Frage an Dominic Harapat von Helena A.
Sehr geehrter Herr Harapat,
wie bewerten Sie die Integrationspolitik der letzten sechs bis sieben Jahrzehnte?
Sehr geehrte Frau A.,
vielen Dank für Ihre Frage, die aktueller nicht sein könnte.
„Herrgott im Himmel, sieh unsere Not / wir Bauern haben kein Fett und kein Brot / Flüchtlinge fressen sich dick und fett / und stehlen uns unser letztes Bett / Wir verhungern und leiden große Pein / Herrgott, schick das Gesindel heim“
Dieses Schmähgedicht entstammt nicht etwa dem Feuilleton der Jungen Freiheit vom März 2016, sondern kursierte 1946/47 in Schwaben und war auf die Flüchtlinge aus ehemaligen ostdeutschen Gebieten gemünzt, zu denen auch ein Teil meiner Vorfahren zählt. Deutlich erkennbar wird darin also nichts als die Wahrheit beschrieben: ich habe mich – als Mischlingsbrut dieses Gesindels – dick und fett gefressen und verfüge wahrlich über ein Bett, womit ich mich von meinen Nachbarn nicht mehr unterscheide. Ich gelte somit in weiten Teilen der hiesigen Bevölkerung als assimiliert. Die Integrationspolitik hat also hier – trotz aller Schwierigkeiten und Fremdenfeindlichkeiten, die wir aus dem oben aufgeführten Gedicht jetzt kennen – funktioniert. Wesentliche Mittel der Flüchtlingspolitik aus den 40er und 50er Jahren waren übrigens Enteignung und Solidaritätsabgaben der Vermögenden; wer eine Wohnung hatte, musste diese mit den Flüchtlingen teilen und jene auch noch versorgen. Heute ist das undenkbar.
Nicht so gut hat das Ganze dann nach dem Fall der Mauer geklappt. Einen ganzen Landstrich zu integrieren fällt deutlich schwerer. Viele Ostdeutsche haben sich, nach über einem viertel Jahrhundert, noch immer nicht an westliche Arbeit und die Vorzüge einer freien und vielfältigen Gesellschaft gewöhnt, gleichwohl gewöhnten sie sich jedoch sehr schnell an den Luxus und das Übermaß an Gütern und Unterhaltungsprogrammen. Hier haben wir noch deutlichen Nachholbedarf, wobei ich persönlich für eine bauliche und wirtschaftliche Abgrenzung der neuen Bundesländer plädiere.
Im Gegensatz dazu haben sich Polen und Zuwanderer aus der ehem. Sowjetunion – auch ohne Hilfe – relativ gut in die deutsche Wirtschaft integriert und auch die Sprache zum großen Teil besser erlernt als die Ostdeutschen.
Die Integration der Gastarbeiter, insbesondere aus der Türkei, war ein Desaster oder hat genau genommen nie stattgefunden. Da wir uns bei den vielen Fehlern der Vergangenheit auch kaum noch zu helfen wissen, wollen wir Serdar Somuncu zum Kançler machen und der türkischen und türkischstämmigen Bevölkerung damit eine sehr laute und obszöne Stimme geben, die für Pluralismus und Völkerverständigung einsteht.
Dieses sympathische Gesicht wird dann auch fachkompetent die Integration neuer Zuwanderer übernehmen.
Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage.
Ihr
Dominic Harapat