Frage an Dörte Steenken-Krüger von Hanspeter R. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Steenken-Krüger,
ich interessiere mich für Ihre Haltung zur Frage der Entgegnung von Gewalt (wie unlängst in der U-Bahn in München vorgefallen), die z.Zt. auf allen Ebenen diskutiert wird.
Wenn ich mich in die Situation eines Angegriffenen versetzen soll, beruhigt mich weniger die Aussicht auf eine "Warnschussstrafe" gegen meine Angreifer in ungewisser Zukunft, vielmehr würde mich mehr beruhigen, wenn ich mir couragierter Mitbürger gewiss sein könnte.
Und wenn ich mich in eine solche Situation hineindenke und selbst couragiert eingreifen würde, so ist es ganz sicherlich beruhigend zu wissen, dass meine Mitbürger nicht in einer solchen Situation wegschauen und sich darauf verlassen, dass die Angreifer schon bestraft werden.
Auch wenn man mir vorwerfen sollte, das Pferd von hinten aufzuzäumen (oder auch Ursache und Wirkung zu verwechseln) so würde ich mir eine Gesellschaft die Ihre Bürger zu Courage anhält und solche Situationen wie oben geschildert mit Nulltoleranz am Ort des Geschehens (nicht erst vor dem Richter - wobei sich das nicht gegenseitig ausschließt) begegnet wünschen. Meiner Meinung sollten hier auch mehr Mittel für präventive Arbeit seitens der Politik freigegeben werden.
Würde ich und unsere Gesellschaft hier Ihre Unterstützung finden?
Mit freundlichem Gruß
Hanspeter Rohde
Sehr geehrter Herr Rohde,
vielen Dank für Ihre Frage und das sehr engagierte Statement. Sie treffen damit genau meine Meinung.
Schon immer - und ich hoffe auch in meinem täglichen Handeln - habe ich Hinschauen und Einmischen gefordert und praktiziert.
Sicher handelt es sich bei dem aktuellen Fall in München, der von den Medien so hochgespielt wird, um einen sehr schlimmen Überfall, der für das Opfer und seine Angehörigen schreckliche Folgen hat. Es rechtfertigt aber in keiner Weise die Reaktionen eines CDU-Ministerpräsidenten Koch, der damit in der Endphase des Wahlkampfes wieder die populistische Karte der Ausländerfeindlichkeit spielt und so weiter Öl ins Feuer gießt.
Wie man weiß, nützen Strafverschärfungen gar nichts für die Prävention solcher Gewalttaten. Ich bin schon dafür, dass die bestehenden Gesetze gegenüber den Tätern in aller Härte angewendet werden. Das was jedoch als vermeintliche Ausländerkriminalität daher kommt, hat ganz andere Ursachen, an denen man ansetzen muss.
Dort wo unsere Gesellschaft, namentlich das Schulsystem die unteren sozialen Schichten und damit viele Migrantenkinder ausgrenzt (in München 22 % ohne Schulabschluss), wird zunehmende Gewalt festgestellt. Statt „Warnschussarrest“ und Abschiebung von hier geborenen jungen Menschen zu fordern, müssen wir uns für eine sozial gerechtere Gesellschaft einsetzen, die auf Integration und Toleranz setzt. Das bedeutet auch hinzuschauen und falls erforderlich, sich einzumischen.
Die Politik muss tatsächlich im Bereich der Prävention mehr Mittel zur Verfügung stellen. Als besonders wesentlich sehe ich aber eine Veränderung der Schulpolitik: Weg von früher Selektion und damit systematischer Ausgrenzung.