Frage an Dirk Heidenblut von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Heidenblut,
mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!
Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.
Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.
Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.
Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
B. D.
Sehr geehrte Frau D.,
da Sie ja selbst schon die grundsätzlichen, umfangreichen Stellungnahmen ansprechen (insoweit also wohl auch über meine Erklärung zum TOP informiert sind) beschränke ich mich in meiner Antwort auf den für mich zentralen Punkt. Für mich ist und war leitend, dass es tatsächlich zur Verbesserung im Tierschutz kommt und die betäubunglose Kastration wirksam bekämpft wird. Und eben nicht nur in Deutschland, mit der Folge, dass es für die Tiere wahrscheinlich (zumindest so die Sicht der allermeisten Experten - auch der der Opposition - in der Anhörung) noch schlimmer wird, weil zur untragbaren Behandlung noch die massiven Belastungen von Tiertransporten kommen, sondern grundsätzlich. Vor dem Hintergrund war für mich die Entscheidung zum neuen Gesetz, mit verbindlichen Fristen, klaren Regelungen zur Einführung flächendeckender Alternativmethoden und zu einem ergänzenden, weit über die Ferkelkastration hinausgehenden Entschließungsantrag der richtige Weg. Und zwar, anders als Sie ausführen, ganz im Gegenteil, eben kein "Weiter so", sondern ein klares Bekenntnis zu Veränderung. Ja, dass dies nicht im ersten Anlauf, trotz ausreichend Zeit, gelungen ist, dass das CSU/CDU geführte Ministerium die Umsetzung der bisherigen Maßnahmen verschleppt hat, dass dadurch Tiere immer noch leiden müssen und wir überhaupt erneut in diese Situation gekommen sind ist falsch. Dass wir als Abgeordnete hier Mitverantwortung tragen, etwa in Fragen der nötigen Kontrolle, der konkreteren Regelungen und der schnelleren Nachbesserung, kann wohl nicht bestritten werden. Daher verstehe ich die Wut und den Wunsch nach einem eindeutigen Aus für die betäubungslose Ferkelkastration. Es nimmt mir aber am Ende nicht die Aufgabe ab, zu entscheiden ob das wirklich - gerade auch im Interese des Tierschutzes - der richtige Weg ist. Ich bin kein Fachpolitiker für diesen Aspekt und habe mich in meiner Entscheidung natürlich auf die überzeugenden Argumente von Expert*innen, etwa auch der Tierärzt*innen, gestützt. Ich habe hohen Respekt für die, die das für sich anders entschieden haben und würde, auch wenn ich den von diesen bevorzugten Weg für den halte der weniger und nicht mehr Tierschutz beinhaltet, ihnen die nötige Empathie für andere Lebewesen deshalb nicht absprechen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dirk Heidenblut