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Edelgard Bulmahn
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Frage von Uwe D. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Uwe D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Bulmahn,

völlig verständnislos verfolge ich die die bizarre Posse zur Wahl des Bunderpräsidenten/tin. Warum in aller Welt versucht die SPD in den letztenJ ahren alles, um sich das Unverständnis der Bürger zu sichern? Wir haben einen in der Welt und bei der Mehrheit der Menschen hoch angesehenen Bunderpräsidenten, damit hätte die Debatte innerhalb der SPD beendet sein können und man hätte seine Energie auf Sachthemen konzentrieren können, die für die Bürger dieses Landes wichtig sind. Genug gibt es zur Zeit davon wahrlich.

Einige Beispiele:
- die Menschen verarmen zusehends
- die Städte und öffentliche Einrichtungen verkommen
- die Integration ist fehlgeschlagen mit der Folge eines hohen
Kriminalitätsaufkommmens und der Bildung von Jugendbanden
und Gettobildung in den Städten.
- die Energiepreise sind nicht mehr bezahlbar
- die Steuerbelastung ist enorm

Die Liste ließe sich verlängern, es gibt also für die SPD viele Sachthemen mit denen sich beim Bürger punkten ließe. Es soll ja wohl auch eine Wahl gewonnen werden, oder etwa nicht?
Wenn doch, dann an die Arbeit.

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Dallmeyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dallmeyer,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 02.06.2008 bei Abgeordnetenwatch.

Es gehört zum Wesen einer Demokratie, dass Parteien personelle und inhaltliche Alternativen anbieten und dass eine Wahl auch wirklich eine Wahl ist, über die offen diskutiert werden kann und soll.
Wir sind der Meinung, dass Gesine Schwan mit ihrer unbestrittenen fachlichen Kompetenz und großen persönlichen Ausstrahlung mehr als geeignet für das Amt des Bundespräsidenten ist. Im Übrigen wird kein Wahlkampf gegen den Amtsinhaber Horst Köhler geführt werden, denn wir respektieren seine Entscheidung, erneut zu kandidieren. Ich darf daran erinnern, dass in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon häufig mehr als ein Kandidat für dieses Amt zur Verfügung stand, im Übrigen auch bei einer erneuten Kandidatur eines amtierenden Bundespräsidenten.

Sie haben in Ihrem Schreiben einige Probleme benannt, die aus Ihrer Sicht nur unzureichend von der Politik und insbesondere der SPD beantwortet werden. Sicher haben wir bei weitem noch nicht alle Probleme gelöst, doch haben wir in den Jahren seit 1998, in denen die SPD Regierungsverantwortung übernimmt, vieles erreicht.

Um Armut zu verhindern, muss es unser wichtigstes Ziel sein, eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung zu stellen ? mit dem Ziel der Vollbeschäftigung. Gleichzeitig muss sichergestellt werden: wer Vollzeit arbeitet, muss von diesem Lohn leben können.
Durch die von der rot-grünen Bundesregierung im Rahmen der Agenda 2010 eingeleiteten Reformen haben wir eine deutliche Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt erreichen können. Die Zahl der Arbeitslosen ist aktuell auf 3,28 Millionen Menschen gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat haben 529.000 Menschen wieder einen Arbeitsplatz gefunden. Das ist ein Erfolg, auch wenn unser Ziel die weitere Senkung der Arbeitslosigkeit bleiben muss. Die Beschäftigungsquote ist im Übrigen 2007 mit 69,4 % die höchste seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland und liegt über dem EU-Durchschnitt.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Armutsbericht:
Der aktuelle Armutsbericht stellt fest, dass das Armutsrisiko von Kindern eng gekoppelt ist an die Frage, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht. Nur 4% der Kinder sind von Armut betroffen, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Dagegen liegt das Risiko bei 48%, wenn kein Elternteil einer Beschäftigung nachgeht. Berufstätigkeit und Kindererziehung miteinander vereinbaren zu können, ist daher das A und O, um Kinderarmut zu verhindern.
Das war ein Grund, warum ich selbst als SPD-Ministerin 2002 das Ganztagsschulprogramm des Bundes mit 4 Mrd. Euro auf den Weg gebracht habe ? und meine Kollegin Renate Schmidt 2004 das Ausbauprogramm für Kinderkrippen mit 1,5 Mrd. Euro. Diesen erfolgreichen familienpolitischen Weg wollen wir auch in Zukunft fortsetzen. Wir arbeiten engagiert dafür, dass unsere Gesellschaft kinder- und familienfreundlicher wird.

Der wirtschaftliche Aufschwung ist mittlerweile auch bei den Kommunen angekommen. Im Jahr 2007 erzielten diese in ihren Haushalten einen Überschuss von 8,2 Mrd. Euro und damit mehr als doppelt so viel wie noch 2006. Neben den guten konjunkturellen Entwicklungen trugen hierzu auch die vom Bund beschlossenen Maßnahmen zur strukturellen Verbesserung der Kommunalfinanzen bei, so zum Beispiel die Beteiligung des Bundes am Ausbau der Kinderbetreuung.
Die Kommunen haben größere finanzielle Spielräume erhalten, die sie nun unter anderem für die Verbesserung ihrer Infrastruktur einsetzen können. Hierbei sind sie auf die aktive Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen, die verdeutlichen, wo Prioritäten gesetzt werden müssen.

Die aus Ihrer Sicht fehlgeschlagene Integration von Migrantinnen und Migranten ist das Ergebnis einer falschen Politik vor mehr als 20 Jahren. Insbesondere in der Regierungszeit Kohl ist es unserem Land nicht gelungen, eine erfolgreiche Integrationspolitik Politik zu durchzusetzen.
Im Zuwanderungsgesetz, welches am 01.01.2005 in Kraft getreten ist, wird die Zuwanderung erstmals systematisch geregelt. Alle Neuzuwanderer, Ausländer mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland, Spätaussiedler sowie Unionsbürger erhalten ein staatliches Grundangebot zur Integration, das ihre eigenen Eingliederungsbemühungen in unsere Gesellschaft unterstützt. Kernstück der Bundesmaßnahmen sind die Integrationsmaßnahmen, bestehend aus einem Sprachkurs zur Vermittlung von Deutschkenntnissen sowie einem Orientierungskurs zur Vermittlung der wichtigsten Kenntnisse über unser Sozial- und Rechtssystem.
Erfolgreiche Integration ist eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufgaben der kommenden Jahre. Ein friedliches und partnerschaftliches Zusammenleben kann auf Dauer nur gelingen, wenn sich Einheimische und Zuwanderer mit gegenseitigem Respekt begegnen. Ein aufrichtiger Dialog schafft die Basis dafür, dass die Menschen in Deutschland ihre Zukunft als eine gemeinsame Zukunft begreifen und gestalten.

Zu Ihrem Hinweis auf die steigenden Energiepreise:
Die aktuell immer weiter steigenden Energiepreise sind auch für uns ein Grund zur Besorgnis. Diese Preise werden jedoch nicht durch die Politik, sondern vor allem durch die Energieunternehmen gestaltet. Der Wettbewerb auf den Energiemärkten ist noch immer unzureichend. Die Bundesregierung hat mit den Aufsichts- und Eingriffsmöglichkeiten der Netzagentur wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auf dem Strommarkt mehr Wettbewerb im Interesse der Kunden herrscht. Für den Wärmemarkt ist das noch nicht ausreichend gelungen. Die Unternehmen sollen ihre teilweise marktbeherrschende Stellung nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger ausnutzen können. Wir haben deshalb bereits im vergangenen Jahr ein Gesetz verabschiedet, welches den Aufsichtsbehörden effektivere Mittel an die Hand gibt, um besser gegen einen Preismissbrauch vorzugehen.
Wir investieren aber gleichzeitig auch in Maßnahmen, mit denen der Verbrauch von fossiler Energie und damit die Abhängigkeit von steigenden Energiepreisen sinkt, z.B. durch die CO2-Reduzierungsprogramme. Dies bedeutet, dass wir soziale Gerechtigkeit mit den Herausforderungen des Klimawandels und der immer knapper werdenden Ressourcen verbinden müssen.

Sie kritisieren weiterhin die aus Ihrer Sicht zu hohe Steuerbelastung in unserem Land. Für viele Menschen in Deutschland, insbesondere im mittleren und unteren Einkommensbereich, sind die Sozialabgaben ein weit größeres Problem als die Steuerbelastung. Schon heute zahlt eine Familie mit zwei Kindern unter Berücksichtigung des Kindergeldes bis zu 37.610 ? Familieneinkommen im Ergebnis keine Einkommensteuer, wohl aber ca. 7.300 ? Sozialversicherungsabgaben. Unser Ziel ist aber, dass alle am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben. Deshalb haben wir ein Konzept erarbeitet, mit dem gerade Arbeitnehmer mit niedrigen und mittleren Einkommen mehr netto behalten sollen. Wir wollen daher die Sozialabgaben für geringe und mittlere Einkommen bis auf unter 36 Prozent senken. Dies hat unseres Erachtens Priorität vor weiteren Steuersatzsenkungen. Als Gegenfinanzierung wollen wir für große Einkommen ab einem Jahresbrutto von 125.000 Euro für Ledige und 250.000 Euro für Verheiratete den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent erhöhen.

Mit freundlichen Grüßen

Edelgard Bulmahn