breite freigeben. Dazu bedarf es einer gemeinsamen Einigung der verschiedenen Interessengruppen vor Ort über sinnvolle Wegeführung, Wegeunterhaltung und geeignete Beschilderung. Genau dieser Prozess leistet, was eine Änderung des Waldgesetzes nicht leisten kann, nämlich Konfliktprävention im Vorfeld und eine maßgeschneiderte Lösung für die Region. Der Interessenausgleich findet in der Diskussion zwischen den verschiedenen Akteuren statt, das Ergebnis sind dauerhaft tragfähige Lösungen in den einzelnen Regionen. Die Unteren Behörden sind aufgefordert, gemeinsam mit Betroffenen vor Ort nach Lösungen zu suchen.
Ich halte das für eine kluge, ausgewogene Lösung.
Ein Geschenk an bestimmte Interessengruppen ist das Beibehalten der Regelung nicht. Die Überzeugung, dass Konflikte durch einen Freibrief im Landeswaldgesetz nicht gelöst, sondern erst aufgeworfen werden und der Interessenausgleich auf regionaler Ebene eine sinnvolle Lösung ist, hat die Abgeordneten der Fraktion zu der Entscheidung bewogen.
Freundliche Grüße
Edith Sitzmann