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Dorothee Schlegel
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Frage von Adrian B. •

Frage an Dorothee Schlegel von Adrian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Schlegel,

ich danke Ihnen für Ihre ausführliche und ehrliche Antwort.
Da die Vorratsdatenspeicherung in Frankreich nachweislich nicht funktioniert und genutzt hat, ist es schlussfolgernd unlogisch genau diese in einer abgeschwächten Art und Weise in Deutschland einzuführen um solche Katastrophen hierzulande verhindern zu können.

Nun jedoch das gesamte deutsche Volk unter Generalverdacht zu stellen ist erstens falsch und steht zudem in Kontrast zur Präsumtion der Unschuld, welche ein wichtiger Pfeiler unserer modernen Gesellschaft ist.

Jedoch kann die jetzige Regierung und auch Sie nicht dafür garantieren, dass in den folgenden Legislaturperioden die von Ihnen definierten strengen Regeln aufgrund von etwaigen Vorkommnissen verwässert werden. Besonders in diesem Fall muss Ihnen aber bewusst sein, dass nur durch kleinste Veränderung - z.B. Längere Speicherung der Geodaten - die Freiheit des Einzelnen so beschnitten wird, wie Sie es gerade verhindern wollten.

Dass die Koalition eine Linie fährt und Sie nicht das Image einer Abweichlerin bedienen wollen, ist mir bewusst. Jedoch kann unsere parlamentarische Demokratie nur funktionieren, wenn jeder Abgeordnete die Meinung der Bürger seines Wahlkreises und nicht die der Fraktion bzw. Koalition vertritt.

Ich bitte Sie mir zu erläutern, wieso die abgeschwächte Vorratsdatenspeicherung bei uns funktionieren soll, obwohl sie in Frankreich versagt hat und bei uns in Deutschland während den Jahren von 2008 - 2010 nachweislich nicht zur besseren Aufklärung von schwerwiegenden Kriminalfällen wie z.B. Mord beigetragen hat. Wieso ist es Ihrer Meinung demnach gerechtfertigt, mit diesem unnützen Vorhaben die Freiheit jedes deutschen Bürgers zu beschneiden?

Beste Grüße aus dem Main-Tauber-Kreis

Adrian Bauer

Quellennachweis Kriminalstatistik: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/152525/umfrage/entwicklung-der-polizeilichen-aufklaerungsquote-bei-mord-seit-1995/

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bauer,

danke für Ihre erneute Nachfrage. Wie Sie aus meiner ersten Antwort richtig herausgelesen haben, gehört die Vorratsdatenspeicherung nicht zu meinen politischen Lieblingsprojekten. Auch in der SPD diskutieren wir die Vorratsdatenspeicherung kontrovers, viele der Kritikpunkte teile ich.

Ehrlicherweise verweise ich aber, wie schon in meiner Antwort auf die Frage nach der PKW-Maut, auf den Koalitionsvertrag. Dort wurden sehr viele einzelne Vorhaben vereinbart. Viele Punkte stammen aus dem SPD-Programm. Darauf bin ich als SPD-Abgeordnete sehr stolz. Für jeden Punkt aus dem SPD-Programm war aber ein Programmpunkt von CDU und CSU zu akzeptieren. Manchmal besteht die bestmögliche Politik darin, wenn es gelingt, noch Schlimmeres zu verhindern. Denn die Leitlinien von Justizminister Heiko Maas, die ich Ihnen oben ausführlich dargelegt habe, fallen sehr weit hinter das zurück, was die CDU/CSU ursprünglich durchsetzen wollte.

Sie schreiben in Ihrer Frage: „Jedoch kann unsere parlamentarische Demokratie nur funktionieren, wenn jeder Abgeordnete die Meinung der Bürger seines Wahlkreises und nicht die der Fraktion bzw. Koalition vertritt“.

Meine Gegenfrage wäre: Weicht die Meinung der Mehrheit Bürgerinnen und Bürger tatsächlich von der Meinung der Fraktion oder der Koalition ab? Die CDU/CSU hat sich in ihrem Wahlprogramm für die Vorratsdatenspeicherung stark gemacht. Als SPD haben wir uns in unserem Wahlprogramm zwar für – aber eine deutlich schwächere Form – der Datenspeicherung ausgesprochen. Mit unseren Positionen konnten wir als SPD bei der letzten Wahl bundesweit leider nur 25,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler überzeugen, die CDU/CSU mit ihren Positionen 41,5 Prozent. In meinem Wahlkreis war das Zweitstimmenergebnis zu meinem großen Bedauern sogar noch deutlicher: 19,8 zu 51,9 Prozent. Die Kräfteverhältnisse im – demokratisch gewählten – Bundestag und auch in der Koalition bringen uns da nicht gerade in eine komfortable Verhandlungsposition.

Angesichts dieser Gemengelage wird deutlich, wie groß der Verhandlungserfolg von Bundesjustizminister Heiko Maas ist. Der Verhandlungserfolg ist maximal. Leider ist aber das mit der CDU/CSU maximal Mögliche nicht das Optimale für unsere Gesellschaft. Aber es wäre ja merkwürdig, wenn sich Wahlergebnisse nicht in der konkreten Politik, also der Gesetzgebung, wiederfinden würden.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ein schlechtes Wahlergebnis führt nicht dazu, dass ich meine Überzeugungen „über Bord“ werfe. Aber dass die Vorratsdatenspeicherung gegen den Willen der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in meinem Wahlkreis wäre, kann ich daraus nicht ableiten.

Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung: Zur Vorratsdatenspeicherung erreichen mich einige Zuschriften, von Befürworten genauso wie von Gegnern. Dabei verwundern mich Aktivisten, die zwar die Vorratsdatenspeicherung – und sei sie staatlich noch so gut reguliert – vehement ablehnen, aber keinerlei Bedenken haben, jede Menge persönlicher Daten, Verhaltens- und Bewegungsprofile in die Hände von privaten US-Konzernen zu geben.

Sehr geehrter Herr Bauer, fühlen Sie sich durch meine Antwort ermutigt, weiterhin Überzeugungsarbeit zu leisten. Engagieren Sie sich politisch – egal um welches Thema es geht – vor Ort bei uns im Main-Tauber-Kreis! Gerne können wir uns einmal in meinem Wahlkreisbüro in Lauda treffen. Denn ich ziehe den direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis dem doch sehr anonymen Kontakt über eine Onlineplattform vor.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dorothee Schlegel, MdB