Frage an Doris Pack von Julia N. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Pack,
mit Sorge betrachten wir im Internet die Probleme der rechtlichen Durchsetzung der Vergütung urheberrechtlich geschützter Werke, des Jugendschutzes und des Schutzes der Persönlichkeitsrechte. Der Missbrauch im Internet ist durch einen Haftungsmangel der Provider im Telemediengesetz vorprogrammiert. Ebenso weiten sich die Probleme auf die unabhängige Berichterstattung aus, die Pressefreiheit sinkt, wie "Reporter ohne Grenzen" feststellten. Das Telemediengesetz bedarf einer Reformierung, insbesondere in der Haftungsfrage der Provider und der Rechtssicherheit für Kreative und deren Urheberrechtsschutz - neben einer Ahndungssicherheit für Verbraucher bei rechtsverletzender Inhalten.
Meine Frage: Können Sie mir mitteilen, inwieweit Sie die Provider zukünftig in die Haftung nehmen wollen und werden, um diesen, immer noch weitgehend rechtsfreien Raum, unter Kontrolle zu bekommen und auch ein Marktversagen der Kreativbranche zu verhindern?
Vielen Dank vorab für ihre Antwort.
Sehr geehrte Frau Neigel,
vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie sich u.a. konkret auf das Telemediengesetz und dessen Revisionsbedarf beziehen. Da dessen Geltungsbereich auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzt ist, kann ich hierauf als Europaabgeordnete keinen direkten Einfluss nehmen.
Ohnehin dürften aber viele der von Ihnen angesprochenen Probleme aber nicht ausschließlich auf nationaler Ebene zu lösen sein, weshalb sich die europäischen Institutionen auch intensiv damit befassen. Die zu beantwortenden Fragen sind, wie Sie wissen, politisch und rechtlich überaus komplex, weshalb es nicht so schnell zu Ergebnissen kommt, wie wir alle uns dies wünschen.
Hinzu kommt, dass sich nachvollziehbare, aber eben widerstreitende Interessen der zahlreichen Akteure gegenüberstehen. Die (berechtigten) Handlungsaufforderungen an die Politik stehen sich daher bisweilen diametral gegenüber.
Das Europäische Parlament berät derzeit in mehreren Fachausschüssen den lange erwarteten Richtlinienvorschlag der Kommission über die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten. Dieser soll im Idealfall zukunftsweisend für die gesamte Kreativbranche in Europa sein wird.
Weitere Informationen zum Gesetzgebungsverfahren finden Sie hier http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=en&reference=2012/0180(COD)#tab-0 sowie auf den Seiten der beteiligten Fachausschüsse, deren Sitzungen Sie auch live verfolgen können.
Der Kulturausschuss verfasst eine eigene Stellungnahme, deren Entwurf Anfang Mai ebenfalls über den Internetauftritt des Parlaments abrufbar sein dürfte. Sie wird - ganz in der Tradition früherer Einlassungen - einen starken Akzent auf die berechtigten Interessen der Künstler legen.
Weitere rechtliche Initiativen auf EU-Ebene werden folgen. Nach meinem Eindruck ist in vielen Fragen aber der Diskussionsprozess innerhalb der EU-Kommission, die den beiden gesetzgebenden Organen Parlament und Rat ja zunächst ihre Vorschläge vorlegen muss, trotz intensiver Beschäftigung mit der Thematik noch nicht abgeschlossen.
Ob und in welchem Maße eine Providerhaftung am Ende notwendig und rechtlich überhaupt zulässig sein wird, ist für mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig absehbar.
Es mag unbefriedigend sein (und ist es auch für viele politische Mandatsträger), dass in all diesen Fragen ein sehr langer Atem gefragt ist.
Ich kann Ihnen daher aber leider keine schnelle Patenlösung versprechen, hoffe aber Sie davon überzeugen zu können, dass auf europäischer Ebene viele Akteure an langfristig tragfähigen Lösungen arbeiten - gerade auch im Sinne der Kulturschaffenden.
Mit freundlichen Grüßen
Doris Pack