Frage an Dirk Heidenblut von Jens B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Heidenblut,
Es ist nun wirklich kein Geheimnis, dass die Kirche den systematischen Missbrauch vertuschen möchte. Die Aufarbeitung ist nicht wirklich glaubwürdig, wenn man bedenkt das eine Studie aus dem Jahr 2013 von den katholischen Bischöfen gestoppt wurde (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/panorama/querelen-um-forschungsprojekt-kirche-stoppt-aufklaerung-des-missbrauchsskandals-1.1568320 )
Bei der MHG Studie (2018) wurde von der Kirche eine Vorabzensur betrieben, indem sie selbst entscheiden durfte, welche Akten freigegeben werden. (Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/katholische-kirche-missbrauchsstudie-soll-die-bevoelkerung-ruhigstellen-a-1230018.html )
Ich würde Sie bitten nun folgende Fragen zu beantworten:
1) Warum räumt man der Kirche volle Autonomie in der Strafverfolgung ein? Ist nach Ihrer Auffassung der Begriff „Paralleljustiz“ angemessen?
2) Warum wird die Staatsanwaltschaft nicht tätigt und beschlagnahmt die Kirchenarchive?
3) Was werden Sie persönlich tun, um die Aufklärung voranzutreiben?
Mit freundlichen Grüßen
Jens Bartlog
Sehr geehrter Herr B.,
Danke für die Kontaktaufnahme. Wie Sie bin ich mehr als bestürzt über das, was da aus der Kirche bekannt geworden ist. Zu Ihren Fragen:
1. Die Kirche hat keineswegs "volle Autonomie" in Sachen Strafverfolgung. Vielmehr gilt das deutsche Strafrecht hier ebenfalls und es wird, wie viele Urteile zeigen, auch umgesetzt. In Sachen Strafrecht gibt es daher keine Paralleljustiz.
2. Die pauschale Beschlagnahme von Akten ohne einen konkreten Anfangsverdacht gegen eine Person ist weder bei Kirchenakten, noch bei sonstigen Akten Sache der Staatsanwaltschaft. Diese ermittelt bei Anzeigen oder einem konkreten Anfangsverdacht gegen eine Person. Gibt es also Anzeigen oder ergeben sich (etwa auch aus den internen Erwittlungen der Kirche) konkrete Anhaltspunkte für einen Verdacht gegen ein Person,
dann wird sicherlich die Staatsanwaltschaft ermitteln, genau wie in allen anderen Fällen. Hier wäre auch die Beschlagnahme von für die Ermittlung nötigen Archiven denkbar, auch hier genießt die Kirche keine Sonderrrolle. All das ist aber keine politischen Entscheidung, sondern Sache der Justiz, die in ihrem Handeln da auch nicht politisch begrenzt ist.
3. Die grundsätzliche Aufklärung ist Sache der Kirche, eine gegebenenfalls strafrechtliche Klärung Sache der Justiz. Für mich, wie für die Politik insgesamt, ist klar, diese Aufklärung ist überfällig und muss mit aller Konsequenz geleistet werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Dirk Heidenblut