Frage an Dirk Schlenke von Andreas Z. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Schlenke
Als Polizeibeamter bin ich natürlich stark am Thema innere Sicherheit interressiert.
Aus diesem Grund würde ich gerne wissen, wie Sie sich die Lösung des Rockerproblems in NRW oder den weiteren Umgang mit Salafisten, die in NRW ihr Unwesen treiben, gerade vor dem Hintergrund des letzten Wochenendes, vorstellen.
Weiterhin würde ich gerne ihre Meinung zur eklatanten Personalknappheit bei der Polizei hören. Meiner Meinung nach ist es zwingend notwendig, mehr Polizeibeamte einzustellen. Die Forderungen der Gewerkschaften von 1700 Neueinstellungen ist m.E. das absoluten Minimum. Ich denke, dass 2000 Neueinstellungen pro Jahr erforderlich sind, um die Pensionierungen der nächsten Jahre aufzufangen, auch wenn dies dadurch nur zum Teil gelingt. Übrigens habe ich, sowie auch die Mehrzahl meiner jetzt aktiven Kollegen, nur die mittlere Reife. ich denke aber, dass auch wir gute Polizeibeamte sind, da die eigentliche Ausbildung erst nach der Ausbildung beginnt.
mit freundlichen Grüßen
A.Zucker
Sehr geehrter Herr Zucker,
ich weiss, meine Antwort kommt spät, aber ich hatte leider terminliche Probleme. Zu ihren einzelnen Themengebieten möchte ich folgende Positionen mitteilen:
Salafisten:
Wir stehen als Liberale für eine tolerante, weltoffene und moderne Gesellschaft. Wir stellen uns dabei Fremdenfeindlichkeit und Extremismus, gleich ob von rechts, von links oder durch Islamisten konsequent entgegen. Angesichts von 1,3 Millionen Muslimen in NRW stellen radikale Islamisten wie die Salafisten einschließlich deutscher Konvertiten, die ihre eigene Rechtsordnung verfolgen wollen, nur eine kleine Minderheit dar, die indes der besonderen Beobachtung und Kontrolle der Sicherheitsbehörden bedarf. Das gleiche gilt auch für Rechtsextremisten in NRW, die viele Moscheegemeinden in diesen Tagen mit Langmut friedlich vor ihrer Tür erdulden und sich nicht provozieren lassen. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte die Gewalt islamistischer Demonstranten in Bonn: „Wir distanzieren uns ausdrücklich von gewaltbereiten Muslimen, die zur Selbstjustiz anstacheln und die Polizei angreifen.“
Es bereitet uns als FDP Sorge, dass die Zahl der Salafisten in Deutschland schnell, wächst und der Verfassungsschutz sie inzwischen auf etwa 4.000 beziffert. Es gilt die Bürger mit Nachdruck über die Bestrebungen und Gefahren der radikal-islamischen Salafisten ebenso wie durch Rechtsextreme aufzuklären. Mit der FDP hat NRW etwa bis 2010 in der Präventionsarbeit gegen Extremismus neue Wege gerade mit Angeboten für Kinder und Jugendliche beschritten. Mit den Bildungscomics „Andi1-Rechtsextremismus“, „Andi2-Islamismus“ und „Andi3-Linksextremismus“ wird in bundesweit einzigartiger Form sehr früh vor den Gefahren des Extremismus gewarnt. Daneben stehen viele unterschiedliche Bemühungen und Projekte.
Wir leben in einer wehrhaften Demokratie und müssen es akzeptieren, dass sich sowohl Pro NRW als auch die Salafisten auf die verfassungsrechtlichen Versammlungsrechte, Meinungs- und Religionsfreiheit, etc. berufen können. Die Polizei steht insoweit in den vergangenen Wochen vor einer schwierigen Aufgabe, die Gruppen durch ausreichende Kräfte und konsequentes Vorgehen getrennt zu halten und eine Eskalation aufgrund der bewussten Provo- kationen zu verhindern. Die FDP-Fraktion ist bestürzt, dass erneut Polizeibeamte in NRW im Dienst schwer verletzt wurden. Die FDP hat die klare Haltung, dass das Land NRW diese Angriffe auf den Rechtsstaat und unsere Polizisten nicht dulden darf und den Druck sowohl gegen die Salafisten als auch gegen Pro NRW maximal erhöhen muss. Der Rechtsstaat muss klare Kante zeigen und beweisen, dass er handlungsfähig ist. Es gilt, alles was rechtlich möglich ist bzw. den gesamten Instrumentenkasten an rechtlich zulässigen Maßnahmen dabei besonnen auszuschöpfen. o Das Versammlungs- und Polizeirecht ermöglicht Auflagen, strenge Vorfeldkontrollen, Aufenthaltsverbote sowie Platzverweise und die konsequente Ahndung von Verstößen. In Köln etwa haben die Behörden es mehr als 100 Islamisten verboten, Kölner Stadtgebiet zu betreten. Verfassungsschutz,
Staatsschutz und Polizei haben die Salafisten im Blick. Die Sicherheitsbehörden müssen den Kontroll- und Ermittlungsdruck auf die Szene entschieden und systematisch hoch halten. Gefährliche Entwicklungen gilt es im Keim zu ersticken.
o Die Normen des Strafrechts müssen konsequent angewandt werden. Bei Ausschreitungen zwischen Salafisten und der Polizei waren am Samstag in
Bonn 29 Polizisten verletzt worden, zwei durch Messerstiche schwer. Die Polizei hatte Messer, Schlagwerkzeuge und eine Stahlschleuder mit Kugeln
sichergestellt. Gegen einen 25-jährigen Islamisten wurde Haftbefehl wegen mehrfachen versuchten Polizistenmordes erlassen, so dass ihm eine lebenslange Freiheitstrafe droht.
o Auch die Normen des Ordnungsrechts- und Verwaltungsrechts bieten verschiedene Möglichkeiten. Erste Städte wie Bonn haben mit Blick auf die jüngsten schweren Ausschreitungen der Salafisten Sondernutzungserlaubnisse widerrufen und so die Aufstellung von Informationsständen, an denen der Koran verteilt werden sollte, begründet untersagt. Künftige Anträge würden abgelehnt.
o Art. 9 GG ermöglicht das Verbot von Vereinigungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten.
o Art. 18 GG ermöglicht, dass das Bundesverfassungsgericht die Verwirkung von Grundrechten aussprechen kann, sofern etwa die Freiheit der Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit (Artikel 8) oder die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht wird.
o Auch die Normen des Staatsangehörigkeits- und Ausländerrechts bieten weitere Möglichkeiten.
Zudem gilt es Polizeibeamte, die immer öfter zwischen die Fronten geraten, besser zu schützen. Die FDP hat bereits mehrfach Initiativen im Landtag gestartet, um einen besseren Schutz unserer Polizeibeamten zu erreichen. SPD, Grüne und Linke lehnten diese stets ab. Auf Bundesebene wurde erreicht, dass der Widerstand und tätliche Angriffe gegen Polizeibeamte durch neue Regelbeispiele in § 113 Abs. 2 StGB wie "das Mitführen eines gefährliches Werkzeug" in diesen Fällen mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Rocker:
Die FDP tritt dafür ein, konsequent gegen organisierte Kriminalität in NRW vorzugehen. Kriminelle Machenschaften von Rockern gilt es entschieden und entschlossen zu bekämpfen. Rechtsfreie Räume, offene Gebietsansprüche, Gewalt gegenüber und Bedrohung von Dritten, kriminelle Machenschaften wie illegale Prostitution, Zuhälterei, Menschen-, Drogen- und Waffenhandel sowie Erpressung und Macht im Türsteherwesen oder ein gezieltes unterwandern der Gesellschaft und Wirtschaft werden wir nirgendwo in NRW dulden. In der Regierungszeit von Rot-Grün in den letzten beiden Jahren wurde NRW regelrecht unter diesen kriminellen Clans aufgeteilt und konnten diese lange ungestört im großen Stil ihren kriminellen Machenschaften nachgehen. Wir stehen als FDP hinter der Polizei, konsequent gegen Rockerkriminalität vorzugehen, Straftaten beweissicher zu verfolgen, gewalttätige Auseinandersetzungen zu verhindern und die Sicherheit der Bürger sicherzustellen. In Nordrhein-Westfalen wurden jüngst zwei Rockerclubs und ein Unterstützerclub verboten sowie diverse Razzien durchgeführt.
Polizeistärke:
Mehr Sicherheit für NRW durch gute Polizeipräsenz auf der Straße ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wir brauchen motivierte, engagierte und kompetente Beamte auf der Straße, die mit der notwendigen Sensibilität und auch Entschlossenheit typische und atypische Situationen meistern. Wer wie NRW hohe Anforderungen an seine Polizeianwärter stellt, muss ihnen im Gegenzug gute Rahmenbedingungen gewähren und die Polizei sachlich und personell gut ausstatten. Nachdem die Zahl der Polizeianwärter im Jahr 2008 mit der FDP von 500 auf 1.100 erhöht wurde, hat die FDP-Fraktion eine weitere Anhebung auf 1.400 sehr begrüßt. Aufgrund der kommenden hohen Pensionierungszahlen und Altersstruktur der Polizei sprechen wir uns als FDP dafür aus, die Personalausstattung bei der Polizei durch ausreichend hohe Anwärterzahlen sicherzustellen. Sorge machen indes über 900.000 Krankheitstage bei der Polizei NRW, wodurch ca. 3.700 Vollzeitstellen dauerhaft pro Jahr fehlen. Allein ca. 4.500 Beschäftigte sind pro Jahr über sechs Wochen krank. Wir müssen insoweit dringend das Gesundheitsmanagement verbessern.
Ich hoffe Sie noch rechtzeitig "inspiriert " zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen aus dem Norden
Dirk Schlenke
FDP Landtagskandidat Duisburg Nord