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Dietmar Bartsch
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Frage von Mechthild G. •

Frage an Dietmar Bartsch von Mechthild G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag, Herr Bartsch,
ich habe mir Ihren Beitrag/Appell und den Ihrer Kollegin Sevim Dagdele zum 22.6.2021 angeschaut und möchte mich dafür bei Ihnen bedanken!
Der Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion, der von langer Hand geplante Genozid an den slawischen Volksstämmen ist nicht im Bewusstsein der Deutschen verankert.
Wäre dem so, würden sich vielleicht der Ton gegenüber der russischen Regierung und die permanent negative und überhebliche Berichterstattung unserer Medien ändern.
Ich möchte Sie fragen, was Sie von einem jährlichen Gedenktag halten, so wie auch der Einmarsch in Polen jährlich im Rahmen des Anti-Kriegstags erinnert wird? Man könnte ihn z.B. "Tag der Gleichwertigkeit aller Menschen" nennen, oder Anti-Zwangsarbeiter-Tag"; während das Thema "Sklaverei" immer mehr in den Fokus der US-Bürger rückt, sind die Deutschen erschreckend desinformiert über das Thema "Zwangsarbeit" im Zweiten Weltkrieg.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Grüger,

ich stimme Ihnen zu, dass die Gedenk- und Geschichtspolitik in unserem Land defizitär und manchmal auch selektiv ist. Das betrifft sowohl die angemessene Würdigung der Hauptkriegslast, die die Sowjetunion bei der Befreiung Europas vom Faschismus tragen musste, als auch eine schleichende revisionistische Umdeutung der Kriegsschuld bzgl. des Zweiten Weltkriegs.

Meine Fraktion hatte versucht, den 22. Juni zum Anlass zu nehmen, um im Bundestag eine Gedenkveranstaltung durchzuführen. Analog gibt es das auch anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Das wurde abschlägig beschieden mit dem Hinweis auf ein angeblich "ungeteiltes Gedenken". Wie "ungeteilt" dieses Gedenken wirklich ist, sieht man beispielsweise daran, dass es für die Bundesregierung nie ein Thema war, an den Gedenkveranstaltungen zur Landung in der Normandie teilzunehmen, aber in den letzten Jahren die Gedenkveranstaltungen zum Tag des Sieges in Moskau gemieden wurden. Real gibt es ein geteiltes Gedenken.

Wir werden natürlich in dem Bemühen nicht nachlassen, dem Gedenken an den Überfall auf die Sowjetunion einen offiziellen Charakter zu verleihen. Sie haben völlig recht, damit begann ein Raub-, Vernichtungs- und Eroberungskrieg, der bislang undenkbare bestialische Verbrechen mit einschloss. Ich bin mir nicht sicher, wie man einen solchen Tag nennen sollte. Aber ich stimme Ihnen zu, dass es sich nicht um einen formellen Gedenktag handeln kann; dieser muss vielmehr den Anlass geben, das Geschichtsbewusstsein in unserem Land auf das dem historischen Wissen angemessene Niveau zu heben und revisionistischen Tendenzen entgegenzuwirken.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Dietmar Bartsch

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