Frage an Dirk Niebel von Harald M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Niebel,
in der Tageszeitung "Welt" sprechen Sie sich für die Einführung einer sogenannten Klimaabgabe auf den Verkehr aus. Sie nennen ausdrücklich den Autoverkehr.
Im selben Interview werden Sie auf die Frage nach neuen Steuererhöhungen mit der Aussage zitiert: "Im Koalitionsvertrag steht, dass diese Regierung die Steuern senkt, nicht neue einführt."
Zu diesem Thema habe ich einige Fragen an Sie:
1. Sie sind Bundesminister für Entwicklungshilfe. Was befähigt Sie in Ihrer Stellung als eben solcher Minister politische Aussagen zum Thema Umwelt und Steuern zu treffen?
2. Die Einbeziehung des Verkehrs (Flugverkehr und Automobilverkehr) in den Emissionshandel, wie Sie es vorschlagen, ist nichts anderes als die Einführung einer neuen Steuer unter anderem Namen. Rein rechtlich wäre es natürlich keine Steuer. Aber die Bundesregierung würde, auf Vorschlag der FDP, ein Gut künstlich verknappen und Rechte an diesem Gut versteigern.
Wie können Sie es daher als FDP-Abgeordneter mit dem Selbstverständnis der FDP vereinbaren, dem Bürger über den Umweg höherer Kosten auf Benzin und andere Treibstoffe erneut mehr Geld aus der Tasche zu ziehen?
Mit freundlichen Grüßen,
Harald Matschuk
Sehr geehrter Herr Matschuk,
vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie den Klimawandel ansprechen.
Die Eindämmung des Klimawandels ist meiner Überzeugung nach eine Aufgabe der gesamten Politik.
Der ehemalige Chefökonom der Weltbank, Sir Nicolas Stern, geht davon aus, dass die Folgen des Klimawandels bis zu 20 % des globalen Wohlstandes kosten könnten, wenn nicht rechtzeitig die globalen Treibhausgasemissionen verringert und damit der Temperaturanstieg begrenzt werden. Auch wenn Klimaschutz für uns alle teuer sein mag, kein Klimaschutz ist noch teurer. Insbesondere die Entwicklungsländer, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen haben, werden die Folgen des Klimawandels am stärksten spüren. Daher hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bereits 2009 rund eine Milliarde Euro für Klimaprojekte in Entwicklungsländern bereitgestellt. Frühzeitiger und entschlossener Klimaschutz ist eine wirtschafts- und entwicklungspolitische Notwendigkeit – in unserem eigenen und im Interesse unserer Partnerländer. Die Europäische Union hat sich im Kyoto-Protokoll zu Obergrenzen für die Treibhausgasemissionen verpflichtet und 2005 ein Emissionshandelssystem eingeführt. Die Verteilung dieser Emissionsrechte wird volkswirtschaftlich am sinnvollsten über einen Marktmechanismus organisiert. Die Einführung von Emissionsrechten und eines Emissionshandelssystems zielt darauf ab, einen Preis für den Ausstoß klimaschädlicher Gase am Markt zu ermitteln und Anreize für die Minderung von Treibhausgasen zu setzen. Unternehmen, die für Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, müssen für das Recht, diese Emissionen zu tätigen, einen Preis zahlen. Dieses Prinzip muss im Grundsatz für alle Bereiche gelten, in denen Treibhausgase in größerem Umfang emittiert werden. Dies gilt auch für den Verkehrssektor, denn auch dort gibt es noch erhebliche Potentiale, Emissionen zu verringern.
Aktuell umfasst das Emissionshandelssystem den Stromsektor und einige Industrieanlagen wie z. B. Zementfabriken – zusammen sind dies mehr als die Hälfte der europäischen CO2-Emissionen. Bereits im Sommer 2008 haben die EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam entschieden, auch den Flugverkehr ab 2012 in den Emissionshandel einzubeziehen. Im Rahmen des EU-Klimapakets hat die EU im Dezember 2008 beschlossen, den durchschnittlichen CO2-Wert bei Neuwagen stufenweise zu verringern – dabei können die europäischen Autobauer ähnlich wie beim EU-Emissionshandel flexible Mechanismen nutzen. Mithilfe dieser Regelungen kann die EU ihr ambitioniertes Ziel, ihre Emissionen bis 2020 um 20 % zu senken, erreichen und sowohl positive Anreizwirkung für die Innovationskraft unserer Wirtschaft setzen, als auch weitere klimabedingte Gefährdungen der Entwicklungsländern begrenzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel