Frage an Diether Dehm von Matthias K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
sehr geehrter herr dehm.
Wie stehen sie zu dem thema vorratsdatenspeicherung, d.h. die speicherung aller telefon-, handy- und internetverbindungsdaten für 6 monate, sowie dem neuen bka-gesetz, in dem dem bka viele neue kompetenzen und eingriffsmöglichkeiten in die grundgesetzlich geschützten bürgerrechte eingeräumt wurden.
gruß MK
Sehr geehrter Herr Klein.
Vielen Dank für Ihre Anfrage. DIE LINKE lehnt die Vorratsdatenspeicherung ab. Wenn in Deuschland nur 50 Millionen 50 Millionen Bürgerinnen und Bürger täglich ein Mal telefonieren, eine SMS und eine e-mail verschicken, dann dann ergibt das für die Vorratsdatenspeicherung bereits 150 Millionen Absender je Tag. Nach der Regelung würden auch die Empfänger erfasst was bedeuten würde, das jeden Tag bei nur einer einem SMD, einer e-mail und einem Telefonat bereits 300 Millionen Daten anfallen die abgespeichert werden. Nach einem halben Jahr sind dass dann bereits schon fast 55 Milliarden Datensätze.
DIE LINKE sieht die Vorratsdatenspeicherung kritisch und lehnt sie ab. Sie stellt keinen sinnvoller Beitrag zur Bekämpfung von Verbrechen dar. Wir sind der Überzeugung, dass die Vorratsdatenspeicherung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, nachhaltig verletzt. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass jeder Bürger und jede Bürgerin das Recht haben muss, über seine bzw. ihre Daten selbst zu entscheiden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in zahlreichen Urteilen die Wichtigkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung betont, weil es sich vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableitet und damit den Status eines Grundrechtes hat.
Darüber hinaus kann die Vorratsdatenspeicherung aber auch viel konkretere Folgen haben. So ist das Gesetz eine Gefahr für die Pressefreiheit und für das Berufsgeheimnis beispielsweise von Ärzten, Seelsorgern oder Rechtsanwälten. Weil keine Kommunikation mehr privat ist (sondern für viele Monate gespeichert wird), können Journalisten ihren Quellen keinen seriösen Schutz mehr garantieren. So werden zum Beispiel weniger Skandale von Insidern oder Aussteigern aufgedeckt werden, weil diese ihre Enttarnung fürchten müssen.
Mit der Vorratsdatenspeicherung wird der Staat viele Informationen über seine Bürger sammeln können. Zwar werden "nur" die Verbindungsdaten registriert; aber auch die lassen einen Rückschluss auf den Inhalt der Kommunikation zu. Wer lange Telefonate mit einem teuren Strafverteidiger führt oder wer ständig bei der AIDS-Beratung anruft, kann dies künftig ebenso wenig verheimlichen wie Telefonate mit dem Arzt oder dem Pfarrer. Die Behörden können sich dann ihren Teil dazu denken.
DIE LINKE lehnt die Vorratsdatenspeicherung ab, weil sie ein sehr tiefer Eingriff in die Bürgerrechte ist und weil wir es nicht verhältnismäßig finden, wenn alle Bürger überwacht werden, ohne dass sie dazu einen Anlass bieten. Schließlich hat jeder das Recht, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden.
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DIE LINKE hat im Bundestag zahlreiche Anträge und Initiativen -- teilweise sogar gemeinsam mit FDP und Grünen - gegen die Vorratsdatenspeicherung eingebracht.
Neben der Arbeit im Parlament gegen die Vorratsdatenspeicherung unterstützt DIE LINKE Gegner des Gesetzes, indem sie Fachleute von Bürgerrechtsorganisationen zu Anhörungen des Bundestages einlädt oder Gutachten beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages in Auftrag gibt. Ein solches Gutachten kam übrigens zu dem Ergebnis, dass die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland offenbar nicht verfassungskonform umsetzbar ist.
Wir wollen mithelfen, dass die Schaffung von immer größerer Überwachung der Menschen rückgängig gemacht werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Diether Dehm