Frage an Edith Sitzmann von Ivonne S. bezüglich Umwelt
"Fracking" der umstrittene Vorgang der Gasgewinnung aus Schiefergestein ist inzwischen wieder in die politische Diskussion gerückt. Im Koalitionsvertrag wird es folgendermaßen berücksichtigt: "[i][b]Über Anträge auf Genehmigung kann erst dann entschieden werden, wenn die nötige Datengrundlage zur Bewertung vorhanden ist und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten ist[/b][/i]."
Die Zeit hat in der vergangenen Woche die Lage in Deutschland in einem Artikel zusammen gefasst: "Richtig […] ist, dass amerikanische Verhältnisse in Europa ausgeschlossen sind. Hier will niemand binnen weniger Jahre Hunderttausende von Bohrlöchern in den Boden treiben. Es geht allein darum, ob unter strengen Umweltauflagen außerhalb von Wasserschutzgebieten erste Probebohrungen gestattet werden, um Umweltrisiken und mögliche Erträge besser einschätzen zu können – das will die Bundesregierung." (Quelle: http://www.zeit.de/2014/26/fracking-deutschland-energiewende )
Das ist natürlich sehr vage ausgedrückt. Hier ist die Rede von Probebohrungen, allerdings nicht in welchem Umfang und wie man solche Probebohrungen definiert.
Eine Datengrundlage, auf welche sich die Koalitionspartner berufen, existiert nicht und kann nach derzeitiger Gesetzeslage im Inland gar nicht erbracht werden. Folglich müsste man Fracking in irgend einer Weise zumindest zu Testzwecken genehmigen oder sich auf Langzeitstudien aus dem Ausland stützen. Jene Daten, die man braucht, könnte man aus den USA beziehen. Dafür bräuchte man also nicht bei uns damit zu beginnen. Das ergibt allerdings nur Sinn, wenn deutsche Wissenschaftler die ausländischen Frackingstudien intensiv begleiten und sich nicht auf Ergebnisse der Industrie verlassen.
Für die Parlamentarier scheint dies ein Dilemma zu sein, jedoch war das Wählervotum gegen Fracking überaus deutlich.
Werden Sie nun, wenn Fracking im Bundestag zur Disposition gestellt wird, sich dagegen oder dafür entscheiden?
Mit freundlichen Grüßen,
Ivonne Schneider
Sehr geehrte Frau Schneider,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Fracking.
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie bezüglich vager Formulierungen der schwarz-roten Bundesregierung zu möglichen Probebohrungen nach deren Umfang fragen. Ich möchte in meiner Antwort aber etwas weiter vorne ansetzen.
Es steht einerseits die Frage im Raum, ob wir die Fracking Technologie für die Gasgewinnung aus Schiefergestein überhaupt benötigen. Andererseits gilt es auch die Frage zu beantworten, ob wir eine solche Technologie überhaupt wollen, angesichts des Risikos für unser Grundwasser oder unser Trinkwasservorkommen, welches von dieser Technologie ausgeht.
Als Landespolitikerin kann ich Ihnen natürlich nur in dieser Funktion antworten und demzufolge kann ich im Bundestag auch nicht für oder gegen Fracking stimmen. Meine Position als grüne Landtagsabgeordnete in Baden-Württemberg ist aber eindeutig. Ich meine, dass die beiden Fragen klar mit Nein zu beantworten sind.
Angesichts der Tatsache, dass Fracking Gas in Deutschland nur sehr wenige Jahre zur Förderung zur Verfügung stünde (Experten sprechen von etwa 5 Jahren), ist es nicht nachhaltig oder gar sinnvoll, mit dem Einsatz dieser Risikotechnologie für einige wenige Jahre dem Ausbau der Erneuerbaren Energien den Wind aus den Segeln zu nehmen. Hier würde eine Fracking-Branche aufgebaut, die innerhalb kürzester Zeit schon wieder ihre Zelte abbrechen müsste. Dies ist auch der Grund, warum beim Thema Fracking im Grunde nur große, internationale Konzerne tätig sind, die dann mit der "Karavane weiterziehen", wenn es nichts mehr zu fördern gibt. Ich bin der Überzeugung, dass wir eine gute, nachhaltige und sichere Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien hinbekommen - daher brauchen wir auch kein Fracking Gas.
Der andere wesentliche Punkt ist der, dass beim Fracking umweltschädliche Stoffe in den Untergrund verpresst werden, die unser Grund- und Trinkwasser schädigen können. Ich bin nicht bereit, dieses Risiko in Kauf zu nehmen. Mir geht da auch das Verbots von Fracking in Wasserschutzgebieten oder die Zulassung nur ab einer bestimmten Tiefe nicht weit genug.
Eigentlich ist es ganz einfach: Umweltschädliche Stoffe haben im Erdreich, egal wo, nichts verloren. Der Landtag hat deshalb mit einer grün-roten Mehrheit Beschlüsse gefasst, über den Bundesrat auf die Bundesgesetzgebung entsprechend einzuwirken, die bestehenden Lücken in der Bundesgesetzgebung zu schließen.
Aus den genannten Gründen gilt für mich eindeutig: Nein, wir brauchen kein Fracking Gas und keine Probebohrungen.
Mit freundlichen Grüßen
Edith Sitzmann