Was sind - insbes. angesichts steigender Fallzahlen und impfkritischer Kommentare ihrer Parteigenoss:innen Wagenknecht und Lafontaine - ihre Vorschläge für einen sicheren Umgang mit dem Coronavirus?
Liebe Frau Achelwilm,
ihre Parteigenossin und Fraktionskollegin Sara Wagenknecht beklagte bei Markus Lanz einen "Panikmodus" in der COVID-19-Pandemie. Oskar Lafontaine ging auf seiner Website gar soweit, Impfungen für Kinder als "unverantwortlich" zu bezeichnen. Momentan steigen die COVID-19-Fallzahlen erneut stark, im Hinblick auf den Wiederbeginn der Schule in Bremen nächste Woche ist ein weiterer kräftigerer Anstieg zu erwarten. Was sind ihre Vorschläge für einen sicheren Umgang mit dem Coronavirus im kommenden Herbst und Winter?
Sehr geehrter Herr Mehl,
danke für die Frage! Für mich ist klar: Eine Impfung schützt nachweislich vor schweren Krankheitsverläufen, die Inzidienz ist bei Ungeimpften um den Faktor 10 höher, eine hohe Impfquote das beste Mittel, um schnellstmöglich einen Alltag ohne Einschränkungen zurückzugewinnen. In Bremen ist die Impfkampagne, auch im bundesdeutschen Vergleich, sehr weit fortgeschritten. Hier müssen wir weiter ansetzen, mit Informationen, um zweifelnde Menschen von der Impfung zu überzeugen. In Bremen haben sich die Impfteams bewährt, die in sozial benachteiligten Vierteln niedrigschwellige Angebote machen. Dieser Weg muss verstärkt gegangen werden. Neben den Impfungen gilt es, weiter aufs Testen setzen. Um möglichst viele Hürden abzubauen, müssen Coronatests weiterhin kostenlos sein. Menschen mit wenig Geld würden andernfalls ein weiteres Mal in der Pandemiepolitik benachteiligt.
Die Situation in den Schulen erfordert seit jeher mehr Aufmerksamkeit. Die Bundesregierung hat es versäumt, ein umfassendes, mit den Ländern erarbeitetes Konzept vorzulegen, wie die Bildungseinrichtungen im Herbst geschützt werden. Um Präsenzunterricht zu ermöglichen, sollten alle Schulen schnellstmöglich mit geeigneten und sicheren mobilen Raumluftfiltersystemen ausgestattet werden, die unabhängig von den baulichen Voraussetzungen im Schulgebäude einsetzbar sind und einen Luftaustausch ermöglichen. Auch hier ist Bremen gut aufgestellt, die Ausstattung mit Lüftungssystemen ist nahezu abgeschlossen. Was noch nicht annähernd reicht, sind die Mittel der Bundesregierung für Schüler*innen, um „aufzuholen“, das Aktionsprogramm der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ muss erweitert werden. Es braucht ganz dringend ein Programm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im Bereich soziales Lernen, Bildung, Sport, Freizeit. Das ist wichtig, weil eben zentrale Erfahrungen der kindlichen Entwicklung aufgrund der Lockdown-Maßnahmen ausfallen mussten oder unterbunden worden sind. Ich denke hier an eine gezielte Förderung der Offenen Jugendarbeit, der Jugendhilfe und -ämter, der Sportvereine, der Schwimmbäder, für Ferienfreizeiten, aber auch für ausgefallene Klassenfahrten, Abifeiern und ähnliche Anlässe, die für junge Menschen auch biographisch wichtig sind.
Die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung hatten zum Teil eine starke soziale Schieflage, vulnerable Gruppen z.B. in beengten Wohnverhältnissen und prekären Jobs sind zu spät geschützt worden. Wir müssen alles unternehmen, dass sich diese Schere nicht verstetigt und verschärft.
Aus meiner Sicht muss die bundesweite Impfkampagne, die durch Versäumnisse der GroKo viel zu schleppend angelaufen ist, deutlich an Fahrt aufnehmen. Auch müssen Überbrückungs- und Wirtschaftshilfen bis auf Weiteres umfassend fortgesetzt werden, Armutsbekämpfung braucht einen höheren Stellenwert, der Hartz-IV-Regelsatz gehört um 200 Euro erhöht. Dafür werde ich mich nach Kräften einsetzen und weiß mich in einer Partei, die hier geschlossen Druck macht.
Mit besten Grüßen
Doris Achelwilm